Die Rache der Strafsingle - Den Inspäktor auf den Hacken

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von Chief-Korporal Rabbe Schraubenndrehr (RUM)
Online seit 11. 06. 2016
Zeitmönche haben die Geschichte auf den 11. 06. 2014 datiert
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 Außerdem kommt vor: Rach Flanellfuß

Korporal Rabbe Schraubenndrehr wurde für schuldig befunden, bei einer Aussenmission (Live-Mission 'Hund, Katze, Leim') Alkohol im Dienst zu sich genommen zu haben.
Aufgrund des einstimmigen Schuldspruches der Stufe 2 ergeht folgendes Urteil:

Korporal Rabbe Schraubenndrehr wird fünf Mal zusammen mit dem Gefreiten Rach Flanellfuß auf Streife gehen und ihre Erlebnisse in einem mindestens 1000 Wörter umfassenden Bericht festhalten, der im Kommandeursbüro einzureichen ist.

Dafür vergebene Note: 11

"Morchelfische! Morchelfische! Nachtschnecken, Ankhbergschnecken, Höhlenschnecken!", tönte es durch die Nacht. Der Verkäufer gehörte zu jener Sorte besonders hartnäckiger Nachtverkäufer die zu viel Anfangskapital und zu wenig Ahnung von der Realität der Wirtschaft hatten. Es geschah immer wieder. Die Leute auf dem Land hatten einen Traum, zum Beispiel 'Ich möchte meine Nacktschnecken gerne in der großen Stadt verkaufen'. Mit diesem Traum vor Augen nahmen sie die Lebensersparnisse ihrer frisch verstorbenen Eltern, kamen nach Ankh-Morpork und fingen mit einem Bauchkarren an. Am besten nachts, denn in Ankh-Morpork war immer etwas los. Jene die doch schliefen hörten im Schlaf von seinen wundervollen Waren und würden in der nächsten Nacht sicher wach sein um sich ein paar vorzügliche Ankhbergschnecken zu sichern.
Wer aß nicht gerne schleimige Tiere, die einen bei falscher Zubereitung umbringen konnten?
Simon Bergtauchsohn hielt einen Moment in seinem Rufen inne und hustete. Es war schon drei Uhr und er hatte noch immer nichts verkauft.
Wieder nicht. Manch einer hatte ihm gesagt, er solle sich lieber an die Feinkostläden in der Innenstadt wenden, dass man dort immer nach neuen, ekligen Möglichkeiten suche, den Gästen teuren Dreck zu verkaufen, doch Simon wollte davon nichts wissen. Seine Waren als Dreck zu bezeichnen - ein Frevel sondergleichen! Er verkaufte nur die allerbeste Qualität, und doch ... doch ließen Kunden auf sich warten. Es war einen Monat her, dass er in die Stadt gekommen war und langsam schrumpften seine Ersparnisse. Er hatte gewusst, dass es nicht einfach sein würde, zumal die Leute ihn aus irgendeinem Grund skeptisch gegenüber zu stehen schienen. Schon die Frau, von der er die winzige Kammer gemietet hatte, in welcher er schlief, hatte so komisch geschaut. Den Grund konnte er sich nicht vorstellen. Er seufzte leise und beschloss, es für diese Nacht gut sein zu lassen. Er hatte schon die letzten Nächte gemerkt, dass er sich eine Erkältung heranzüchtete, und nun schien sie mit fiebriger Gewalt zunehmend Kontrolle über seinen Hals zu erlangen. Er nieste schmerzhaft.
Wenn er nicht bald mehr Schnecken verkaufte, würde er sich eine andere Möglichkeit zum Broterwerb einfallen lassen müssen.
Irgendwie.



Einen Monat später, zwei Uhr morgens

Rabbe Schraubbendrehr hatte sich in eine dunkle Robe gehüllt und wartete im Schatten. In Ankh-Morpork konnte man auch komplett verhüllt im hellen Sonnenschein laufen und war zwischen Zauberern, Assasinen, Geistlichen und den Anhängern der neusten Kulte immernoch ziemlich unauffällig. Das brachte für Rabbe noch einige andere Vorteile mit sich. Einer lag zweifelsfrei darin, dass keiner der Gesetzlosen in den Schatten ihre Dienstmarke sehen konnte. Ein anderer darin, dass kein anderer Wächter den Fellstreichler an ihrer Seite sehen konnte, der vor einer Weile aus der Asservatenkammer verschwunden war.[1] Es handelte sich um eine sehr seltene, wertvolle Waffe die extrem effektiv gegen Untote wirkte.
Und der Wert dieser Waffe überstieg ihren Jahressold um mehr als das doppelte.
Sie stierte in die Finsternis eines Hausdurchgangs. Der Laden hieß "Fünffache Vergnügungen" und war an diesem Morgen überfallen worden. Sie ging um das Gebäude herum, betrachtete den Boden noch einmal, besah sich die Wände. Natürlich hatte sie dies zuvor bereits ausführlich im Rahmen der Ermittlungen getan. Sie hatte sich innen umgesehen und die Zeugen befragt, ganz nach Vorschrift. Trotzdem hatte man nachts eine andere Perspektive - und es war mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nachts gewesen, als die Diebe den Laden ausbaldowert hatten. Als Rabbe über eine Wand strich, fiel ihr etwas auf, was ihr bisher entgangen war: Die Fassade war an einer Stelle sehr uneben. Sie fuhr vorsichtig über die kleinen Löcher. War hier etwas befestigt gewesen? Sie schob die nahegelegene Abfalltonne näher, stellte sich darauf und zog sich am nächsten Fenstersims hoch. Als sie festen Stand hatte, langte sie nach dem Dach, als drinnen eine Lampe angemacht wurde. "Mist!", dachte sie genervt, klammerte sich mit einer Hand fest und fummelte mit der anderem unter ihrer Robe herum. Den Anblick den die Frau bekam, als sie durch das Fenster hinaus stierte, tat ihr leid. Es war sicher verstörend, mitten in der Nacht jemanden am Fenster am eigenen Gürtel rumfingern zu sehen. "Ihhhh!", drang es dumpf durch das Fenster, als Rabbe endlich fand, was sie suchte. Sie lehnte sich so weit hinunter, wie sie konnte, um ihr Gesicht zu zeigen. Mit einem Pochen drückte sie ihre Wachemarke deutlich sichtbar gegen das Fenster. Die Frau schien sich nur langsam zu beruhigen, doch Rabbe hatte gerade keine Zeit, sich weiter um sie zu kümmern. Sie legte einen Finger an die Lippen, um der Frau deutlich zu machen, dass sie still sein möge, doch das schien jene nur wenig zu überzeugen. Sie öffnete das Fenster und sagte in unerträglich lauter Flüsterstimme: "Stadtwache schön und gut, aber was machen Sie auf meinem Fenster? Ist etwas los? Verfolgen Sie jemanden? Was tun Sie hier?"
Rabbe unterdrückte ein Seufzen und ignorierte das Brennen in ihren noch immer verkrampft klammernden Händen. "Es handelt sich um eine interne Angelegenheit, ich muss nur kurz auf ihr Dach klettern, dann bin ich auch schon weg. Machen Sie sich keine Sorgen und entschuldigen Sie bitte die Störung", sagte sie, so freundlich sie unter den Umständen konnte. Bevor die Frau etwas erwidern konnte, nahm Rabbe Anlauf und schwang eines ihrer Beine aufs Dach, verkantete es und wuchtete so den Rest ihres Körpergewichtes schwer atmend nach oben. Es war eine Sache, in flüssiger Bewegung auf so ein Dach zu klettern, aber wenn sie zwischendurch derart aufgehalten wurde, verlor sie ihr Momentum.
"Ja... ja, gut, dann...", hörte sie die Frau von unten sagen, doch das interessierte die Wächterin inzwischen wenig. Sie blickte über die Straße und auf die anderen Dächer. Es wäre kein Problem, über die Dächer schnell weiter zu kommen und am Ende der Straße wartete auch diesmal die schlechte Brücke. Rabbe nickte zufrieden. Die Spuren verdichteten sich. Sie überlegte, über die Dächer weiter zu gehen, da öffnete sich hinter ihr eine Dachluke. Sie wirbelte herum, die Hand am Fellstreichler, als sie die Frau vom Fenster wieder erkannte.
"Haben Sie was gefunden? Was genau ermitteln Sie denn hier auf dem Dach?"
Rabbe seufzte leise. Das konnte noch heiter werden.



