Nur der Mond

Bisher hat keiner bewertet.

von Gefreite Magane (FROG)
Online seit 22. 07. 2004
PDF-Version

 Außerdem kommen vor: Venezia KnurblichKtrask

Nach langen ereignisreichen Monaten bei G.R.U.N.D. wechselt Magane zu F.R.O.G. und beginnt ihre Ausbildung als Triffinsziel.

Dafür vergebene Note: 11

Nach langen ereignisreichen Monaten bei G.R.U.N.D. wechselt Magane zu F.R.O.G. und beginnt ihre Ausbildung als Triffinsziel.


Anmerkungen: Ich habe versucht in dieser Single alles unterzubringen was unbedingt vor der Nächsten, die fast fertig ist, geschehen musste. Zusammen mit der Ausbildung, die hoffentlich nicht zu kurz gekommen ist, ergibt das ein heilloses Durcheinander. Sie ist eigentlich zu kurz für den Stoff, partiell sind nur Fragmente von dem übrig, was ich eigentlich geplant hatte, es tut mir Leid, dass einiges wegfiel, aber die Zeit läuft gegen mich.
Am besten genießt man diese Single auf Eis mit einem guten Schuss Wodka, in einem Glas mit Zuckerrand und Limettenschnitz, außerdem sollte man eine gute "Kuschelrock"-Platte auflegen und eine rosa Sonnenbrille aufsetzen...



Ein Frosch wühlte sich durch die Schlammschichten des Ankhs nach oben. Er wusste nichts von dem Gerücht, welches besagte, dass seine Art ausgestorben sei, hätte er es gewusst, hätte er sich vielleicht sehr gewundert. Schließlich war seine Spezies auf Dinge spezialisiert, die andere Wesen innerhalb kurzer Zeit töteten, zum Beispiel gab es nicht viel was in diesem Fluss überleben konnte. Er durchstieß die Oberfläche und überraschte damit einen jungen Vogel -- es handelte sich um die letzte Überraschung im jungen Leben des Vogels -- eine extrem leichte Beute, war kaum die Mühe wert, aber auch ein Frosch musste leben und zwar nicht von den ekligen Würstchen die Touristen immer wieder auf den Fluss warfen.

*Szenenwechsel*


Sie schlich, mit dem fahlen Mondlicht als einzigem Begleiter, über die Dächer der Stadt. Das Ziel immer vor Augen, ganz sicher, es war ein schnelles Schleichen, schnell und flink. Seit Tagen hatte es nicht geregnet, die Dächer waren nicht nur trocken sondern regelrecht staubig und die Bewegungen hier oben waren entweder sehr sicher oder sehr tödlich. Sie spürte die Schwere der Ausrüstung, vielleicht hätte sie die Rüstung doch öfter tragen sollen, dann würde ihr das jetzt nicht soviel ausmachen -- Sprung auf das nächste Dach -- das Ziel, was auch immer es sein mochte, war nicht mehr weit, das konnte sie fühlen -- noch ein Sprung... doch plötzlich war da kein Dach mehr auf dem man landen konnte, da war nur noch der grinsende sichelförmige Mond und warme Luft. Zwar handelte es sich um eine ganz besondere Qualität, aber auch die extrem dichte Frühlingsluft Ankh-Morporks war nicht in der Lage einen großen und mit Ausrüstung auch recht schweren Menschen ausreichend Widerstand zu leisten, die Luft machte Platz [1] und ließ der Gravitation freie Hand. Daraus folgte, dass die junge Frau fiel...
und nach erstaunlich kurzer Zeit, weniger hart als sie befürchtet hatte, auf dem Boden aufschlug und neben dem Ding, das man ihr als Bett vorgestellt hatte, erwachte.
Sie würde sich eine andere Unterkunft suchen müssen, ein kleines Zimmerchen, dass sie noch soeben vom Sold bezahlen konnte, der GRUND-Schlafsaal war schon schlimm gewesen, aber der am Pseudopolis Platz übertraf ihn um Längen. Magane hätte sich zwar an Betten gewöhnen können... aber diese Betten verdienten diese Bezeichnung einfach nicht. Aber nach allem was in den vergangenen Tagen geschehen war brauchte sie sich vielleicht um einen eigenen Schlafplatz keine Sorgen zu machen -- etwas Gutes musste ja dran sein, wenn der Verlobte einen findet...
Sie stand mühsam auf, offensichtlich hatten die wenigen anderen im Schlafsaal einen recht tiefen Schlaf. Es musste noch sehr früh am Morgen sein, noch war das Licht nicht über den Rand gekrochen, wahrscheinlich war es auch noch weit davon entfernt. Das wenige Mondlicht streckte tastende Finger nach den Träumen der Schlafenden aus, der Mond verändert uns alle... immer, nicht nur bei Vollmond... er beeinflusst unsere Träume... Der frühe Morgen war die perfekte Zeit zum Nachdenken -- FROG zu sein hatte gewisse Vorteile, unter anderem beobachtete sie die angenehme Abwesenheit der störenden Nachwirkungen alkoholischer Nächte, es dachte sich viel klarer ohne Kater.

