Wie ein Pinguin

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von Lance-Korporal Laiza Harmonie (GRUND)
Online seit 02. 07. 2005
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Tropf ... Niesel ... Regen ... Sturm ... Wetter

Dafür vergebene Note: 10


Achtung, diese Single enthält zu 100 % keinen Fall.
Sie soll mich nur lange daran erinnern, wie nass ich in einer Juni-Nacht geworden bin und wie angenehm eine warme Dusche nach einem zweieinhalbstündigen Regenguss ist. ;-)



Der Geruch eines bevorstehenden Regens erinnerte Laiza Harmonie an ihre Heimat in Überwald. Wenn man ganz ehrlich zu sich selber war, dann gestand man sich ein, dass zwischen dem Geruch eines Schauers in Ankh-Morpork und einem in Überwald riesige olfaktorische Welten lagen. Die Lance-Korporal wusste das natürlich, denn kaum etwas machte einen stärkeren Eindruck in der Zwillingsstadt als der Ankh.
Doch wer eine gute Vorstellungskraft besaß konnte in seine Eigene Welt fliehen. Und so zog Laiza den imaginären Geruch von Tannennadeln und Rehen ein und natürlich den seltsamen aber angenehmen Duft, von Erde, die bald nass sein würde. Sie hörte das Prasseln und Plätschern der Regentropfen, wie sie durch das Dach der Bäume fielen und spritzend auf dem Boden auftrafen, falls sie nicht irgendwo anders hängen geblieben waren.
Heute war wieder solch ein Tag, in der ihre Geruchsnerven und ihre Gedanken von der Heimat träumten. Sie blickte aus ihrem Küchenfenster hinunter auf den kleinen Hinterhof. Dort standen einige Kisten vom Laden ihres Onkels Bartolus Harmonie herum, ein kleiner Stall beherbergte einige Hühner. Der Hahn steckte seinen Kopf aus der kleinen Luke heraus, drehte ihn nach links und rechts, so dass sein Kamm wild umher wackelte, und zog ihn sofort wieder zurück, als ihn ein Tropfen traf.
Es war ihm eindeutig zu ungemütlich, um jetzt heraus zu spazieren und den neuen Morgen zu verkünden.
Die Okkultismus Expertin blickte auf die Mechanische Uhr an der Wand, die die Uhrzeit mit halb fünf angab. Ihrer Meinung nach hatte der blöde Hahn noch ein wenig Zeit, bis er mit seinem ruhestörenden Lärm beginnen konnte.
Da fiel der nächste Tropfen... und ihm gesellte sich ein weiterer hinzu und eh man sich versah schüttete es aus Kübeln - wieder einmal
Laiza umklammerte ihre Tasse mit dampfenden Tee und erinnerte sich wieder. Sie hatte es geliebt bei solch einem Wetter in einem Hochstand zu sitzen oder in einer Höhle zu hocken, den Duft einzuatmen und zu beobachten, wie die Natur sich selbst bombardierte.
Ein Blitz zuckte vom Himmel.
Gewitter waren nur schön wenn man sie von einem trockenen Ort aus beobachtete.
Der Donner folgte kurz darauf.
Aber auch normaler Regen, war nichts, dass Laiza am eigenen Körper erleben wollte ... früher zumindest.

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ändert viele Dinge in einem. Während sie früher immer trockene Orte aufgesucht hatte, lernte sie in der Wache auf dem Posten zu bleiben oder Streife zu gehen.
Frei nach dem Motto Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Bekleidung. Meistens waren es die Stiefel, die sich bei einem Wächter als die größte Schwachstelle bei Regen herausstellten.
Was war der vergangene Tag anstrengend gewesen, er begann wie dieser...