*Folgender Morgen, Wachhaus am Pseudopolisplatz*

Rabbe nahm einen Schluck Kaffee und blätterte durch ihre Unterlagen. Eigentlich lief der Fall gar nicht so schlecht. Sie konnte zwar kaum davon sprechen, eine ernsthafte Spur zu haben, aber es zeichnete sich zumindest ein Muster ab. Auffällig war, das alle Überfälle in einem Radius von einem Kilomenter um die schlechte Brücke stattgefunden hatten. Außerdem handelte es sich immer um Läden mit maximal fünf Angestellten. Für gewöhnlich waren die Überfälle relativ früh am morgen gewesen, es gab keine Fluchtfahrzeuge, aber die Täter - für gewöhnlich waren es zwei - waren stets sehr schnell verschwunden und konnten nicht gefunden werden. Sie wurden von allen Leuten gleich beschrieben: Ein großer Glatzköpfiger, muskulös, mit einer Narbe über dem Auge, bedrohte für mit einem riesigen Messer, zusammen mit einem kleinen struppigen Mann mit großer Hakennase in abgetragenen Klamotten. Der Kleine war stets derjeniege, welcher das Geld verlangte. Sie hatten meist eher exotische Läden überfallen; Gilberts Schmetterlingsparadies, Hosenbert Wunderlich, den kleinen gelben Edwin, ...
Rabbes Gedankengang wurde von einem Klopfen unterbrochen, welches die Ankunft des Oberfeldwebels von Grauhaar ankündigte. "Morgen Rabbe", sagte er beim Öffnen der Tür.
Sie salutierte gewohnheitsmäßig und stand auf. "Morgen Sör. Was gibt's?"
Er sah sie mit einem gemischten Gesichtsausdruck an, bevor er ihr eine Schriftrolle reichte. "Dein Urteilsspruch. Hat eine Weile gedauert, aber ... du bist für schuldig befunden, im Dienst Alkohol konsumiert zu haben."
Rabbe seufzte und grinste schief. "Wie lange hat das Urteil jetzt gedauert? Ein Jahr? Aber was soll's. ... Was ist meine Strafe?"
Romulus war für sie schon immer schwer zu lesen gewesen. Mit seinem aktuellen Ausdruck konnte sie rein gar nichts anfangen. "Mit Beginn des heutigen Nachmittages wirst du für fünf Tage mit dem Gefreiten Flanellfuß Streife gehen", sagte er, um einen neutralen Gesichtsausdruck bemüht.
Rabbe blickte überrascht, seufzte dann. "Ausgerechnet, Sör? Hmpf. Schätze, ich bin selber Schuld, wenn ich mich erwischen lasse ..."
Der Vorgesetzte ließ das unkommentiert. Seine Augenbraue zuckte kurz. "Sieh einfach zu, dass du die Streifen mit dem Gefreiten machst - der Kommandeur erwartet am Ende der Woche einen entsprechenden Bericht."
"Geht in Ordnung. Irgendwas bestimmtes, worüber ich versuchen soll, den Herrn Inspäkthor auszuhorchen?"
Beide grinsten.
"Wenn du ihn gegen eine Wand laufen lässt, sieh zu, dass es kein Anzeigenmaterial hergibt. Mehr kann ich dazu nicht sagen", erwiderte er, halb scherzend. "Und vergiss nicht, die Raubserie nebenher fertig zu machen.", sprach er im gehen und machte die Tür hinter sich wieder zu.
Rabbe blinzelte die Tür an. 'Nebenher' mal eben die Raubserie fertig ermitteln. Klar.



*kurz vor mittag, SEALS-Bereitschaftraum*

Rach Flanellfuß wippte leicht auf den Füßen hin und her, für zwei Sekunden. Dann stand er erneut absolut bewegungslos und wartete weiterhin auf Jargon, mit welchem er die heutige Tagstreife laufen wollte. Als er sah, wie Rabbe Schraubenndrehr in den Raum kam und sich kurz suchend umsah, hob er nachdenklich eine Augenbraue. Sie entdeckte ihn und kam auf ihn zu, was ihn kurz dazu brachte, tiefer einzuatmen, bevor er wieder absolut ruhig stand. "Gefreiter Flanellfuß", sagte sie, kaum dass sie bei ihm angekommen war, "Du läufst jetzt mit mir Streife, so auch die nächsten vier Tage. Pack deine Füße, wir gehen." Zackig drehte sie sich auf der Ferse um und lief wieder zum Ausgang.
Rach blinzelte überrascht, bis er realisierte, dass er gerade einen Befehl erhalten hatte, dem er - so sehr sich auch alles in ihm sträubte - Folge zu leisten hatte. Er schloss schnell zu Rabbe auf und stellte sich ihr in den Weg. "Augenblick. Laut Dienstplan sollte ich jetzt mit Korporal Schneidgut Streife gehen, oder musst du deine Strafe wegen Alkoholmissbrauches sofort antreten?" Ihre Blickte trafen sich einen Moment. Sein ruhiger, fester Blick traf ihren bohrenden Stahlblick, doch es kam zu keinem Ergebnis. "Erstens", begann sie eisig, "hast du mich 'Mäm' zu nennen und zu salutieren. Zweitens geht es dich nichts an, wie wir unsere Dienstpläne aufstellen. Drittens kannst du sicher sein dass ich meiner Schuldigkeit gegenüber dem Gesetz stets so schnell nachkomme, wie ich kann - der Fakt dass sich die Räder der Rechtschaffenkeit in diesem Fall sehr, sehr langsam bewegt haben, tut der Sache keinen Abbruch. Und jetzt mach den Mund zu. Auf geht's."
Rach blinzelte, zuckte die Schultern und lief ihr nach.

Die nächsten Stunden verliefen relativ ereignislos. Rach hatte eine Weile überlegt, ob er die Gelegenheit nutzen sollte, um Rabbe, so wie alle anderen Streifengänger vor ihr, genauer über ihre Funktion und ihr Vorgehen auszufragen. Er entschloss sich schließlich für den heutigen Tag dagegen. Sie brachte ihm ohnehin viel Misstrauen und Abneigung entgegen. Vielleicht konnte er nützlichere Antworten aus ihr heraus bekommen, wenn er einen Tag wartete.
So liefen sie durch die Stadt, zeigten Präsenz, halfen Bürgern bei Rechtsfragen, und wenn Katzen in den Ankh gefallen waren. Ansonsten schwiegen sie sich an. Rabbe verhielt sich ebenso entnervt, wie er erwartet hatte, ging jedoch mit einer wesentlich größeren Professionalität an die Strafpatroullie heran, als er ihr zugetraut hätte. "Nunja.. man wird ja sehen, wie lange sie die beibehält."