***


Eine halbe Stunde später verließ die Gefreite Magane das Wachhaus und machte sich auf den Weg, es war dunkel, kühl und der perfekte Zeitpunkt um einen kleinen Orientierungsspaziergang zu machen. Eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Triffinsziels war es ein wandelnder Stadtplan zu sein, bzw. er sollte die Stadt kennen wie die eigene Hosentasche, oder besser. Deswegen nutzte sie jede Gelegenheit um die Stadt zu erkunden, Mag achtete jetzt auf andere Dinge als früher, als Diebin hatte sie nach Schwachstellen gesucht an denen sie einsteigen konnte, jetzt ging es darum die Dächer zu erklettern. Eigentlich war TIZ die perfekte Spezialisierung für Wasserspeier, aber Magane war eben nur menschlich begabt, also musste sie üben. Zwar fing sie grade erst mit diesen Spaziergängen an, aber sie wusste schon viel über Ankh-Morpork.
Heute aber fand sie in der Rauhreifstraße etwas, das gestern noch nicht da gewesen war, ein Geschäft, dessen Fenster am Vortag noch mit alten Zeitungen aus Omnien zugeklebt waren, trug nun ein Schild über der Tür, auf dem stand: "Wechters beste Bögen". Der Name Wechter erinnerte sie an ihre Heimat [2], allerdings wusste sie noch nicht an welches Puzzleteil ihrer Jugend dieser Name passte.
Sie beschloss nach Sonnenaufgang zurückzukehren und wollte grade weitergehen, als sich mit einem leisen Läuten die Ladentür öffnete. Ein Mann kam heraus, die Gefreite schätzte ihn auf etwa 60, alles an ihm sagte alter Wächter, er zeichnete sich durch eine gewisse Zähigkeit aus, die man nur erreichte wenn man viel gesehen hatte und weite Strecken gelaufen war. Sie kannte ihn, er war eine Gestalt aus der Vergangenheit, aus ihrem Heimatdorf... Zufall, oder war er nur die Vorhut? Wollte Omnien über AM herfallen, um den Sündenpfuhl mit den altmodischen Werten, Schwertern, Armbrüsten und den Feuern Omniens zu reinigen?
"Guten Morgen Eni!"
"Guten Morgen Herr Wechter", nein, sie würde nicht fragen warum er sich an sie erinnerte, "was führt sie nach AM?"
"Manchmal wird es in einem Dorf einfach zu eng, außerdem bin ich noch nicht alt genug um auf einer Bank zu sitzen und dem Gras beim Wachsen zuzuschauen. Und warum sollte man nicht sein Hobby zum Beruf machen? Wie geht es dir? Warum bist du nicht in deinem Bett und schläfst?"
"Ich lerne die Straßen bei Nacht kennen -- na ja ich kenne die Straßen der Stadt bei Nacht, aber ich sehe sie mit anderen Augen..."
"Seit du Wächterin bist, ich weiß, deine Großmutter ist unheimlich stolz auf dich."
Die junge Wächterin sah den Mann verständnislos an, er hatte Kontakt zu ihrer Großmutter... und woher wusste die von Mags neuem Beruf? Er schein den Gedanken zu erraten und beantwortete sie mit: "Deine Großmutter ist auch hier, sie schläft aber noch, wenn du aber später noch mal wiederkommst kann sie dir mehr erzählen."
"Ich weiß nicht ob mein Dienst es erlaubt, aber wenn ich kann komm ich gerne mal vorbei", sie hatte bereits aufgehört sich zu wundern, wahrscheinlich gab es für alles eine sinnvolle logische Erklärung.
"Wenn du mal eine eigene Waffe brauchst... komm ruhig zu mir", sein Lächeln wurde breiter und zeitweise blitzte etwas in seinen Augen auf [3], dass Magane in ihren lange verschütteten Erinnerungen nach Dingen suchen ließ, die er vor Jahren daheim getan hatte. Als Dorfwächter war er natürlich immer dabei gewesen, wenn etwas wichtiges geschah, er und sein Neffe waren quasi allgegenwärtig gewesen, wie es sich für gute Polizisten gehörte aber hatte das etwas mit ihr zu tun...
Die junge Wächterin ließ diesen Gedanken mühsam verstummen, das Vergangene war ausschließlich Teil der Vergangenheit und hatte in der Gegenwart und vor allem in der Zukunft nichts zu suchen, sie sah noch einmal in die kleinen Schaufenster des neuen Ladens und antwortete dann, nach langem Zögern: "Ja Herr Wechter, ich werde gerne darauf zurückkommen."
"Tu das Kind, du wirst eine gute Armbrust brauchen, eine die zu dir passt", mit einem letzten hintergründigen Lächeln verschwand er wieder in seinem Laden... er nannte sie Kind -- zuhause wäre sie schon lange Mutter, da wäre sie schon fast alt, aber hier war sie ein Kind... und woher wusste er, dass sie eine Armbrust brauchte, die Uniform sagte nichts darüber und auch ihre Großmutter konnte nichts wissen [4], also woher wusste er davon?

***


Kurz nach Morgengrauen kehrte die Gefreite zur Wache am Pseudopolis Platz zurück um dort nach dem Frühstück die Ausbildung anzutreten.
Da momentan leider kein vollausgebildeter TIZ im aktiven Dienst war, musste die Abteilungsleiterin die Ausbildung übernehmen. Magane war Oberleutnant Knurblich noch nicht begegnet, aber sie hatte einiges gehört und auch einiges beobachtet. Sie verspürte kein großes Verlangen, darauf dass sich ihre Nase längere Zeit in der Nähe von Schnappers Würstchen aufhielt, aber da hatte sie natürlich nicht die große Auswahl an alternativen Möglichkeiten. Vorgesetzte und Ausbilder konnte man sich nun mal nicht aussuchen...
Die Wergnomin übertraf die Gerüchte, die über sie im Umlauf waren, bei weitem. Es war in etwa so als wollte man eine menschenfressende Bestie als "möglicherweise bissig" bezeichnen, vielleicht traf die Beschreibung zu, aber sie reichte noch lange nicht aus. Gnome waren Mag immer unheimlich gewesen, sie waren zu stark für ihre Größe und sie hatten extrem viel Temperament, diese Kombination machte sie einfach ungesund für ihre Umwelt. Die Schäffin besaß eine gewisse Lautstärke, die durch die relative Nähe zum Ohr des jeweiligen Untergebenen auf dessen Schulter sie es sich bequem gemacht hatte potenziert wurde. Nachdem sie aus dem Arsenal eine unhandliche kompliziert anmutende Armbrust mit Dämon geholt hatten, folgte ein kurzer Theorieblock [5], bevor sie zu einem großen freien Gelände am Stadtrand aufbrachen.