Vor etwa zweiundzwanzig Stunden und weniger

Der Wind stürmte unaufhaltsam durch die Straßen und wirbelte über die Innenhöfe und Plätze der Stadt, als Laiza sich gerade auf dem Weg von der Morphischen Straße zum Rekrutenwachhaus befand. Oben am Himmel kollidierten riesige dunkle Wolken mit einander miteinander, doch die Wächterin beobachtete das Schauspiel über ihr nicht. Sie war viel mehr damit beschäftigt den Umhang um sich herum zu schlingen und mit gesenktem Haupt die Straße hinabzulaufen. Immer wieder verfing sich der Wind in ihrer Kapuze und blies sie ihr vom Kopf und jedes Mal zog sie sie wieder tief ins Gesicht. Der Regen schien von überall zu kommen, sogar von unten
Zuerst war sie recht stolz auf ihre Stiefel, denn ihre Socken und Füße waren die Hälfte des Weges trocken geblieben ... doch dann von einer Sekunde auf die nächste gab das braune Leder nach und ließ das Kalte schlammige Wasser, das sich auf den Straßen ansammelte hinein. Ein eisiger Schauer durchfuhr sie, als die Zehen mit dem kalten Nass in Berührung kamen.
Sie dachte an Früher, das gerade Mal eineinhalb Jahre zurück lag, und wie sie den Regen gehasst hatte, wenn sie ihm ausgeliefert war. Sie erinnerte sich, wie sie den Tränen nahe gewesen war, als sie ihre erste Wache im Dauerregen hatte verbringen müssen.
Eineinhalb Jahre, eine harte Ausbildung bei F.R.O.G. und vier Beförderungen lagen nun dazwischen, natürlich hatte sie deshalb nicht gelernt den Regen zu lieben ... aber sie konnte sich mit ihm arrangieren ... oder so.
Blitze zuckten und erhellten für wenige Augenblicke die in der Morgendämmerung liegenden Schatten. Es war gerade eine halbe Stunde vor Frau Willichnicht, als sie das Wachhaus betrat und die Tresendienstler und übrigen Rekruten aus den Träumen holte.
Einige Minuten redete sie über das Wetter, wie wichtig es doch für die Natur sei und der gleichen Dinge, und bot den Wächtern damit die Gelegenheit erst einmal richtig wach zu werden. Es schien sie jedoch nicht wirklich zu interessieren und erst als ein Blitz das Wachhaus erhellte und ein Donner grollte hörten sie den Lärm, der die ganze Szenerie untermalte. Mit einmal mal wurde ihnen bewusst, weshalb die Lance-Korporal überhaupt von Atmosphäre, Zirkulation und Tröpfchengröße sprach.
Sie schenkte ihnen ein Lächeln, das sie überhaupt nicht fröhlich stimmte. Lediglich diejenigen, die ohnehin vor Willichnichtzeit auf Streife hätten gehen müssen, umspielte ein amüsierter Gesichtsausdruck.
Laiza war der Meinung, das jeder so schnell wie möglich lernen musste, was es bedeutete ein Wächter zu sein; bei jedem Wetter.
Was gab es besseres, als alle gleichzeitig in das Unwetter zu schicken ... alle bis auf die zwei Tresendienstler, die im heutigen Fall Eulalia Wieselig und Asgar Tennhaus waren. Die zwei waren sich allerdings noch nicht sicher, ob sie sich über ihren trockenen Aufenthaltsort freuen sollten.