*Folgetag, früher Abend *

Rach gähnte. Er hatte in der vorigen Nacht nicht viel geschlafen, wie auch schon die ganze letzte Woche nicht, und normalerweise ging er immer die Nachmittagsstreife.
In den meisten Fällen konnte er aber auch frei entscheiden, wann er Streife ging - niemand wollte freilwillig mit ihm gehen, also wurde er auch so gut wie nie dazu eingeteilt. Da Rabbe aber mit ihm Streife gehen musste und seine Vorgesetzte war, hatte sie derzeit den längeren Arm. Selbigen hielt sie derzeit locker auf dem langen Dolch, den sie an ihrer Seite führte. Sie wirkte noch ungeduldiger als am Vortag.
Rach gähnte erneut.
Seit Ophelia weg war, hatte er eigentlich überhaupt nie mehr gut geschlafen.
Er drückte den Gedanken weg so gut er konnte und räusperte sich. "Der Dolch, den Sie am Gürtel tragen, ist keine Standardausführung, oder?"
Ihr Bewegungsmuster schien einen Moment zu stocken, ohne dass sich ihre Bewegung verlangsamte. Es wirkte ein wenig, als ob all ihre Gelenke plötzlich einen halben Zentimeter nach rechts gerückt wären, bevor sie wieder normal weiter lief. Ihre Hand legte sich fester um den Dolch. "Nicht wirklich, nein", erwiderte sie nach der kurzen Pause. Ihr Ton war ruhig und bestimmt. Sie liefen entlang der Route Vier und kaum dass sie von der Götterinsel herunter kamen, kletterte Rabbe flink auf das Gelände der kleinen Brücke und spähte in die Ferne. Ein paar wenige Passanten wurden langsamer oder hielten kurz an, falls sich Straßentheater anbahnte. "Was machen Sie, Chief-Korporal?"
"Nur etwas überprüfen, Gefreiter." Sie starrte noch einen Moment, bevor sie hinab sprang und wieder weiter lief.
"Hm." Er folgte ihrem forschen Schritt. "Warum tragen Sie eigentlich kein Schwert oder einen Schlagstock, so wie andere Wächter?"
Sie spähte durch den Apothekergarten, den Blick stets in Richtung Ankh gerichtet. "Ein guter Wächter braucht weder Schwert noch Schlagstock, Gefreiter. In den meisten Fällen sind Stimme und Notizbuch die wichtigsten Sachen. In einem Handgemenge können die meisten Waffen auf engem Raum leicht entwendet werden. Ohne ist man oft besser dran. Und wage ja nicht deinem Ausbilder zu sagen, dass ich das gesagt habe."
Rach kniff die Augen zusammen. "Ist das eine Drohung?"
Rabbe drehte sich halb um, ein schwer lesbarer Ausdruck in ihrem Gesicht, sagte aber nichts. Sie erreichten den Kühnen Weg und Rabbe wandte den Blick endlich wieder vom Ankh ab und sah das nächste Haus an. Die Wohngegend um den Apothekergarten herum war nicht die günstigste, entsprechend waren die Häuser in relativ gutem Zustand. "Ihre Antwort eben klang ... auswendig gelernt", bemerkte der Inspektor. Inzwischen ging das Zwielicht zunehmend in Dunkelheit über und er überlegte, seine Streifenlaterne zu entzünden.
"Das liegt daran, dass sie auswendig gelernt ist." Sie klopfte kurz auf die Regenrinne, setzte einen Fuß an und betrachtete Rach. "Du hast doch nicht wirklich erwartet meine persönlichen Gründe hierfür zu erfahren, oder?" Sie zog eine Augenbraue hoch, drehte sich wieder weg und begann, die Regenrinne hinauf zu klettern.
"Das heißt, Sie geben erstens zu, einen offiziellen Beamten seiner Lordschaft angelogen zu haben, und sind außerdem gerade dabei, massiv von der Route des vorgesehnen Streifenganges abzuweichen, nicht?"
Die Wächterin zog sich aufs Dach und schnaufte einen Moment, bevor sie antwortete; "Ich habe nie gesagt dass die andere Antwort gelogen ist. Und ich weiche nicht von der Route ab, ich verfolge sie auf dem Dach. Ob du hier oben mit mir Streife gehst oder auf der Straße folgst ist deine Entscheidung."
Rach biss die Zähne zusammen. Dachte sie, es wäre so einfach? Als Strafe Streife mit dem Inspäktor gehen, aber dabei die Regeln soweit wie möglich dehnen und einfach 30-40 Meter Luftlinie entfernt mitlaufen? Er zog sich energisch an der Rinne hoch und war ihr im Nu nach oben gefolgt.
Rabbe sah ihn kirtisch an. "Du bist also doch ein Assassine. Dachte ich's mir."
Er klopfte sich stilvoll die Uniform ab. "Ich heiße Flanellfuß. Was dachten Sie, wie man in dieser Familie ausgebildet wird?"
Sie zuckte nur mit den Schultern, zog ein Fernglas aus ihrer Tasche und stierte in die Ferne.
"Wollen Sie mir nicht endlich sagen, wonach Sie die ganze Zeit Ausschau halten? Zwei paar Augen sehen mehr als eines. Dass es Ihnen nicht nur um die Streife geht, ist offensichtlich." Rabbe nahm das Glas runter und starrte ihn einige Sekunden an, bevor sie knapp den Kopf schüttelte. "Nein. Nichts zu machen. Und nun weiter, wir trödeln schon viel zu lange."
Rach zuckte mit den Schultern und lief los. "Wie Sie meinen ... Wie sind Sie überhaupt zur Wache gekommen? Das Bedürfnis nach größerer Gerechtigkeit?"
Sie grummelte etwas Unverständliches und schritt übers Dach weiter. "Klar. Höhere Gerechtigkeit. Bürgern dienen und so. Das war genau der Grund."


*Einen Tag später, Mittag*

Rabbe schritt gedankenverloren durch die Glatte Gasse, während der Gefreite neben ihr stetig in sein Notizbuch kritzelte. "Sie stammen eigentlich aus Überwald, oder?"
"Ich war mal dort."
"Aber geboren, meine ich. Laut Akte aus dem Dorf Schauerkrault, nächstgrößte Stadt ist Willinus, oder?"
"So in etwa."
"Ist ein weiter Weg nach Ankh-Morpork..."
Rabbe spähte in Richtung Schlechter Brücke als sie in die Sirupminenstraße einbogen. Sie blieben einen kurzen Moment auf der Straße stehen, streckte sich, und lief dann weiter die Straße hinunter, bemüht die Präsenz der Wache adäquat zu repräsentieren.
"Sie haben einen Bruder in Llamedos."
"Ist nicht verboten."
"Was ist ihre Lieblingsfarbe?"
"Lilablassblau."
"Wie stehen Sie zu Hauptfeldwebel Samaxsohn?"
"Ist ein angesehenes Mitgleid der Stadtwache."
"Ja, aber ... wie stehen Sie persönlich zu ihm? Ihre IA-Akte spricht irgendwo für sich..."
"Wenn ich ihn sehe, sehe ich über ihn hinweg." Sie seufzte und drehte sich zum ersten Mal seit Verlassen des Wachhauses direkt zu ihm um. "Hast du nichts besseres zu bieten? Letzte Nacht hast du wesentlich intelligentere Fragen gestellt, da hättest du eher was Nützliches heraus kriegen können." Sie klang aufrichtig gelangweilt. Rach zuckte die Schultern. Er konnte Menschen gut genug einschätzen, um zu wissen, dass er aus gerade nichts Nützliches heraus bekommen würde.
"Schön, was ist Ihr Liebelingstier?"
"Der gemeine Goldfisch."