Die Armbrüste der Wache waren nicht unbedingt für Frauen konstruiert, zwar waren sie nicht unbedingt zu schwer, auch nicht zu groß, aber dennoch nicht unbedingt leicht zu bedienen, wenn man noch einiges an Krafttraining nötig hatte. Sie brauchte etwas zu lange um die Waffe zu spannen und zu laden, sie war einfach nicht stark genug. Anschleichen, Zielen, Treffen und sich mit Dämonen herumschlagen war also kein Problem aber wieso (bei Om) hatte ihr niemand verraten, dass man für die TIZ-Ambrüste ein wenig mehr Kraft brauchte als für die die sie in GRUND benutzt hatte. Zudem wurde die Sache nicht einfacher wenn einem ein kritischer Vorgesetzter buchstäblich auf der Schulter saß [6], es war schon schlimm wenn man sich beobachtet fühlte aber beobachtet zu werden war weitaus schlimmer. Außerdem saß auf ebenjener Schulter in der Person eben jenes Offiziers offenbar der größte natürliche Feind von Schnappers Würstchen. Die Gnomin hatte schon auf dem Weg zum Übungsgelände das Würstchen ausgepackt und geschält -- der Geruch war wie üblich atemberaubend, vor allem die blumig erdige Ankhnote die an blühende Schimmelpilze erinnerte machte ihn unverkennbar -- seitdem tropfte in beängstigender Regelmäßigkeit stinkendes Fett auf die ehemals perfekte Uniform [7] der Gefreiten, die schon länger die Übelkeit in tiefergelegene Ecken ihres Bewusstseins gedrängt.
Mag schaffte es letztendlich doch die Waffe einsatzbereit zu machen womit sie sich einen von Zynismus und Fett triefenden Applaus der Schäffin einhandelte, in den der Zieldämon, der zuvor wenig konstruktive Ratschläge zum besten gegeben hatte, fröhlich miteinstimmte. Sorgsam die Ruhe wahrend und den aufkeimenden Zorn unterdrückend, schaute sie über den Platz zu dem relativ weit entfernten Ziel. Das Ziel, es war rot, leuchtend rot... wie viele echte Ziele waren schon rot, unbeweglich und gaben einem alle Zeit der Welt zum zielen? Sie sah es deutlich, klein, weit weg, aber deutlich, da brauchte sie keinen Zieldämon -- hoffte sie zumindest. Die Gefreite drehte an einer Flügelschraube und nahm das Kästchen mit dem Dämon herunter und verstaute es sorgfältig in einer Umhängetasche. Dann zielte sie und schoss, nachdem sie sich einen letzten Augenblick des Zögerns gegönnt hatte.
Und traf -- sie war sich sicher getroffen zu haben -- und sie hatte getroffen
wurde wenig später von der anderen Seite des Platzes bestätigt, in dem ein
Riese von einem Rekruten einen Arm hob. Er war ihr vorher nicht aufgefallen
[7a], Mag kramte in ihrem Gedächnis um den Namen des
Rekruten zu finde, während er neue Ziele an die Bäume hängte.
"Gut... kannst du das wiederholen?" riss Olt Knurblich die Gefreite aus den
Gedanken.
"hmm... Mä’äm?"
"Schaffst du das noch mal, oder war das Glück?"
"Aso... ich schaff das, glaube ich, noch mal, Mä’äm", sprachs und spannte
die schwere Waffe ein zweites mal, es wurde schon einfacher, man durfte nur
nicht zulassen, dass sich das Holz gegen einen wandte, wenn man mit ihm
verschmolz und es zu einem Teil seiner Selbst machte, dann konnte man auch
seine Kraft nutzen [9]...
Auch der zweite Schuss traf, Mag schien wirklich schießen zu können, sie setzte ein breites Grinsen auf während der Rekrut... Yogi Schulterbreit (das Gedächnis verliert nichts) wieder aus der Gefahrenzone verschwand.
Sie schoss zum dritten mal, hörte kurz drauf ein gebrülltes "KNAPP VORBEI!!" und antwortete darauf mit einem geflüsterten "Verdammter Mist!". In Ordnung... sie war nicht so gut wie sie gedacht hatte, aber die ersten beiden Schüsse hatten ja ihr Ziel nicht verfehlt... schließlich war niemand perfekt... wenn alle perfekt wären, hätte eine Ausbildung keinen Sinn mehr. Leicht zitternd spannte sie die Armbrust zum vierten mal, sie versuchte ihre Nervosität zu unterdrücken, aber es gelang ihr nur dürftig.
Sie schoss, es schepperte, ein Treffer. Doch schon Bruchteile eines Augenblickes später verflog die Freude über den gelungenen Schuss, Yogi torkelte aus der Deckung hinter den Bäumen und hielt sich den Arm. Er war verletzt, du hast ihn angeschossen, die Gefreite rannte über den Platz, angetrieben von einer immer lauter werdenden Schäffin und der Angst den jungen Mann ernsthaft verletzt zu haben. Man sollte dir keine Waffe geben, du solltest Akten sortieren, da kannst du wenigstens niemanden gefährden... Oder noch besser geh nach Hause und koch für deinen zukünftigen Ehemann, aber pass mit den Zutaten auf, es war nicht zu erwarten, dass diese Stimmen verstummten, sie würden jetzt tausend Gründe finden um diesen Beruf an den Nagel zu hängen, aber es gab jetzt wichtigeres.
Sie improvisierten einen Verband [10] und danach wurde Mag mit dem Rekruten zur Kröselstraße geschickt, wo sich Hauptmann MeckDwarf um die Verletzung kümmern sollte. Das es sich dabei um einen püschologischen Trick handelte war nicht schwer zu erkennen, sie wurde allein zu einem Offizier geschickt mit dem sie Schwierigkeiten gehabt hatte, um zuzugeben, dass sie jemanden verletzt hatte, damit konnte der Hauptmann weiter den Bösen spielen, ohne dabei wirklich böse zu sein, während OLt Knurblich neutral blieb.
Und genau das tat er auch, er spielte den Bösen perfekt, rastete aus, brüllte ein wenig rum und während er Yogis Wunde [11] heilte, machte er ihr Vorwürfe. Der Hauptmann war nicht nur ganz deutlich der Meinung, dass sie schon vor Monaten hätte aus der Wache fliegen müssen, er gab auch klar zu verstehen, dass Magane niemals hätte eine FROG werden dürfen und dass er der festen Überzeugung war, ihr eine Waffe in die Hand zu geben sei entweder Selbstmord, oder fahrlässige Tötung.