Sie hatte jedem eine Streifenstrecke verpasst, die etwa eine Stunde in Anspruch nahm. Die Rekruten zeterten herum und setzten grimmige Blicke auf. Laiza fand es gnädig, eine Stunde bei starken Regenfällen herum zu laufen war besser als bei Sauwetter unter Oberfeldwebel Breguyars Kommando durch den Schlamm zu robben.
Durch die Schatten waren sie jeweils in Paaren gelaufen, schließlich konnte man nicht sicher sein, dass auch die Verbrecher bei diesem Wetter zu Hause blieb, außerhalb der Schatten gingen einige Rekruten auch alleine.
Esus von Tara war einer der letzteren. Eigentlich wollte Laiza ihn auf Grund seiner Größe nicht alleine gehen lassen, doch der Gnom hatte auf einem Alleingang beharrt.
Die Rekruten hatten sich mit Umhängen und Helmen ausgerüstet, in der kargen Hoffnung dem Wetter somit zu trotzen. Laiza amüsierte sich - doch alles was sie versuchten würde nichts bringen.
Bevor er das Wachhaus verließ schüttelte Esus erwartungsvoll seinen Beutel und wühlte darin herum. Sein Beutel... das wundersame Machwerk irgendeines Zauberers oder ähnlichem... ließ ihn einen Fingerhut hervorziehen.
Skeptisch besah er sich ihn und schnaubte verächtlich. Seiner Ausbilderin war sein vorhaben erst nicht klar, aber sie kombinierte seinen Blick zwischen dem Fingerhut und dem reißenden Bach der draußen die Kröselstraße darstelle, und mutmaßte, dass der Gnom eine glorreiche... und fatale Idee für seine heutige Fortbewegung gefunden hatte. Doch selbst für einen sechzehn Zentimeter großen Gnom war ein Fingerhut eindeutig zu klein und so setzte er ihn kurzer Hand auf seinen Schädel und befragte seinen Beutel erneut.
Laiza und die zwei Tresendienstler beobachteten ihn interessiert, wovon er sich allerdings nicht beirren ließ. Alle waren inzwischen aufgebrochen, nur er kramte noch und was er diesmal hervorzog war ein Bastkörbchen und ein Löffel.
Er schien glücklich zu sein...
Aber er schien einige wichtige Dinge nicht bedacht zu haben... noch ehe seine Ausbilderin ihn aufhalten konnte, war er mit seinem, Korb, Löffel und dem Fingerhut durch das Wachhaustor und ins kalte Nass gesprungen.
Eigentlich hatte Laiza sich eine Tasse Tee gönnen wollen, bevor sie selbst wieder in das Unwetter hinaus gehen wollte - Abgesehen davon, dass Esus gerade selbstmörderisch veranlagt war, war es auch schon fünf vor Wilichnichtzeit. Und Laiza bezweifelte, dass die wuchtige Frau sich von solch einem Sauwetter abhalten ließ ihre tägliche Pflicht gegenüber den Wächtern zu vernachlässigen.
Plötzlich waren die zwei Rekruten am Tresen wieder allein, Eulalia schloss die Tür hinter der heraus gestürmten Lance-Korporal.
Heute machte der Platz Klebengeblieben, der Kröselstraße, Steinbruchweg, Ulmenstraße und Bescheidene Straße verband, seinem Namen keine Ehre.
Sie hastete die Straße herunter und hoffte inständig, dass Esus etwas Besseres aus dem Hut... äh Beutel zaubern konnte, bevor er in den Fluten, die ihre Stiefel umspielten und ihre Socken durchnässten, ertrank. Von weitem sah sie ihn in den Strömungen auf dem Klebengeblieben Platz und sein Bastkorb schien sich nicht genau entscheiden zu können, wohin er wollte. Der Rekrut selbst war damit beschäftigt mit Hilfe des Fingerhutes das steigende Wasser aus dem ungeteerten Bastkorb zu schöpfen.
Laizas Uniform klebte inzwischen an ihrem Körper, denn sie hatte sich nicht wieder in ihren schützenden Umhang eingewickelt, als sie hinter ihrem Schützling her gerannt war. Ihre Haare hingen ihr in nassen Strähnen ins Gesicht, das vom Wind rot gefärbt war. Durch den unerlässlich fallenden Regen, erkannte sie, wie er plötzlich etwas aus seinem Beutel zog, es war dünn und lang und als er es ganz in der Hand hatte holte er damit aus. Plötzlich kippte der Bastkorb um und Esus war weg.
Zu erst rannte sie dem Korb hinterher, der sich nun für die Ulmenstraße entschieden hatte, doch dann sah sie für wenige Augenblicke eine Reflektion durch die Regenwand hindurch scheinen. Seine Wachemarke!
Sie hob den kleinen Gnom aus dem Wasser, der sich mit Hilfe einer Miniangel an einer Laterne festgebunden hatte. Von oben bis unten nass japste er nach Luft und fror, bitterlich. Er packte seine Marke, die ihm das Leben gerettet hatte wieder in den Beutel, der ihm zum Glück nicht abhanden gekommen war, und versuchte aus ihm etwas Warmes zu ziehen, doch alles was er herausholte war nass.
Sie brachte ihn ins Wachhaus... beziehungsweise schob ihn durch einen kleinen Spalt in der Tür hinein, denn von drinnen drang die Stimme einer gewissen Frau nach draußen.
Sie machte sich auf den Weg, um die anderen Rekruten zu kontrollieren.
Die anderen Rekruten verhielten sich genauso, wie Laiza es von vornherein vermutet hatte. Auch wenn sie schon nach kurzer Zeit nass bis auf die Haut waren verkrochen sie sich immer wieder in diversen Hauseingängen, vor dem bombenartigen Regen.
Nichts anderes hatte sie am Anfang ihrer Rekrutenzeit ebenfalls getan, doch das brachte einen nicht weiter. Wächter zu sein war ein schweres Los und so ging sie die Routen ab und scheuchte jeden einzelnen aus seinem Versteck, hinaus in den prasselnden Regen und den eisigen Wind, der einem die Haare zu berge stehen ließ.
Im achatenen Reich war Wasser sogar eine beliebte Foltermethode. So wurden den Gefolterten der Kopf festgebunden und in einem regelmäßigen Abstand fiel dem Leidenden einen Tropfen auf den Kopf. Hörte sich nicht sehr grausam an, war es aber. Ein lang anhaltender starker Regenguss, war für die Rekruten ebenfalls eine Folter, sogar eine so grausame, das einigen der Gedanke kam, lieber im Wachhaus zu sein und sich mit Frau Willichnicht und ihren täglichen Problemen herum zu schlagen, anstatt zu patrouillieren.
Der Umhang hing schwer auf ihren Schultern und bot nur noch geringfügigen Schutz, zumindest konnte sie den Wind von ihrer nassen Uniform abhalten.
Sie fühlte sich wie ein Pinguin, als sie auf dem Weg zurück zum Wachhaus war, durch ihre nasse Hose, die an Beinen und Hintern klebte, watschelte sie mehr, als das sie lief. Ihre Augen waren gerötet, ihr Kopf tat weh von den großen Tropfen und ihre Zehen froren durch das Meer, das sich in ihren Stiefeln gebildet hatte.
Als die Rekruten etwa eine Stunde nach Aufbruch wieder im Wachhaus waren, bildeten sie einen Haufen nassen Elends.
Die Lance-Korporal freute sich auf ein Handtuch und eine heiße Tasse Tee und darauf dass heute nicht mehr viel passieren würde.
Die Tresendienstler hatten Frau Willichnicht überstanden und waren froh, nicht in den Sturm gewesen zu sein.
"Und was machen wir jetzt?" fragte Esus und erntete böse Blicke seiner Mitrekruten.