*Nächster Morgen*

"Auf gehts! Route Vier heute", rief Rabbe am nächsten Morgen, bevor er ihr auch nur 'Hallo' hätte sagen können. Rach blinzelte, sprintete der schon wieder davonlaufenden Wächterin hinterher. Als er sie einholte, hatte er Mühe, sich ihrem Schritt anzupassen. Sie liefen in strammen Schritt durch die Salisstraße, als Rach sich kurz räusperte: "Wie war das eigentlich, Sie sind jetzt seit über fünf Jahren bei der Wache dabei - Wie sind Sie ursprünglich zur Wache gekommen? Was hat Sie dazu bewogen, Wächterin zu werden?"
Rabbe schritt noch zügiger voran. "Besser als sich im Ankh zu ersticken. Riecht aber oft genauso schlecht", sagte sie knapp und schritt hastig um die nächste Ecke.
Rach stieß mit der Nase hart gegen ihren Nacken. Er war ihr hastig um die Ecke gefolgt, wo sie augenblicklich stehen geblieben war. Er rieb sich die Nase. "Was ist?", fragte er, leicht erbost ob des Schmerzes.
"Shhht!", flüsterte Rabbe und spähte in die Ferne. Sie sah einen kleinen Laden, gut hundert Meter entfernt. Er hieß "bananas Wuchteliges". Sie waren in der Nähe der Schlechten Brücke. Es war gegen acht Uhr und ihr Instinkt informierte sie, dass ein Verbrechen in der Luft lag.
Rach sah sie verständnislos an. "Was ist los Chief-Korporal?" Er sprach leise. Zuerst dachte er, sie wäre nur stehen geblieben, um ihn zu ärgern, doch ihr ernstes Gesicht wies auf einen ernsthaften Grund hin. Er blickte von ihr zu dem Punkt, auf den sie fixiert starrte. Ein kleiner Laden mit Obst oder Spielzeug, auf diese Entfernung war er sich nicht sicher. Rabbe stierte wie besessen auf dessen Eingang in einer merkwürdig lauernden Haltung, bis sie auf einmal los stürmte. Rachs Kopf schnellte zurück zum Geschäft und er sah gerade noch einen Dicken und einen kleinen Mann wegrennen, bevor seine Füße mit dem Sprint anfingen, um nicht zurück zu bleiben.
"Wie hat sie so schnell darauf reagiert? Erfahrener Wächter hin oder her, sie hat sofort auf diesen Laden geachtet, als sie her kam! Überhaupt hat sie sich sehr beeilt hierher zu kommen. Wusste sie, dass hier ein Diebstahl oder sonst ein Verbrechen verübt werden würde? Wurde sie gewarnt? Hat sie es inszeniert, um vor mir gut auszusehen?", fragte er sich, während er so schnell hinter ihr her rannte, wie die vor sich hinströmende Menschenmasse zuließ. Um diese Zeit war noch nicht so viel los, doch Ankh-Morpork würde immer Ankh-Morpork bleiben. Alles, was schneller als ein beherztes joggen war, wurde in dieser Stadt stets nach kurzer Strecke zu einer Art Hochgeschwindigkeitsschlingern. Rabbes schwarze Haare schossen um eine Ecke. Rach war nur wenige Meter hinter ihr, doch als er in die Gasse kam, lag der Kleinere gerade auf dem Weg und der Größere wurde vom Chief-Korporal an die Wand gedrückt. Hatte sie sie vorher offiziell verwarnt? Über den Krach der Menschenmenge war es ihm schwer gefallen, wirklich etwas auszumachen. Es war gut möglich, dass sie sie offiziell zum stehen bleiben aufgefordert hatte.
Wenn man ihre IA-Akte bedachte, könnte sie aber ebensogut ohne jegliche Warnung zugeschlagen haben.

Rabbe hielt den Mann an der Wand, während der Bursche auf dem Boden versuchte, sich aufzurichten. "Gefreiter! Halte den anderen Verdächtigen auf", befahl Rabbe energisch. "Er hat sich der Befragung und eventuellen Festnahme widersetzt, das ist Behinderung eines Wächters bei der Arbeit!"
Rach näherte sich dem Zwerg, der lediglich versuchte, sich aufzurichten. Er wirkte nicht, als wolle er fliehen. Zu seinen Füßen lag eine lange Metallkette. Der Gefreite grinste verhalten und antwortete Rabbe: "Wenn wir danach gehen, wer alles die Wache behindert, müssten wir jede Person auf der Straße hinter uns verhaften. Die standen ganz schön im Weg, fandest du nicht?"
"Har. Har. Der Verdächtige, bitte, Gefreiter."
Rach wandte sich dem Zwerg zu. "Ich bin Gefreiter Flanellfuß von der Stadtwache. Bitte bleiben Sie hier stehen, bis wir Sie befragt haben."
"Ja, is gut, aber beeilen Sie sich, ja? Ich hab noch einen Termin!"
Rach nickte, kratzte sich am Kopf und blickte zu Rabbe, die mit dem anderen Mann beschäftigt war.
"Wie heißen Sie und warum sind sie weggerannt?", fragte sie, ein Notizbuch in der Hand.
"Wummelberg Kapstadt, Schuster. Ich bin nicht weggerannt sondern losgerannt. Das Schiff von Ösiphat ist endlich da und wer am frühesten da ist, kriegt immer die besten Preise für die neuen Stoffe. Das modernde Schusterhandwerk braucht exotischen Zwirn."
Rabbe runzelte die Stirn. "Warum haben Sie meiner Aufforderung stehen zu bleiben nicht Folge geleistet?"
"Tut mir leid, ich habe nur was von stehen bleiben gehört und dachte, Sie wären nur einer meiner Konkurrenten, der bessere Preise als ich will. Dass sie von der Stadtwache sind, habe ich nicht gehört, schönes Fräulein."
Rabbe biss die Zähne zusammen und knurrte leise. "Wo waren Sie gestern früh um neun? Und was haben Sie in dem Bananenladen gemacht wenn sie es so eilig haben?"
"Was soll ich sagen? Meine Frau brachte halt etwas von dort und da habe ich es auf dem Weg schnell in Auftrag geben wollen. Und gestern morgen war ich in meinem Geschäft im neuen Flickschusterweg, Nummer Sieben. Mein Lehrling kann das bestätigen. Dürfte ich jetzt wieder los? Ich bin schon spät dran ... wenn sie mehr Fragen haben, können Sie gerne bei mir vorbei kommen, oder viel besser ... wir treffen uns auf einen Drink oder so." Er lächelte sie auf eine Art an, die er für charmant hielt.
Rabbe bemühte sich, nicht zu sehr das Gesicht zu verziehen. "Danke, wenn wir mehr Fragen haben, kommen wir auf Sie zurück." Sie wandte sich an den Zwerg und hob bei der Gelegenheit ihre Kette wieder auf, während der Mann sich trollte. "Nun zu Ihnen. Name, Adresse, Beruf und warum Sie davon gerannt sind", ratterte sie herunter wie ein alter Aufnahmedämon. Sie blickte zum Gefreiten. Dann besann sie sich und fügte hinzu: "Beziehungsweise ... sind nicht stehen geblieben, als ich sie dazu aufforderte."
"Gilbert Schaufelgräber, Zehntes-Ei-Straße Fünfzehn. Ich habe einen kleinen Kiosk. Ich muss schnell zum Hafen, um meine Lieferung Kautabak zu holen. Ich bin schon etwas spät dran, darum begann ich zu rennen. Ihre Aufforderung inne zu halten habe ich überhaupt nicht gehört. Ich habe es ein Bisschen mit den Ohren, seit mein Opa mir rein geblasen hat."
Rabbe blinzelte kurz, fasste sich aber wieder. Sie seufzte kaum hörbar. "Und warum waren sie in dem Bananenladen?" Der Zwerg wurde karmesinrot. "Nun, ich ... ich hörte, dass ..." Er rieb sich nervös die Arme und als sie genauer hinschaute, bemerkte Rabbe die dort fehlenden Haare. In ihrem Kopf änderte ein Hebel seine Position. "Ich meine, ich ... manchmal hat man eben Bedürfnisse, kapiert? Die gehen niemanden etwas an und sind ganz natürlich, dafür muss sich niemand schämen!" Der Zwerg sah mit geballten Fäusten von Wächter zu Wächterin und zurück. "Die gehen auch keinen was an, ja? Ich muss jetzt jedenfalls weg, also ... also wenn Sie nichts mehr wissen wollen, dann ... dann geh ich jetzt!"
Rabbes Augenbrauen ruhten etwas höher als sonst. "Gleich, ... Herr Schaufelgräber." Die Wächterin räusperte sich. Zwerge hatten in dieser modernen Stadt das Recht, sich das Personalpronomen auszusuchen und die Regel war, dass Zwerge als männlich galten, solange sie nichts anderes behaupteten. Sie gab sich alle Mühe, einen Zwischenfall zu vermeiden, der speziistisch ausgelegt werden konnte. "Sagen Sie mir bitte nur noch, wo sie gestern um zehn Uhr morgens waren?"
Der Kopf des Zwerges intensivierte sein Karmesinrot. "DAHEIM! Mit meinem Ehepartner! Ganz allein! Und zivilsiert! Guten Tag!" Der Zwerg stürmte davon und der Chief-Korporal stöhnte gequält. Sie hatte keinerlei Zweifel an der Aussage, und es tat ihr leid, sie in solche Verlegenheit gebracht zu haben, doch die Lage war schlicht enorm frustrierend. Da erwischte sie einmal jemanden, der von dem Laden weglief, und dann sowas ...
"Chief Korporal? Warum haben wir diese Bürger verfolgt? Was hatten Sie zu erfahren erwartet?"
Rabbe seufzte, setzte zum erklären an und rannte wieder los. "Ich hab vergessen, dass wir ja noch den Tatort untersuchen müssen", brüllte sie ihm, so gut sie konnte, gegen den Sprintwind zu.
"Waaaaaas?", rief er zurück, doch bald waren sie am Laden angekommen und konnten sich wieder normal verständigen. Rabbe schnappte nach Luft. "Wenn ich mich nicht irre, wurde dieser Laden gerade überfallen.", sagte sie schwer atmend, während sie die Tür öffnete. Sie fanden sich in einem kleinen, schlecht beleuchteten Geschäft wieder, in welchem verschiedene, scheinbar künstliche Obst- und Gemüsestücke zum Verkauf standen. Insbesondere Bananen, Gurken und Karotten schienen in vielerlei Variation vorhanden zu sein. Niemand war zu sehen, doch hinter der Theke war ein dezentes Muffeln zu hören.
Rabbe zögerte. Normalerweise wäre sie sofort vor gesprintet und hätte nach dem Rechten gesehen, doch in einem Laden wie diesem bevorzugte sie Zurückhaltung. Sie räusperte sich. "Äh ... Stadtwache Ankh-Morpork! Wenn Sie gefesselt und geknebelt hinter der Theke liegen, machen sie jetzt bittte Geräusche; wenn Sie ... aus anderen Gründen dort liegen, seien Sie bitte still."
Rach verkniff sich ein Kichern. Frauen.
Von hinter der Theke erklang lautstarkes Knurren, was die Wächter zum Anlass nahmen, näher zu treten. Sie fanden einen jungen Mann liegend vor, außerdem zwei Zwerge. Der Eine war sehr feminin gekleidet - "Die eine Zwergin", dachte Rabbe - der Andere eher traditionell. Obwohl die Gefesselten murrten und stöhnten, wurden sie befreit und saßen nach Kurzem alle auf dem Boden und rieben sich die Mundwinkel.
Der traditionell gekleidete Zwerg begann das Gespräch: "Haben Sie vielen Dank! Wie haben Sie so schnell vom dem Verbrechen erfahren können? Haben Sie die Typen erwischt?"