***


Einzelne Regentropfen erlösten die Stadt von der Trockenheit des späten Frühlings, sie fielen auf die staubigen Dächer und verwandelten den Staub in Schmierseife. Die Gefreite rannte jetzt nicht mehr, schließlich wollte sie nicht sofort fallen. Sie schlich über die Dächer, immer nach Halt suchend, stets in der Deckung bleibend. Es war dunkel, nur selten fand der Mond eine Wolkenlücke durch die er die Geschehnisse in AM beobachten konnte.

*Szenenwechsel*


Fahler Mondschein beleuchtete spärlich eine schmale Gasse in den Schatten, dort geschah etwas alltägliches -- oder besser allnächtlich -- ein Machtkampf unter Bandenmitgliedern. Das Recht des Stärkeren wurde hier in Abwesenheit des Gesetzes noch durchgesetzt. Der Sieger würde heute lächeln und beim nächsten Kampf würde es ein anderer tun, letztendlich gab es nur ein Lächeln, das ewig war, alt wie die Welt und in knöcherner Unvergänglichkeit bis an ihr Ende. Tod trat aus dem Schatten und schwang mit einem leisem Seufzen die Sense um den Geist des Verlierers von seinen aufgeschlitzten sterblichen Überresten zu trennen.

*Szenenwechsel*


Mag lag auf einem Dach und zielte, sie beobachtete die Bewegungen im dritten Stockwerk der Raureifstraße 17, die Gefreite kannte das Haus, im Erdgeschoss befand sich der Laden "Wechters beste Bögen", sie wusste nicht wer dort oben wohnte, trotzdem zielte sie auf die Bewegungen. War sie allein? Irgendwo waren bestimmt andere FROGs, darauf musste man sich verlassen können, wie auch auf Befehle, folgte sie Befehlen? Wo waren die anderen? Sie mussten einfach da sein. In diesem Raum gegenüber waren zwei Personen, die sich stritten. Wer war das Ziel? Dann zielte sie einen der beiden und schoss. Wie in Zeitlupe flog der Bolzen über die Straße und verwandelte sich kurz vor der Fensterscheibe mit einem *Plöpp* in eine angefaulte Erdbeere, die dann an der Scheibe zermatschte.

*Szenenwechsel*


Noch während der Bandenführer a.D. an sich herunter sah, verstand er, dass seine Zeit abgelaufen war. Er fragte nicht was nun geschehen würde, er hatte vor langer Zeit den Glauben an die Hölle eingeprügelt bekommen, Om wollte keine Mörder, Diebe, Brandschatzer und Tierquäler in seiner ewigen Herrlichkeit. Auch wenn man sein Leben lang Mutter Kirche und Gott Vater ignorieren konnte, man verlor sie nie ganz, irgendwann holten sie einen ein, sie ließen ihre Kinder nicht gehen. In Erwartung ewiger Verdammnis ging er mit Tod und bekam was er glaubte.

*Szenenwechsel*


Es war laut, doch die Umgebung war extrem verschwommen, die Welt schien sich um den Mittelpunkt des Tisches an dem sie saßen zu kreisen, genauer, sie kreiste um die Hände der beiden Triffinsziele die ineinanderverschränkt auf dem Tisch lagen. Die beiden kamen sich immer näher, bis sie nur noch Millimeter trennten, die Umgebung war längst vollends verschwunden das Universum bestand ausschließlich aus Ktrasks Augen, knisternden Funken und Herzklopfen und... verwandelte sich in einen grau-roten Farbwirbel...
Mag schlug die Augen auf, sie hatte die innere Notbremse gezogen, warum? Konnte ihre Erziehung sich so tief in ihr Bewusstsein eingegraben haben, dass sie sogar Träume kontrollierte?

***


Der zweite Tag bei FROG brach an. Es war Magane sehr schwer gefallen nicht die Nacht unter einem Tisch im Eimer zu verbringen, sie hatte die Wachestammkneipe noch nicht einmal betreten, die Versuchung wäre zu groß gewesen, vielleicht würde sie irgendwann mit guter Laune mal versuchen ein nichtalkoholisches Getränk im Eimer einzunehmen, aber daran war momentan nicht zu denken. Unter Druck war immer ein schlechter Zeitpunkt um auf etwas scheinbar Tröstendes zu verzichten [12] -- der Tag war anstrengend gewesen und sehr entmutigend und Alkohol war zwar keine Lösung, aber er half kurzfristig über die Unfähigkeit hinweg. Aber statt zu trinken war sie durch die Stadt gelaufen und erst spät ins Wachhaus zurückgekehrt, der erste Tag und gleich hatte sie jemanden verletzt, das hatte nicht sein müssen... natürlich war Yogi nicht ernsthaft verletzt, aber so was -- es tat ihr so leid.
Die Nacht war nicht nur kurz sondern auch sehr unruhig gewesen, die Gefreite hatte kaum geschlafen und saß nun in der Kantine um sich von heißem zähflüssigem Wachekaffee auf den Tag vorbereiten zu lassen. Dabei sperrte sie die Welt aus ihrem Bewusstsein aus und konzentrierte sich ausschließlich auf ihren Kaffee, auf dem sich durch beständiges rühren viele kleine Bläschen bildeten, die noch während sie herumwirbelten und zerplatzten Fragen aufwarfen. Fragen die weit über das "Warum ich?"-Stadium hinausgingen. Fragen die nur eine echte Antwort hatten -- wenn man nicht weglaufen wollte -- Gib nicht auf! Steh grade! Lächle! Und tu was du tun musst!
Zeit verstrich ohne dabei Spuren zu hinterlassen, ein außenstehender Beobachter hätte kaum sagen können ob Stunden oder Sekunden verstrichen, allerdings hätte er, wenn er gegangen wäre, auch nicht sagen können, ob da jemand gesessen hat in der Wachekantine lange vor Sonnenaufgang. Nach einigen Minuten hatte sie mit dem Rühren aufgehört und saß nun absolut still, mit den Gedanken in einer ungewissen unangenehmen Zukunft. Sie bemerkte nicht, dass andere zum Frühstück kamen. Sie bemerkte nicht, dass die anderen wieder gingen. Sie wurde nicht bemerkt. Außer von dem einen, der sie gesucht hatte.
"Darf ich mich zu dir setzen, Maggie?"
Sie zuckte zusammen, echte Liebe kann eine arrangierte Ehe in das totale Chaos stürzen, hatte sie grade gedacht und da taucht plötzlich das Objekt dieser Liebe auf, sie fühlte sich ertappt und antwortete stockend: "Klar... du immer." Mit einem Lächeln hätte man diese Situation vielleicht retten können, aber sie sah nicht auf, sondern rührte nur weiter in der Tasse.
[13]