Geht nicht auf das Wetter los! Wenn es sich nicht hin und wieder ändern würde, könnten neun von zehn Leuten kein Gespräch beginnen.

Ken Hubbard (1868 - 1930), auch Kin, eigentlich Frank McKinney, US-amerikanischer Humorist und Karikaturist


Es bringt uns Sonne ins Gemüt,
Schneematsch auf den Teppich,
Nebel ins Gehirn und Regentropfen auf die Brille.

Erhard Horst Bellermann (*1937), deutscher Bauingenieur, Dichter und Aphoristiker



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Feedback:

Von Thask Verschoor

09.07.2005 15:40

Ich fand die Single recht gut. Dein Schreibstil gefällt mir und die Atmosphere war recht romantisch und wurde dann später aufregend. Das du keinen Fall draus gemacht hast hast du ja schon am Anfang geschrieben. Gefiel mir jedenfalls.

Von Rea Dubiata

10.07.2005 00:41

Atmosphärische Beschreibungen: Ja. :) Es war sehr schön, mal einfach etwas zu lesen was nicht unbedingt gleich was zu bedeuten hat, sondern einfach nur beschreiben soll und Gedanken sortiert.
Was natürlich ein großes Manko war, war die fehlende Äktschn, was deine Single ziemlich zu einer Geschmacksfrage werden ließ. Du hast eine gute Stilgrundlage, doch immer wieder denke ich: "Warum macht sie eigentlich nichts draus?" Du könntest da soo viel mehr mit machen, aber mE wirken deine Singles ab und zu ein wenig brüchig. Zu umgangssprachlich, manchmal, dann sind es wieder Winzfehler in der Satzkonstruktion, die manche Ideen ein wenig untergehen lassen. Jedenfalls empfinde ich das manchmal so.. und wie gesagt, es ist wirklich eine "Geschmacks-Single". Entweder man lässt sich darauf ein, dass es keinen Fall gibt oder man ist nachher frustriert. Ich habe ganz unabhängig von der "Falllosigkeit" ein Pünktchen höher bewertet und denke, dass ich damit so ungefähr die Note für deinen Stil getroffen habe, eine Note die ich normalerweise dann vergebe (und ggf aufstocke oder wieder absetze.. ;)) wenn alles flüssig zu lesen ist und ich Potential sehe. Der Stil ist wie Thask schon schrieb recht gut, nur es geht fast immer besser und ich denke du hast es drauf, besser zu werden. :daumenhoch:
*pokey lesen geht* :evilgrin:

LG,
Rea

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