Rach hörte einen Moment zu, bevor er gedanklich abdriftete. Es waren die üblichen Dinge: Leute denen peinlich war, in diesem Schuppen gefunden zu werden, die ihre Berufe beschrieben und darüber sprechen mussten, wo sie gestern waren ...
Er ließ seinen Blick über den roten Stoff an der Wand und andere Objekte wandern, die er nicht allzu genau betrachten wollte, bis sein Blick sich in seinen Erinnerungen verlor. Was war nur mit Ophelia passiert? Sie war bereits seit Monaten verschwunden. Er wusste, dass die Hoffnung unrealistisch war, sie könnte noch leben, aber ... er konnte die Möglichkeit, dass sie vielleicht tot oder einfach weggelaufen war, nicht als Realität akzeptieren. Sie würde zu ihm zurückkehren. Er würde sie finden. Er würde sie zurück bekommen und sie heiraten. Der rötliche Schein dieses Ortes ließ ihn an den Glanz des Lichtes auf ihrem vollen langen Haar denken, das Funkeln ihrer Augen, wenn sich die Strahlen der untergehenden Sonne darin spiegelten.
Er seufzte erneut und schüttelte sich aus seinen Gedanken. Dies war kein Thema für die Dienstzeit. Der Wächter versuchte sich wieder auf die Befragungen zu konzentrieren und bemerkte leicht verwirrt, dass seine Augen offenbar auf 'dem meist verkauften Produkt des Ladens' geruht hatten. Ein merkwürdiges Konstrukt, das als 'Bananenglasspaß'[2] angepriesen wurde. Er schüttelte den Kopf über die Merkwürdigkeit der Welt und blickte auf seine Notizen, während der Ladenbesitzer seine Aussage beendete. "Ich danke Ihnen.", sagte Rabbe. "Wenn Sie gestatten, würde ich mich jetzt noch kurz umsehen. Wir halten Sie über den Fortgang der Ermittlungen auf dem Laufenden." Die Wächterin trabte nach hinten und Rach folgte ihr.
"Darf ich jetzt erfahren woher Sie wussten, dass hier ein Verbrechen im Verzug war?", fragte Flanellfuß energisch, darum bemüht, sich nicht anmerken zu lassen, dass er nichts von der Befragung mitbekommen hatte.
Rabbe sah sich den Boden an und bemerkte schließlich eine Kellerluke. Sie richtete sich auf, musterte Rach und sah wieder weg. Dann seufzte sie. "Also gut, Gefreiter. In letzter Zeit fand hier in der Gegend eine Raubserie statt. Die Details will ich jetzt nicht breit treten, aber jedes Mal wurden am Tatort zwei Männer gesehen: ein haariger kleiner und ein großer dicker Mann. Es waren immer kleinere Läden um die Schlechte Brücke herum, daher. Naja." Sie ließ den Gedanken unvollendet, zuckte die Schultern und öffnete die Kellerluke. Dann nahm sie die Laterne, die an ihrem Gürtel ging, und zündete das Öl an, bevor sie in den Keller hinunter stieg. Rach folgte ihr langsam, doch im Lichtkegel hielt seine Kollegin plötzlich inne. "Riechst du das?"
"Hm?", der Wächter schnupperte. "Ja." Er sog die Luft tief durch die Nase ein. "Das ist ... Pfefferminz, glaube ich."
Rabbe grinste. "Hilf mir, die Wände und den Boden abzusuchen!"
Rach begann sich den Boden anzusehen. "Und wonach soll ich Ausschau halten?"
"Alles was auffällig ist. Aha! Sowas, zum Beispiel!", breit grinsend wies sie auf den unteren Teil der einen Mauer, wo man, wenn man genauer hinsah, feststellte, dass die Steine sehr locker waren. Offenbar hatte sie jemand erst kürzlich bewegt. Hier war der Pfefferminzgeruch am stärksten. "In den anderen Geschäften gab es keine Kelleräume, aber beim Hinzuziehen eines Werwolfes wurde ersichtlich, dass es am Boden aus irgendeinem Grund immer nach Pfefferminz roch! Einen Einstieg hat man nie gefunden. Die Diebe müssen die Bodenplatten stets wieder ordentlich angebracht haben!", erklärte sie begeistert.
Rach blinzelte. "Sie meinen also ... dass die Diebe hier eingestiegen sind?"
"Ja!", Rabbe war bereits dabei, die Steine wegzureissen und das kleine vorbearbeitete Loch frei zu heben.
Rach schätzte, dass es kaum breiter als einen halben Meter werden könnte. "Ich sehe da einen Schönheitsfehler. Durch die Löcher passt kein dicker Mann. Und Zwerge sind für ihre Größe oft etwas ... breit."
Rabbe blickte ihn genervt an. "Ich trete jetzt nicht den Rest ein, aber man riecht hinter dem Pffefferminzgeruch auch Lösungsmittel. Die haben das Zeug wieder zusammen geklebt." Zufrieden schichtete sie die Steine provisorisch wieder zurück. Dann zog sie eine kleine Flasche und einen Beutel aus der Tasche. Dann nahm sie einen Schluck aus der Flasche und kippte den Rest in den Beutel. Rach schnupperte. Pfefferminz. Lösungsmittel. Der übliche modrige Kellergeruch. Er konnte keinen Alkohol riechen, aber vielleicht hatte sie auch einfach nur Wasser getrunken. Er beobachtete, wie sie den Beutel schüttelte, bevor sie eine weiße, klebrige Masse auf den Steinen verteilte. "So. Ab mit uns." Sie schmierte ihre Hände an einem Tuch ab und hechtete energisch auf die Treppe zu.
Rach zuckte die Schultern und ging ihr nach. Wo mochte dies nur hinführen? Sie verließen den Laden und gingen den Rest der Route weiter ohne weiter vorkommnisse. Rach versuchte mehr aus ihr über den Fall heraus zu bekommen, doch sie meinte schlicht, er habe sich auf den Streifengang zu konzentrieren. Er versuchte es. Als er feststellte, dass es ihm schwer fiel, begann er wieder, seinem eigentlichen Auftrag nachzugehen. "Sagen Sie, als Sie ohne Erlaubnis ihrer Vorgesetzten die Werwölfe verfolgten, welche den Beamten Schneidgut entführt hatten, was ging da in Ihnen vor?"

Zwei Stunden später kehrten sie zum Wachhaus zurück. Am Eingang wandte sich der inzwischen sehr entnervte Chief-Korporal kurz an den Gefreiten. "Morgen ist unsere letzte gemeinsame Streife, bis dahin will ich nichts mehr von dir hören, klar?"
Rach blinzelte. "Ich dachte, Sie haben jetzt ohnehin Dienstschluss, warum sollten Sie also noch irgendetwas von mir hören, sobald sie sich ausgetragen haben?" Rabbe verdrehte die Augen und schnaubte, drehte sich dann um und marschierte in den SEALS Bereitschaftsraum. Rach starrte ihr einen Moment nach, bevor seine Neugier Überhand nahm und er ihr nachging.
"... sollten wir am Besten sofort zuschlagen. Seid ihr dabei?"
"Ich weiß nicht, Rabbe ... bist du sicher?", fragte Cim, sah über ihre Schulter und fügte hinzu: "Und der Inspäktor ist übrigens immernoch hinter dir."
Rabbe grummelte, nickte aber. "Der steht da dauernd." Sie zuckte mit den Schultern. "Aber ja, ich bin ziemlich sicher. Alles deutet darauf hin. Wir können vorher noch bei der Grässlichen Gruppe fragen, das macht die Sache einfacher und unter normalen Umständen würde ich ja noch einen Werwolf dazu holen - aber so dicht am Ankh, naja ... ich denke, es kommt kaum etwas Anderes in Frage."
Cim nickte. "Mir reicht das. Ikari?"
Der Zombie-Seal sah seine Kollegen einen Moment nachdenklich an, dann nickte er. "Ich hab eh nichts Besseres zu tun. Auf gehts."
Rabbe drehte sich von ihnen weg und sah sich erneut mit Rach konfrontiert, der sich so lässig und blockierend, wie er nur konnte, in den Türrahmen gelehnt hatte. Sie blickte ihn tadelnd an. "Was willst du hier noch? Deine Streife ist rum! Dienstschluss! Huuuuusch!", sie wedelte entnervt mit einer Hand herum.
"Du willst an dem Fall weiter ermitteln! An der Raubserie!"
"Stimmt auffallend, geht dich aber nicht das Geringste an."
Er strich sich lässig einen imaginären Fussel von der Uniform und zog die Augenbrauen hoch. "Soll Ihr Einsatz irgendwie postiv in meinem Bericht an den Patrizier auftauchen? So neben dem Dienst einen Haufen Überstunden schieben um die Raubserie aufzuklären? Würde zumindest eine Fußnote verdienen. Kann ich aber kaum machen, wenn ich die Aufklärung nicht mitkriege."
"Pah." Sie knurrte. "Der Patrizier kann mich mal kreuzweise!"
"Soll ich ihm das so ausrichten?"
"Mach doch was du willst."
"Wie Sie meinen, Chief-Korporal.", erwiderte der Inspäktor und notierte sich etwas. Als die Truppe sich an ihm vorbei hinaus drängte, lief er gemäßigten Schrittes mit und notierte sich demonstrativ jedes weitere Wort.

Als die Truppe die Schlechte Brücke erreichte, waberte der Geruch des Ankhs einladend zu ihnen hinauf. Rabbe seufzte. An dieses Aroma würde sie sich nie richtig gewöhnen. "Also gut. Wir sollten vermeiden, sie zu verschrecken. Gefreiter, du bleibst beim Obergefreiten Gernetod. Cim, können wir?"
Rach sah zu, wie die Beiden seitlich an der Brücke herunter kletterten und machte sich gedanklich eine Notiz. Ihm war schon zuvor aufgefallen, dass der Chief-Korporal offenbar mit dem Oberfeldwebel befreundet war. Dass er ohne zu zögern ihrer Führung folgte, war dennoch zweifelsohne interessant. Oder hatte Sie ihm bereits mehr Details über den Fall verraten? Die beiden gingen langsam zur grässlichen Gruppe und zeigten ihnen im näherkommen ihre Hände in einer friedvollen Geste. "Warum Kartoffeln in die Ohren? Was sage ich euch?!", wurden sie von Ron begrüßt. Die anwesenden Gruppenmitglieder saßen um ein müdes Feuer, über welchem ein sehr dreckiger Kessel unheilvoll brodelte.
"Hallo Ron. Arnold. Henry." Rabbe nickte den Anwesenden nacheinander zu, blickte Insgesamt Ingobert einen Moment lang nachdenklich an und fuhr fort: "Ingobert, der Entenmann ist nicht bei euch?"
"Was wollt ihr?", knurrte eine Stimme die zu Ron gehören musste. Sie klang wie Ron. Also war sie Ron. Gerüche konnten schließlich nicht sprechen.
"Wir hätten da ein paar Fragen."
"Und wir haben genug anderes zu tun"
Rabbe nickte. "Natürlich. Aber vielleicht ist es in eurem Interesse, der Wache zu helfen. Wir wollen nur wissen, ob ihr auf der anderen Seite des Ufers in letzter Zeit Leute gesehen habt. So, in den letzten paar Wochen?"
"Und was springt für uns dabei raus, dass wir versuchen, uns für euch an irgendwas zu erinnern? So auf Anhieb weiß ich nur, dass ich schon lange keine Kn,- Würstchen mehr gesehen habe ... Überall auf die Hosenträger!"
Der Chief-Korporal war immer wieder fasziniert, wie es angehen konnte, dass Ron in einem Moment absolut unsinniges Zeug redete und im nächsten kohärente Sätze formte. Wenn er ein Verbrecher wäre, hätte sie sich längst die Mühe gemacht, es heraus zu finden, aber letztlich war er meist eher eine Informationsquelle als ein Ärgernis. Sie blickte die Gruppe einen Moment abschätzig an und zog dann eine größere Salami aus der Tasche. "Tausche Wurst gegen Informationen." Für einen Moment glaubte sie, ein Hecheln zu hören. Ingobert starrte die Wurst an. Henry Husten leckte sich die Lippen und hustete. Insgeheim gratulierte sie sich dazu, dass sie in der Mittagspause daran gedacht hatte, beim Fleischer vorbeizugehen. Gute Informationen hatten nur selten einen so überschaubaren Preis.
"Wir haben tatsächlich Leute gesehen", sagt Henry und räusperte sich, bevor er fortfuhr: "Tatsächlich haben sie uns etwas nervös gemacht - normalerweise ist nie jemand so dicht am Ankh unterwegs, aber seit ein paar Wochen sehen wir manchmal Leute auf der anderen Seite unter der Brücke. Immer nur ganz kurz, wenn wir sie bemerken sind sie meist schon weg."
Rabbe tauschte einen Blick mit Cim. "Wie sahen die Leute aus? Männer oder Frauen, Menschen oder andere Spezies, klein, groß?", ratterte sie herunter.
Ron kläffte und zuckte die Schultern, wobei er sich verwirrt umschaute. Dann begann er sich sehr für sein Knie zu interessieren, das sich derzeit in verschiedenen Farben abschälte. "Wir haben sie nicht lang genug gesehen, um das feststellen zu können", knurrte er leise, ohne sie auch nur im Geringsten anzusehen. Hatten sich seine Lippen nun bewegt oder nicht?
"Natürlich haben sie das", dachte die Wächterin. "Es kann doch keiner reden, ohne dass sich die Lippen bewegen. Und wer soll sonst gesprochen haben? Der Hund neben ihm? Bestimmt nicht. Harhar. Hunde können nicht sprechen." Sie fuhr sich kurz durch die Haare und nickte dann ein letztes Mal. "Ich denke, damit haben wir, was wir wollten. Danke für eure Hilfe." Sie hielt Ron die Wurst hin, der noch immer sein Knie ansah. Henry nahm die Wurst entgegen wie ein heiliges Objekt und nickte Rabbe bedeutungsvoll zu.

Die Wächter kletterten die Brücke wieder hoch, winkten die anderen mit sich und kletterten auf der anderen Seite wieder hinab. "Was haben Sie herausbekommen, Chief-Korporal?", fragte Rach, während er hinab kraxelte.
"Der Ankh stinkt." Sie begann die Wand unter der Brücke abzusuchen. Rach rollte mit den Augen und sah sich ebenfalls um. "Ich denke, das ist jedem klar, der auch nur in die Nähe der Stadt gekommen ist. Ich meinte bei der Befragung." Inzwischen hatten sich Cim und Ikari daran gemacht, mit Rabbe den Boden, die Wand und das umliegende Ufer abzusuchen. Sie drückten die Finger in Ritzen, untersuchten den Boden nach Spuren und ignorierten den Inspäktor soweit nur irgend möglich.
Er überlegte kurz, ob er sich ebenfalls umsehen oder auf eine Antwort warten sollte, als Rabbe ein triumphales "Ha!" ausstieß.
"Ikari, hilf mir mal, das Ding ist nur angemaltes Holz!", rief sie, und beide Wächter zwängten mit den Fingern eine zuvor kaum als Holzwand erkennbare Platte vom Stein weg. Dahinter tat sich ein sehr niedriger Gang auf. Die Steine, die dort den Boden bedeckten, sahen alles andere als bröckelig aus - vielmehr schien sich jemand viel Mühe gegeben zu haben, sie ordentlich aneinander zu reihen und gut zu fixieren. Ein leichter Lichtschein war in der Ferne zu sehen. Rabbe machte den anderen gegenüber die universale Geste, still zu sein,[3] bevor sie begann, sich in den Gang hinein zu falten. Der Gang war modrig und rau. Für einen Moment war Rabbe versucht, ihre Laterne anzuzünden, entschied sich dann aber dagegen. Zu auffällig. Die Wächter schoben sich leise durch den Gang, bis er plötzlich breit genug wurde, damit zwei nebeneinander gehen konnten. Bevor Rach zu ihnen aufschloss, hatte Cim sich bereits neben Rabbe positioniert, doch nun konnte er immerhin überhaupt mal etwas anderes außer Ikaris Hinterkopf sehen. Der Gang war nun ein ganzes Stück heller als zuvor. Schatten tanzten an der Wand und im fahlen Schein erkannte der Inspektor, dass es sich um gemauerte Wände handelte. "Nanu? Wenn dieser Tunnel gegraben wäre, wären hier keine Mauersteine ... ist das ein Teil der alten Kanalisation?", überlegte er, als der Trupp plötzlich anhielt. Sie waren zum nächsten Durchgang vorgedrungen, wo diverse Kisten und Stoffrollen neben dem Durchgang lagen. Das Licht kam von direkt dahinter und man hörte Stimmen.
"... aber wie lange denn noch? Beim letzten Überfall hätte uns die Wache fast erwischt! Das kann so nicht weiter gehen! Wir müssen die Position wechseln. Entweder das, oder wir ändern unser Muster, oder wir halten eine Weile still oder wasweißich... Auf jeden Fall geht es so nicht weiter. Ich will nicht in den Knast wandern!"
"Ruuuhig", brummte eine andere Stimme hohl. "Alles nicht so schlimm sein." Schweigen. "Wir es kriegen hin. Niemand wissen wer wir sein."

Rach blickte zu den anderen Wächtern, die alle konzentriert lauschten. Das klang nach einem Menschen, oder einem Zwerg und einem Troll... Und das, was sie gesagt hatten, konnte man fast schon als Geständnis werten. Aber wie viele waren darüber hinaus noch da? Er versuchte im Dunkeln sein Notizbuch zu finden, als er hinter sich ein geräusch hörte. Alarmiert drehte er sich um, da wurde er auch schon von einem Zwerg ins Gesicht getroffen. Er fiel rückwärts halb auf Rabbe, die bereits reagiert hatte und sich bemühte ihm den Zwerg vom Gesicht zu ziehen. [ * Jeder kann überrascht und dann blöd erwischt werden. Auch Dunkelwächer und trainierte Assassinen/dunkle Sekretäre * ]
"Stadtwache! Stehen bleiben!", donnerte Cim derweil und rannte mit Ikari zu den restlichen Dieben. "Jede aggressive Bewegung ist Behinderung von Wächtern im Dienst!", setzte er nach, kurz bevor er weiter stürmte und kurz darauf mit seinem Kollegen durch den Durchgang trat.
Für einen Moment starrten sich die beiden Parteien an. Die Wächter lauschten in grimmigem Ernst, wie Rabbe im Hintergrund den Zwerg festnahm. Die Diebe verharrten in Überraschung und bibbernder Angst. "Nein...Nein! Was habt ihr hier zu suchen? Das ist ... äh, Hausfriendsbruch!", rief der hagere Mensch unsicher. Er hatte auf einem teuren Teppich gesessen, der auf dem rauhen Boden sehr fehl am Platz wirkte. Neben ihm stand gerade ein großer, tumb wirkender Mann auf und ging auf die Wächter zu. "Ihr geht jetzt besser. Das hier ist eine Privatparty." grollte er.
Ikari sah sich kurz um. Es war offensichtlich, wie es hier gelaufen war. Der ängstliche Typ war der Dratzieher, hatte aber keine richtige Erfahrung in der Unterwelt oder im Starßenkampf gemacht. Wahrscheinlich war ihm die Idee hierzu im Vollsuff gekommen. Der Zombie seufzte. "Sie sind hiermit wegen schweren Diebstahls und möglicherweise Raub festgenommen. Wenn Sie sich jetzt wehren, kommt noch Behinderung von Wächtern im Dienst dazu. Will ich Ihnen eher nicht raten. Macht es nur schlimmer für Sie." Er trat vor, um dem größeren Mann Handschellen anzulegen, doch dieser versuchte, ihm - nicht unerwartet - ins Gesicht zu schlagen. Er wich aus, legte die Hände ineinander und ließ sie mit einem kleinen Hechtsprung im Genick des Hünen niedergehen. Dumpf klang der Aufprall des Langgewachsenen auf dem Boden. Eine von Ikaris Händen hatte sich bei dem Schlag gelöst und landete mit einem "Flop" dicht daneben.
"Verflixt", fluchte Gernetod, ließ seine Hand jedoch erstmal Hand sein und setzte sich dem Mann auf den Rücken, um ihn am aufstehen zu hindern. So gut es ging, drückte er ihm die Arme mit seinem Stumpf zusammen und legte Handschellen an. Cim machte sicher derweil daran, den Letzten im Bunde ebenfalls festzunehmen.
"N-nein!", rief der Mann. "Bitte! Ich bezahl euch! Was ihr wollt! Ihr könnt alles haben, die ganze Beute! Niemand muss es erfahren! Lasst mich nur bitte laufen!"
Der Wächter griff grob den Arm des Mannes, verdrehte ihn und fixierte ihn unsanft gegen die Wand, bevor er sein Gegenüber zu fesseln begann. "Versuch von Bestechung eines Wächters im Dienst", stellte er trocken fest. "Wenn du deine Deliktliste noch weiter bringen willst, kann ich dir nur nahe legen, den Haftrichter anzuspucken. Bringt zehn Punkte und er ist ein ziemlicher Mistkerl. Du hast übrigens das Recht zu Schweigen."


*Nachmittag des nächsten Tages, Innenstadt*

Sie liefen gemütlich ihre bis auf Weiteres letzte gemeinsame Streife. Rabbe hatte diesmal eine andere Route genommen, fern von der Schlechten Brücke, und schlürfte genüsslich einen Klatschianischen Kaffee. Rach ging nachdenklich neben ihr her. Er hatte ein paar blaue Flecken und seine Nase tat weh. Das war es jedoch nicht, was ihn beschäftigte. "Mäm?"
"Hmm?"
"Hast du die ganze Woche nur darauf hingearbeitet, diese Bande Hops zu nehmen?"
"Jepp."
"Daher also der Dachgang und das unprofessionelle Verhalten."
Rabbes Augen verengten sich zu schlitzen. "Was heißt hier 'unprofessionell'?"
"Nun, ich kann insgesamt nicht sagen, dass du dich als normale, professionelle Gesetzehüterin verhältst."
"'Normale' Gesetzeshüter machen auch nicht derart viele unbezahlte Überstunden", erwiderte sie gereizt.
"Ach, und warum ist das so? Warum tun andere das nicht und du schon? Und, was denkst du, sind diese Überstunden wirklich nötig? Könnte man die Wache nicht ... effizienter betreiben?"
Die Ältere atmete tief durch und bekämpfte das Verlangen, mit dem Dolch auf den Anderen los zu gehen. Er wollte sie nur dazu provozieren, etwas Dummes zu sagen, das wusste sie genau. Also schwieg sie und trank ihren Kaffee.
"Ich finde es so oder so positiv."
Rabbe verschluckte sich an ihrem Kaffee und hustete. "Bitte WAS?"
"Dass du Überstunden machst und dich trotz aller Widerstände als Erstes für das Wohl der Bevölkerung einsetzt. Ist toll. Wär natürlich besser wenn du dabei nicht trinken würdest, freundlicher zu deinen Kollegen und zu den Bürgern wärst, dich an die Vorschriften halten würdest, -"
Rabbe trank ihren Kaffee und ignorierte das Gefasel des Inspäktors. In zwei Stunden würde sie diesen Albtraum los sein.


*Nächster Morgen, Kommandeursbüro 11:00 *

Arghast Breguyar ließ den Blick über den Abschlussbericht in seiner Hand schweifen. Rabbes ordentliche, verschlungene Handschrift hatte ihn immer ein wenig verwundert.

"...war es wohl so, dass sie sich stets einen dicken und einen kleinen Mann in einer Kneipe suchten, die schnell ein wenig Geld verdienen wollten. Jene wurden dann bezahlt, damit sie direkt nach dem Verbrechen vom Tatort wegrennen, um die Wache in die Irre zu führen. Um ganz sicher zu gehen, hinterließen sie stets eine Ölbombe, damit wir Ihnen auch nicht mittels Werwolf auf die Schlichte hätten kommen können. Genaue Details über den Fall können Sie bei Bedarf meinem Abschlussbericht zur Raubserie selbst entnehmen. Die Festnahme verlief jedenfalls problemlos, nur hat der Gefreite Flanellfuß sich eine blutige Nase geholt, als ihm der Zwerg ins Gesicht sprang. Wir sind immernoch nicht ganz sicher, wie er das fertig gebracht hat. Ich hatte am folgenden Morgen meine letzte Streife mit ihm und sein Gesicht sieht noch immer ein wenig blau aus. Ich habe nichts Nützliches von ihm erfahren, er hat die zu erwartenden dummen Fragen gestellt. Hoffe, Sie sehen meine Strafe damit als abgegolten, Sör, denn mit so einem Deppen im Schlepp eine Ermittlung zu Ende zu bringen ist wirklich Strafe genug.
Gez. Chief-Korporal Rabbe Schraubenndrehr"


Der Kommandeur schmunzelte. Einen Deppen nannte sie den Inspektor.
Er trat ans Fenster und ließ den lauen Morgen herein. Vielleicht würde heute doch kein so schlechter Tag.
[1] Eine Vorsichtsmaßnahme, deren Hintergründe in einer anderen, noch nicht erschienenen Single nachzulesen sind.

[2]  Siehe 'Die moderne Hausfrau'.

[3]  Sie könnte so aussehen: Man führe Mittel- und Ringfinger zum Daumen, spreize Zeige- und kleinen Finger derselben Hand ab, und strecke diese Fingerstellung jedem Lärmenden entgegen. In diesem Falle hielt Rabbe aber einfach nur den Zeigefinger vor den Mund und deutete ein 'shht' an.

Zählt als Patch-Mission für den Ermittlerin-Patch.



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Feedback:

Von Cim Bürstenkinn

22.8.2016

Sehr nett zu lesen. Man merkt, dass du den Herrn Inspektör auf ewig ins Herz geschlossen hast :)

Von Huitztli Pochtli

21.8.2016

Eine Geschichte, mit einem guten Start. Im Verlauf hatte ich dann aber Mühe, der Handlung zu folgen. Einige Szenen haben fand ich verwirrend, z. B.: Der Ängstliche ist der Anführer? Wie hat er das denn in der rauhen Welt des Verbechens in AM geschafft? Oder ist mir die Erläuterung dazu entgangen?

Von Ophelia Ziegenberger

22.6.2016

Hat mir gut gefallen. Die Zusammenarbeit sah zwischen den beiden etwa genau so aus, wie ich sie mir auch vorgestellt hätte - wenn ich es auch nicht über mich gebracht hätte, Rach dermaßen ungünstig dastehen zu lassen. Immerhin sind, soweit ich das bisher einschätzen kann, gerade das Beobachten und Bemerken seine ausgeprägtesten Talente. Aber in einer Rabbe-Geschichte wird Rabbe sicherlich auch auf ihre Art etwas zum Abschluss bringen müssen. ^^ Nett fand ich natürlich die beiden kurzen Hinweise zu Ophelia. Und dass Bregs sich am Ende etwas freut, war auch mal wieder schön.

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