Seit ihrer letzten Strafe hatte Mag nicht viel getan. Sie stand auf dem Standpunkt, wenn ich nichts riskiere, fall ich auch nicht auf. Demnach hatte sie zwei Wochen Tresendienst und Nachtwachen hinter sich. Sie hatte unheimlich viel gearbeitet und immer wenn sie nicht grade arbeitete machte sie sich mit einer geliehenen Armbrust zum Schießplatz auf um zu trainieren.
Und natürlich war sie im Eimer gewesen, trinken war schließlich kein Verbrechen und zu diesem Zeitpunkt war sie ja auch noch keine FROG, da hatte nichts dagegen gesprochen sich unzurechnungsfähig zu saufen. Vage erinnerte sie sich an die jeweiligen Enden der Abende [14].

Die frischgebackene Gefreite hatte immer sorgsam darauf geachtet, genau so viel zu trinken, dass ihr jeder die Unzurechnungsfähigkeit abnahm, sie aber auf der anderen Seite nie vollkommen die Kontrolle verlor und sich vor allem am nächsten Tag an möglichst viel erinnerte -- allerdings würde sie das freiwillig niemals zugeben. Zumal sie sich an einige Dinge erinnerte, die eine ganz bestimmte Abteilung nicht erfahren sollte, zumindest nicht wenn Gefreite Magane auch weiterhin Gefreite der Stadtwache Ankh-Morporks sein wollte. Sie hatte großes Glück gehabt, dass weder IA, noch sonst ein höherangiger Wächter etwas von diesen Dingen bemerkt hatte -- dieses Glück hörte größtenteils auf den Namen Ktrask, der offenbar der Meinung war, dass sie einen Schutzengel brauchte und Mag war ihm dankbar dafür.




Er versprach ihr, dass er auf sie aufpassen würde und dafür sorgen würde, dass sie nicht vom rechten Weg abkommt. Warum tat er das alles für sie, jeder andere hätte sie bei der Sache mit Steven angezeigt [15], er hatte zugesehen und nichts gesagt -- nein, er hatte etwas gesagt, er hatte bemerkt welch eine schöne Nacht es doch für einen Spaziergang sei -- Magane sah in über den Tisch hinweg dankbar an, Ktrask antwortete darauf mit einem strahlenden Lächeln und rief damit eine Erinnerung wach. Als sie noch klein war hatte ihr Vater ihr immer Geschichten von edlen Rittern in schimmernden Rüstungen, die schöne Jungfrauen vor großen bösen Drachen retteten, erzählt. Nun waren IA-Agenten keine großen bösen Drachen und eine FROG-Uniform hatte nur wenig mit einer schimmernden Rüstung zu tun, aber Ktrask war das Idealbild von einem edlen Ritter...
Irgendwie gelang es Mag das Thema und damit auch den Gedanken zu wechseln, das Problem an Autopilotgesprächen war, dass man sie nicht so bewusst steuern konnte wie man gerne gewollt hätte, sodass auch der Themawechsel letztendlich in einer großen Schleife wieder zum edlen Ritter führte, plötzlich hörte sie sich sagen "...vorbildlicher Wächter... Ausbildung in Normzeit geschafft - du bist klug, stark, trinkst nicht, kannst schießen..." ...siehst gut aus, die Uniform steht dir, als wärt ihr für einander geschaffen, du vergisst nie zu salutieren...
"Ja, aber du kannst doch auch schießen? oder etwa nicht?"
"...und du bist total aggressionsresistent - doch kann ich - schießen und schleichen ist das einzige was ich kann", nein, sie würde auf keinen Fall Yogis Verletzung erwähnen...

Das Gespräch wurde längst auf zwei Ebenen geführt, auf der einen wurde irgendetwas gesprochen, während die sich eigentliche Kommunikation zwischen Augen und wechselseitig verzauberndem Lächeln abspielte. Sie durfte das nicht. Es hatte nur einen Mann in ihrem Leben zu geben und der war sicherlich kein Wächter, oh nein, er ging einem langweiligen und sicheren Handwerk nach, alles an ihm war langweilig und sicher... gegen ihn war der stille und zurückhaltende Ktrask eine Stimmungskanone aller erster Güte.
Ein weiteres Lächeln schmolz den Klumpen Eis, der sich dank ihres letzten Gedankens in ihrem Magen gebildet hatte. Magane atmete tief durch, er machte alles nur noch schwieriger, wieso musste er so lächeln, wieso musste er so nett sein? Er hatte ihr einen frischen Kaffee geholt. Während sie ihn kalt rührte hatte sie für einen kurzen Moment den Eindruck als würde sich auf der sich schnell bewegenden Oberfläche nicht das diffuse Licht des Raumes spiegeln, sondern etwas ganz anderes, ein Bild -- es war viel zu schnell wieder verschwunden, als das sie es hätte erkennen können, aber es war da und es erinnerte vage an den Traum, der sie an diesem Morgen geweckt hatte. Mag schüttelte den Kopf und als sie zu Ktrask herübersah trafen sich ihre Blicke und sie erkannte, dass die Zukunft einzig in seinen grau-grünen Augen zu finden war. Ohne herunter zu schauen zog sie langsam ihre Handschuhe aus, sie brauchte nichts zu verstecken, niemand kam als unbeschriebenes Blatt zur Wache. Die Narben wurden unwichtig, jetzt zählte nur der Augenblick und der verlangte die uneingeschränkte Einsatzbereitschaft aller Sinne, wenn Liebe wirklich blind machte, dann wollte sie wenigstens nicht die letzten Reste ihres Tastsinnes mit Baumwolle blockieren. Sie wusste nicht wie das alles weitergehen sollte, was würde sie morgen tun? Es war egal, was zählte war das was sie nun tun würde. Wenn sie sich jetzt küssten wurde alles nur noch komplizierter -- verdammt Mädchen, du träumst davon, es kann nicht mehr komplizierter werden, tu es!
Tu's nicht, du wirst es bereuen!
Was könnte sie daran bereuen? Er ist tausendmal besser als Mathie.
Darauf kommt es nicht an...
, der pflichtbewusste Teil ihres Bewusstseins hatte zwar keinerlei Argumente, aber er schaffte es trotzdem Mag zum Zögern zu veranlassen. Aber vielleicht musste sie auch nichts tun, Ktrask kam immer näher und hatte inzwischen eine ihrer Hände, die sie inzwischen auf den Tisch gelegt hatte, genommen.
Sie kamen sich immer näher, bis sie nur noch Millimeter trennten... und genau in diesem Moment kam Skilla in die Kantine und rief, nachdem sie die beiden gefunden hatte: "Mag, Ktrask die Abteilungsleiter wollen euch sehen!"
Ja... das ist auch eine Möglichkeit um deine Unschuld zu schützen... einfach so lange zögern bis irgendwer stört... , sie atmete kaum merklich aus [16], sah ihrem Gegenüber fest in die Augen und lehnte sich dann zurück. Magane bekam von dem folgenden Dialog zwischen Ktrask und Skilla nicht viel mit, sie war zu sehr mit ihrem Innern und der Entwirrung wirrer Gefühle beschäftigt, das einzige was sich in den Raum zwischen ihren Ohren schlich war, dass sie zu Chief-Korporal Breguyar gehen sollte und dass Ktrask zur Schäffin musste. Leise verabschiedete sie sich von ihm und als er sich herumdrehte um zu gehen blieb sie noch einen Moment stehen und sah ihm schmachtend hinterher. Kurz vor der Tür sah sich noch einmal um und schaute kurz direkt in ihre Augen.
Mag seufzte leise und ging dann auch hoch zu dem Schäff der möglicherweise ihr neuer Lieblingsvorgesetzter werden könnte [17].
Auf der Treppe begegnete sie dem ehemaligen Mitrekruten Steven Träumer, der nervös zusammen zuckte als sie ihn freundlich anlächelte, die freiwillige Retterin ohne Gnade lächelte in sich hinein... sie hatte offenbar Eindruck hinterlassen.

Das Mondlicht beleuchtete eine Szene die keine Zeugen haben durfte. Mindestens zwei der Anwesenden würden niemals zugeben, dass irgendetwas passiert war, die eine der beiden Personen hatte zu viel Angst vor den Konsequenzen (und war wahrscheinlich auch zu betrunken) schließlich wusste die zweite Person wo die erste schlief. Das Opfer war an einen Brückenpfeiler gefesselt, mit weichen gepolsterten Fesseln, die mit Sicherheit keine Spuren hinterlassen würden, ganz egal wie sehr er sich wehrte. Der Täter -- oder besser die Täterin -- würde ihm keinerlei sichtbaren Schaden zufügen, sichtbare Verletzungen konnten ernsthafte Folgen haben, außerdem wäre es maßlos übertrieben gewesen, schließlich hatte er nichts getan, außer sie vor allen möglichen Vorgesetzten zu blamieren... so was ließ sich nicht auf sich sitzen.

Sie hatte einige Tage gewartet, um erst ihre Beförderung abzuwarten, während der Grundausbildung war schon zuviel passiert. Auf der Beförderungsfeier hatte sie genau so viel getrunken, dass der Alkohol eine gewisse Alibifunktion innehaben konnte, nur für den Fall, dass es doch Zeugen gab, konnte sie immer noch sage, sie könne sich an nichts erinnern. Fast alle Rekruten waren da und auch einige der dienstälteren Wächter feierten mit, wobei der Rang natürlich im Eimer nicht von Interesse war. Man trank, genoss die Feier und lachte über die Übungseinsätze, die man gemeinsam hinter sich gebracht hatte.

Irgendwann hatte sie Steven gebeten kurz mit heraus zu kommen, um mit ihm zu reden. Auch er war nicht mehr nüchtern -- oder besser gesagt er war so weit vom nüchternen Normalzustand entfernt, wie ein Wüsteneremit von einem opulenten Festmahl -- das machte ihn nicht nur extrem vertauensselig sondern auch leicht besiegbar, zumindest, wenn man genau darüber nachgedacht hatte, da konnte er noch so gut kämpfen können...

Ein leichtes Glitzern verriet die Bewegung des Messers. Ein einzelner Wurfdolch war keine besonders effektive Waffe bei Verfolgungsjagden, man hatte nur einen Wurf, danach war das Messer weg, aber um einem Kameradenschwein zu zeigen wo der Hammer hängt war er ideal. Sie konnte Stevens Angst deutlich sehen, aber vielleicht war die unmittelbare Nähe zum grünblühenden Ankh auch ein bedeutenderer Grund für seine Schweißausbrüche, dieser Geruch ließ niemanden kalt, dafür waren sie hier auch ungestört. Sie ging auf ihn zu und fummelte dabei an dem Dolch rum, "Weißt du, ich lass mich nicht gerne fertig machen... ich brauche das auch nicht in Übungen. Ich würde mich zu gerne mit dir prügeln, aber wir beide wissen wer der Stärkere von uns beiden ist -- und es würde Spuren hinterlassen", sie grinste, was bewirkte, das er hinter seinem Knebel wimmerte, inzwischen war er wohl wieder einigermaßen nüchtern... "erinner’ dich daran, wenn ich wollte könnte ich dich jederzeit töten -- ich will es nicht... aber ich könnte. Ich könnte dir auch was abschneiden..." sie gab ihm ein wenig Zeit, damit er darüber nachdenken konnte was man alles abschneiden konnte, "wozu braucht der Mensch zehn Finger? Weißt du was man auf See mit Befehlsverweigerern tut? Sie werden kielgeholt... sei froh, dass es nur ein Übungseinsatz war..."

Sie berührte mit dem Dolch seine Nasenspitze ritzte dann die Fesseln an und im Gehen ergänzte sie noch: "Es versteht sich doch von selbst, dass du nicht darüber redest, was hier heute Nacht geschehen ist. Außerdem schlage ich vor, dass du zuerst gehst, dreh dich nicht um und denk daran: Ich bin gut mit meinem Dolch und einen Wurf hab ich", dann schnitt sie die Fesseln ganz durch und ihr Opfer rannte.

"Erstaunlich, du hast es allein geschafft ihn nicht zu verletzen, ich hätte schwören können, dass ich eingreifen muss."
Mag drehte sich nicht um, sie hatte ihn auch so erkannt. "Was tust du hier Ktrask?"
"Ich pass auf dich auf, du sahst so aus, als wolltest du Streit, deswegen bin ich dir und deinem Paket nachgegangen, um dich vor einem Besuch bei IA zu bewahren."
"Och schade...", Mag lächelte ihn so süß sie konnte an, danach gingen sie zum Eimer zurück und feierten noch bis in die frühen Morgenstunden.


***


"Was weißt du über Tarnung?"
"Ich weiß, dass die Assassienen schwarz tragen und manchmal nur als Schatten zu sehen sind."
"Und was ist der Fehler daran?"
"Das sie zu sehen sind?"
"Genau, was fällt dir noch ein?
"Katzen... grau-getiegerte Katzen sind auf der Straße und in Ecken kaum zu sehen, wenn sie still sitzen gar nicht... dreckfarbene Katzen [18] sind in der Dämmerung auf Dächern und in Ecken unsichtbar wenn sie stillsitzen, man sieht sie erst, wenn sie sich bewegen."
"Erstaunlich, selber beobachtet, oder irgendwo gelesen?"
"Ich hab's beobachtet, Sir, weil man mich drauf aufmerksam machte", sie verspürte nicht den geringsten Wunsch weiter darauf einzugehen, es gab nicht viel, dass sie aus ihrer Vergangenheit mit auf diese Seite des Gesetzes hatte retten können und sie wollte nicht wirklich, dass solche Dinge bemerkt wurden. Der Chief-Korporal schien das zu ahnen und fragte nicht nach -- vielleicht war es ihm auch einfach gleichgültig.
Bei ihm war eine Theorieeinheit weit umfangreicher als bei der Abteilungsleiterin, er erklärte, erläuterte, beantwortete gelegentliche Zwischenfragen und stellte am Ende eine Aufgabe, die zum größten Teil darin bestand still zu stehen. "Wenn du still genug stehst", sagte er, "wird man dich nicht wahrnehmen, wer dich sieht, wird dich sofort wieder aus seinen Erinnerungen streichen. Deine Aufgabe besteht also darin im Wachhaus in einem belebten Raum zu sitzen, oder zu stehen und nicht bemerkt zu werden. Und glaub mir, ich bekomme mit wenn du dich drückst."

Es war eine der langweiligsten und gleichzeitig anstrengendsten Aufgaben, die sie bisher in der Wache gehabt hatte, absolut stillstehen war unheimlich kraftraubend, nomalerweise schwankte man leicht hin und her, aber genau das musste sie unterdrücken. Die Bewältigung der Aufgabe gelang ihr kaum, aber so hatte sie wenigstens genug Zeit zum Nachdenken.


* Zeit verstrich, Wochen vergingen wie Tage, Tage wie Stunden...*


Bei FROG war nicht viel zu tun, von außen sah die Abteilung so spannend aus, aber von innen betrachtet bestand die Arbeit in dieser Spezialeinheit hauptsächlich aus endlosem Training, Vierundzwanzig-Stunden-Schichten und Langeweile. Aber Mag hatte trotzdem alle Hände voll zu tun, sie verbrachte die meiste Zeit damit, soviel wie möglich in vollkommen widersprüchliche Dinge zu stecken, während des Bereitschaftsdienstes wurde gelesen (entweder "Omnianisches Eherecht für Anfänger" oder "Ballistik für Schützen") oder trainiert (Krafttraining) und in ihrer Freizeit trainierte sie ebenfalls, allerdings im Freien (hauptsächlich Klettern und Schießen) und soweit das eben möglich war mit Ktrask zusammen.
Außerdem hatte die junge Frau auch andere Pflichten, die sie versuchte vor der Wache bestmöglich zu verbergen, sie wollte nicht, dass irgendjemand aus ihrem neuen Leben von ihren familiären Problemen erfuhr. Magane kapselte sich immer mehr ab, nur mit Ktrask wollte sie noch reden, allerdings war sie viel lieber einfach nur mit ihm zusammen und schwieg. Die Beziehung zwischen ihnen entwickelte sich unheimlich schnell, obwohl keiner von beiden hätte sagen können warum. Insgeheim wusste Mag, dass sie es ihm irgendwann sagen musste, aber wie sagt man jemandem, dass man nicht zusammen sein kann? Einige Male war sie kurz davor gewesen an die Bürotür des Chief-Korporal zu klopfen -- einfach mal darüber reden, das Problem mit jemandem diskutieren -- doch dann war sie immer an der Tür vorbei gegangen, er würde ihr nicht helfen können... niemand konnte ihr helfen, nur sie selber konnte dieses Problem lösen -- Gib nicht auf! Steh grade! Lächle! Und tu was du tun musst!
Und... Konzentrier dich auf die Aufgabe die vor dir liegt!
Die Aufgabe die vor ihr lag, bestand darin ihre Ausbildung abzuschließen, schnellst möglich, am besten gestern... oder vorgestern. Dazu brauchte sie dringend eine leichtere Armbrust, mit diesem schweren Ding konnte sie nicht gut klettern und außerdem war die Waffe zu groß. Wahrscheinlich wäre es sinnvoll gewesen sich eine Armbrust anpassen zu lassen -- Ktrask hatte das getan -- aber das war ihr für den Anfang zu teuer, selbst dann, wenn die Wache das Geld erstattete. Also hatte sie sich vorerst gegen eine eigene Waffe entschieden, stattdessen hatte sie sich dafür entschieden die Waffe, die sie aus dem Wachearsenal hatte, umbauen zu lassen. Und wer eignete sich dafür besser als der wacheeigene Bastelzombie Herr Made, wenn es jemanden gab, der eine alte Armbrust umkonstruieren konnte, dann war er es.
Sie wartete ab bis er in dem Ballistikerbüro allein war [19] und erklärte dem Zombie dann ihr Problem. Er war fasziniert, man konnte ihm deutlich ansehen, dass er sofort begann über das Material nachzudenken. Made wollte offenbar sofort anfangen, auf jeden Fall komplimentierte er sie relativ schnell aus dem Büro.
Ein paar Tage später, brachte Herr Made dann die umgebaute Armbrust in das gemeinsame Büro von Laiza und Magane [20], er sagte nicht viel, lächelte seine Kundin nur nett an und legte die Waffe auf den Tisch, was den Streit augenblicklich beendete.
Es juckte Mag in den Fingern diese veränderte Armbrust auszuprobieren und sie wollte sie Ktrask zeigen, aber sie konnte nicht, sie musste woanders hin. Aber der Gedanke an die Verabredung, die sie am späten Abend hatte, würde sie aufrecht halten, ganz egal was den Nachmittag über geschah.

***


"Ich liebe dich nicht, wieso sollte ich dich heiraten?" wütend funkelte Enaga Mim Drachenzüchtertochter ihren zukünftigen Ehemann an, sie führten dieses Gespräch nicht zum ersten Mal und die junge Frau wusste, dass sie am Ende -- in wenigen Wochen -- keine Wahl haben würde, trotzdem versuchte sie es immer wieder
"Eni, deine Gefühle ändern nichts an dem Versprechen, welches unsere Väter einander gaben", er war wie immer sehr ruhig, damit trieb er sie zur Weißglut.
"Das ist ZWANZIG JAHRE her!!! Ich liebe einen ANDEREN!"
"Den du Zuhause nie kennen gelernt hättest", mit diesem letzten Argument war der Streit beendet, das war immer so, wenn das paradiesische Zuhause erwähnt wurde, welches das höllisch lasterhafte AM implizierte, bestand keine Chance mehr mit echten vernünftigen Argumenten etwas zu bewegen. Zu dem wartete der Andere schon auf sie, sie machte die letzten Knöpfe an ihrem Anzug zu, band ihre Haare zusammen und pampte "Ich muss zur Arbeit!" bevor sie seine Wohnung im zweiten Stock des Hauses Raureifstraße 17 verließ. Nur der Mond begleitete sie zu ihrer Verabredung...

ENDE


[1] Die Luft rückte zusammen, um ein Loch zu schaffen, und wurde damit an den Rändern des Loches noch dichter, das hatte zur Folge, dass einige Bienen von dem geballten städtischen Frühlingsduft ins Koma fielen.

[2] nicht überall in Omnien hießen die Leute Bekehr-die-Ungläubigen-mit-der-Macht-des-Wortes oder Die-Ungäubigen-erschlägt-Om-im-Schlaf, so tragen die Bewohner der einfachen Dörfer im Landesinneren, die nie mit Ungläubigen in Berührung kommen, Namen die auf ihren Beruf hinweisen, wie Wechter oder Schneyder

[3] nicht etwa der böse, oder dämonische Hintergrund dieses Angebots, blitzte da, sondern echter Stolz eines alten Wächters, der seine Nachfolgerin betrachtet

[4] Magane bezweifelte sogar, dass sich ihr neuer Job schon in der Wache herumgesprochen hatte

[5] extrem kurz, er bestand aus genau einem Satz: "Schau dir das Ding gut an und mach es zu einem Teil von dir.

[6] sie vermutete dass derjenige, der den Ausdruck geprägt hatte, im säße der Feind im Nacken sich in etwa der gleichen Situation befunden haben musste

[7] Mag war extrem stolz auf die perfekte Uniform gewesen, sie hatte sie immerhin ein paar Stunden angehabt und bis zu diesem Zeitpunkt waren weder Taubenflecken noch gewöhnlicher Dreck noch sonstige Gebrauchsspuren zusehen gewesen. Und schließlich hatte sie sich vorgenommen immer den besten Eindruck zu erwecken -- wenn man etwas tat, dann richtig -- wenn schon Uniform, dann vollständig, sauber und an allen Metallteilen glänzend

[7a] obwohl er -- bei Om -- nicht zu übersehen ist, aber manchmal stolperte man
ja auch über Trolle

[9] Wir alle kennen dieses Blabla von der Waffe die Teil
des Kämpfers werden muss -- ähnlich verhält es sich mit der Hausfrau, die
einen Pfannkuchen in der Luft wenden kann, in dem sie die Pfanne auf eine
bestimmte Art bewegt... es wird mir ein ewiges Rätsel bleiben -- Ist das
wahr? Glauben die Leute die Waffen benutzen da wirklich dran?

[10] in gerechter Arbeitsteilung, die Gefreite improvisierte und der Oberleutnant kommandierte

[11] nur eine harmlose Fleischwunde

[12] Eine Feststellung die Millionen Menschen jedes Jahr machen müssen wenn sie schon in den ersten Wochen des neuen Jahres an ihren guten Vorsätzen scheitern, sobald der Alltagsstress sie wieder eingeholt hat.

[13] Um nicht zwei mal das gleiche Gespräch auftauchen zu lassen und um zu vermeiden, dass der Leser sich allzu arg langweilt, kürzt die Autorin dieses Gespräch und konzentriert sich derweil auf etwas anderes. Die vollständige Version des Dialoges möge der interessierte Leser in Ktrasks Ausbildungsmission nachlesen.

[14] meist im Morgengrauen

[15] Rückblende kommt zu einem späteren Zeitpunkt in dieser Single

[16] ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie die Luft angehalten hatte

[17] wenn alle angenehmen Offiziere den Dienst quittierten oder starben

[18] gemeint ist hier die Farbe die in Büchern Schildpatt heißt, sie ist selten und wunderschön... aber schildpattfarbene Katzen sind auf dunkelgemusterten Teppichen im Halbschatten quasi unsichtbar. (Es gibt keinen Ort in der Wohnung wo unsere Hexi sich lieber versteckt als an meiner Badezimmertür, wo ein schwarz-rot gemusterter Teppich liegt)

[19] sie verspürte keinerlei Wunsch Artur Messerfein zu begegnen, zweimal reichte vollkommen aus

[20] Die Beiden stritten sich ausgiebig und mit voller Hingabe, manchmal machte es ihnen sogar Spaß.

Magane wünscht, dass ihre Mission nach Bewertung im Forum diskutiert wird.



Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung