Ein besonders tiefer Fall

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von Wächter Stump von Schwamp (GRUND)
Online seit 08. 09. 2002
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Bei S.E.A.L.S herrscht Personalnotstand. Nutz das, um mit deinem Ausbilder auf Streife zu gehen.

Dafür vergebene Note: 10

Anmerkung: Diese Geschichte spielt zu der Zeit, als Stump gerade erst zur Wache gekommen ist. Also zu der Zeit, als auch Johann Zupfgut noch dabei war, Shorty noch ein Rekrut war, und Irina Lanfear noch nicht Ausbildungsleiterin.
Und außerdem ist der Lebenslauf, den er abgibt anders, als der in der Charakterisierungsliste (einige Dinge wurden bei diesem Lebenslauf weggelassen).


Das war jetzt also Stumps allererster Auftrag bei der Wache. Er durfte den Abort reinigen. Und alles nur, weil er zu Atera gesagt hatte, dass ihr Name wie eine Blutvergiftung mit anschließenden Kreislaufbeschwerden klang.

"Vielleicht sollte ich mir vorher überlegen, an wem ich meine Sprüche verwende," dachte sich Stump, während er merklich angeekelt die braune Kruste, die immer unter den Rändern haften blieb wegwischte, "wenn ich mit meinem lockeren Mundwerk weiter so umgehe, dann werde ich den Abort wahrscheinlich gar nicht mehr verlassen können, so viel werde ich zu schrubben haben." Und so putzte Stump weiter und weiter und weiter.....

Patsch. Ein leichter Schlag auf die Wange weckte Stump auf.

"Stump, aufwachen", sagte eine weibliche Stimme. Stump öffnete die Augen, und blickte in das bleiche Gesicht Ateras, das ihn verlegen anlächelte
"Was, was ist los ?", fragte Stump und wirkte dabei ziemlich verwirrt.
"Du bist beim Putzen eingeschlafen," sagte Atera ruhig und holte tief Luft, "...und außerdem habe ich dich bei der ganzen Arbeit, die ich hatte, gänzlich vergessen. Und du bist mir erst wieder eingefallen, als mich Gonzo nach dem neuem Rekruten fragte. Ist das nicht komisch ?"
"Ja. Sehr sogar," sagte Stump, während er sich den Schlaf aus den Augen rieb, und sich danach zu einem müden Lächeln zwang, "wie lange habe ich geschlafen ?", fragte er dann.
"Ähh, ungefähr vier Stunden. Aber mach dir nichts draus. Du hast ja sowieso nichts versäumt. Deine Ausbilderin ist ja auch noch nicht da. Sie verspätet sich oft und viel, musst du wissen."
"Danke, jetzt weiß ichs," sagte Stump und stand auf, "wohin muss ich eigentlich ?"
"Den Gang entlang, und dann die zweite Tür rechts. Den Rekrutentest kannst du auch ohne Ausbilderin machen. Du musst nur Gonzo danach fragen. Viel Glück," eine kurze Pause folgte, "...und Entschuldigung dafür, dass ich dich hier vergessen habe. Du weißt ja, Zombies sind auch nur Menschen. Besser gesagt, Zombies waren einmal Menschen. Ich hoffe jedenfalls, du hast jetzt wenigstens deine Lektion gelernt," meinte Atera und fügte einen ernsten Gesichtsausdruck hinzu.
"Jaja, habe ich. Ich werde nie wieder zu einem Zombie sagen, dass sein Name wie eine Blutkrankheit klingt," grinste Stump, und rannte dann zu Gonzos Büro.
"So ähnlich", rief ihm Atera nach, und sprach dann zu sich selbst: "Der Junge hat noch viel zu lernen."

Nachdem er noch ungefähr viermal nach dem Weg gefragt hatte, erreichte Stump schließlich das Büro des Vampirgnoms. Er klopfte an.
"Die Tür ist offen," schallte es durch das Holz, "kommen Sie rein." Stump öffnete die Tür und trat hindurch.
"Ach, der Rekrut von Schwamp," sagte Gonzo, "nun, deine Ausbilderin ist noch nicht da. Sie verspätet sich sehr gern, musst du wissen."
"Ja Sir, ich weiß Sir, Atera hat mir das schon gesagt," erwiderte Stump.
"Aaah, ich sehe, du hast schon jemanden kennengelernt, hat sie dir schon etwas über die Wache gesagt?"
"Sie hat mir die Aborte gezeigt, Sir. Und den Weg in ihr Büro."
"Hat sie dir sonst noch etwas gesagt?", fragte der G.R.U.N.D.Chef.
"Nun, sie hat mir erklärt, wie man einen Abort richtig putzt."
"Dann warst du also respektlos zu ihr?", stellte Gonzo fest, und musste grinsen, "ich würde dir raten, dass zu unterlassen, wenn du hier weiterkommen möchtest."
"Ich werde es mir merken, Sir," gab Stump zurück, und fragte dann: "Sie hat noch etwas von einem Rekrutentest erwähnt, und dass ich ihn auch ohne Ausbilderin machen kann. Ich würde dass jetzt gerne tun."
"Gut, hier ist er," sagte Gonzo, und gab ihm den Zettel in die Hand.
"Werde ich bestraft oder so, wenn ich zu viele Fehler habe?", fragte Stump.
"Nun, es könnte sein, dass du geteert und gefedert wirst, und dass dir der Kopf abgeschlagen wird, wenn du zu viele Fehler machst, aber ansonsten....", Gonzo blickte in Stumps Gesicht, das plötzlich blass wurde, und sagte dann: "Keine Angst, mit dir passiert nichts. Ich habe bloß gescherzt. Der Test ist nur dazu da, um zu sehen, wie viel die Rekruten bereits wissen."
"Dann ist es ja gut," sagte Stump erleichtert, und machte sich über den Test her.

"Sehr gut!", lobte Gonzo, "Du hast den Test mit nur einem Fehler gemeistert. Das ist ein tolles Ergebnis. Wie hast du das geschafft?"
"Ach, da wo ich herkomme, gehört das zur Allgemeinbildung," sagte Stump mit gespielter Bescheidenheit. Tief in seinem Innern musste er jedoch lachen. Er wusste: beim Raten hatte er immer Glück.

Die Tür zu Gonzos Büro öffnete sich mit einem Knarren. Es war ein leises, geschundenes Knarren. Als würde sie die Anstrengung nicht mehr lange ertragen können andauernd auf- und zugeschmissen zu werden. Als würde sie -langsam aber sicher- altersschwach werden.
Ein Kopf auf dem lange, schwarze Haare ruhten schob sich vorsichtig durch die Tür. Dann der Körper. Als wolle die Person niemanden belästigen.
"Guten Morgen Sir!", sagte die Person, bei der es sich um Stumps Ausbilderin Irina Lanfear handelte.
"Auch ich wünsche einen guten Morgen. Obwohl es schon halb sieben am Abend ist," zeigte Gonzo ein wenig ungehalten über Irinas Zuspätkommen.
"Wirklich? Und ich hab mich schon gewundert, warum die Sonne schon am Untergehen ist. Das dumme Ding hat also anscheinend wieder einmal den Geist aufgegeben", sagte Irina und holte eine Taschenuhr hervor, die ziemlich wertvoll aussah.
"He!", stellte Stump fest, "so eine hatte ich auch einmal. Allerdings wurde sie mir gestohlen, als ich meine zweite Wohnung in Ankh-Morpork bezog."
"Oh," sagte Irina mitleidig und ließ die Uhr schnell in die Tasche zurückrutschen, als wollte sie etwas verbergen, "das tut mir leid."
"Muss es nicht," gab Stump zurück, "das Ding war praktisch wertlos. Für die Uhr galt eindeutig das Sprichwort: Mehr Schein als Sein."
"Nun, dann ist es ja gut," sagte Irina, "ach ja, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Wie unhöflich von mir. Also, ich bin Irina Lanfear, deine neue Ausbilderin. Ich hoffe, wir werden eine schöne Zeit während deiner Ausbildung haben und so weiter und so weiter. Du kennst die Ansprache wahrscheinlich schon. Klingt ja doch überall gleich."
"Mein Name ist Stump von Schwamp, und ich bin –wie es scheint- ihr neuer Rekrut Ma’am. Meinen Lebenslauf haben Sie ja sicher schon gelesen."
"Habe ich allerdings," sagte Irina, "Du scheinst ganz schön viel herumgekommen zu sein. Was hat dich eigentlich zur Wache getrieben?"
Langeweile, Geldnot, Hunger und der Faktor, dass die Wache jeden dahergelaufenen Idioten aufnimmt, solange er seinen eigenen Namen buchstabieren kann, dachte Stump, log jedoch: "Ich möchte dabei behilflich sein, die unlizensierte Kriminalität auf ein Minimum zu reduzieren und das Gesetz dieser Stadt vertreten."
"Sehr gut!", lobten Irina und Gonzo fast gleichzeitig, "solche Leute brauchen wir." Dann fuhr Irina fort: "Gut. Dann können wir für heute Schluss machen. Den Rest erfährst du dann morgen. Dann werde ich dir zeigen, wie alles abläuft. Auf Wiedersehen."
"Nun, dann bis morgen," sagte Stump und ging zur Tür hinaus. Die Tür knallte zu. Es war ein lautes Knallen. Als wolle sich die Tür beschweren.

Am nächsten Tag fand sich Irina (natürlich wieder mit einer sehr großen Verspätung aber trotzdem früher als sonst) in der Eingangshalle des Wachhauses ein. In ihrer Begleitung befand sich ein Mann, der einen Zwerg oder etwas ähnliches im Schlepptau hatte (bei näherem Hinsehen erkannte man, dass der kleinere doch kein Zwerg war, sondern lediglich ein zu klein geratener Mensch, außerdem hatte er keinen Bart, trotzdem erinnerte irgendetwas an dem kleinen Kerl an einen Zwerg). Stump wartete schon.
"Oh, hallo Stump," begrüßte Irina ihren Rekruten, "die Beiden hier sind Johann Zupfgut und Shorty, sie werden uns heute Nachmittag beim Streifegehen begleiten."
"Äh," entfuhr es Stump, "ist es nicht ein wenig zu früh, um auf Streife zu gehen? Ich meine, gibt es da nicht eine eigene Abteilung dafür?"
"Du meinst S.E.A.L.S.?," stellte die Ausbilderin fest, "Jaja, das stimmt schon, aber es gibt bei ihnen zur Zeit einen Mangel an Arbeitskräften, und deshalb hat man Korporal Zupfgut und mich gebeten, unsere besten Rekruten gleich auf das Wächterleben vorzubereiten." Irina lächelte.
Stump wusste nicht wie Irina das mit dem 'besten Rekruten' meinte. Man konnte einen Rekruten nicht schon nach dem erstem Tag beurteilen. Andererseits: Stump war zu diesem Zeitpunkt auch ihr einziger Rekrut. In einem solchen Fall ist es nicht schwer der beste zu sein.
Stump blickte ein wenig desorientiert.
"Was ist," fragte Rina, "freust du dich nicht?"
"Ähh, doch, schon,..", gab Stump zurück. Es war gelogen. Er freute sich nicht nicht, er freute sich überhaupt nicht. Stump konnte sich besseres Vorstellen, als durch die Straßen zu ziehen, und den Betrunkenen beim Erbrechen zuzusehen. Sogar sehr viel besseres.
Wie dem auch sei. Das Gespräch, und der Lauf von Stumps Gedanken wurden jäh beendet.
Denn plötzlich meldete sich Korporal Zupfgut zu Wort, der die ganze Zeit über dagestanden hatte und Stump gemustert hatte. Irgendwo hatte er ihn schon einmal gesehen: "He, ich kenne dich doch," sagte er mit dem Blick einer Hyäne, die soeben ein Opfer witterte, "Du bist der, der gestern den Abort geputzt hat." Ein dämonisches Lächeln machte sich auf seinen Lippen breit. "Na, wie wars da?"
Stump blickte zu ihm und erwiderte dann in einem gelassenem, ziemlich respektlosem Ton: "Ich hoffe du weißt, an welchem Körperteil mir das vorbeigeht."
"An welchem denn?," fragte Zupfgut provokant.
"An dem, der deinem Gesicht am meisten ähnelt," antwortete Stump ruhig.
Das war ein wenig zu viel. Johann sah sich in die Defensive gedrängt, und begann zu drohen: "Ach," sagte er, "Respektlosigkeit gegenüber Vorgesetzten. Und dann hast du mich noch nicht einmal mit 'Sie' angesprochen. Dass werden wir dann gleich mal dem Kommandeur Rince melden. Mal sehen, was der dazu sagt."
Stump blickte ein wenig angsterfüllt zu Rina.
"Jag ihm nicht solche Angst ein," sagte sie zu Johann, "in so einem Fall habe hier immer noch ich als seine Ausbilderin das Sagen. Oder Gonzo als Abteilungsleiter." Dann sagte sie zu Stump: "Keine Angst, er ist ein wenig griesgrämig, und besitzt manchmal eine etwas eigene Auffassung von Humor. Es wäre besser, wenn du ihn in Zukunft meiden würdest."
Stump nickte. Manche Menschen waren wirklich ein wenig humorlos. (Das galt Stumps Ansicht nach auch für einige Zwerge, Elfen, Gnome und Dämonen. Trolle waren für Stump eine Ausnahme. Sie waren zu dumm für Humor.)
Später führte Rina Stump noch im Wachhaus herum, und zeigte ihm so alle wichtigen Einrichtungen, die sich hier befanden.
Am Nachmittag fanden sie sich schließlich vor dem Wachhaus ein, um gemeinsam mit Johann und Shorty auf Streife zu gehen.

Der Rest des Tages verlief ziemlich ereignislos. Johann Zupfgut erledigte (auf ziemlich heldenhafte Weise) einige unlizensierte Räuber, die sich an einer älteren Dame vergehen wollten und führte mit einem Menschen der knapp vor dem Selbstmord stand, ein langes Gespräch und half ihm so seine Suizidgedanken auf ein Abstellgleis mitten im geistigen Nirgendwo zu stellen, und ein neues Leben zu beginnen. [1]
Außerdem widmete er einer (seiner Meinung nach) schönen, jungen Frau ein Lied, was dazu folgte, dass sie so schnell es ging aus der Stadt rannte.
Der Rest der Wächter sah Zupfgut während all seinen Aktionen mehr oder weniger respektvoll zu.
Na gut. Der Tag verlief nicht ereignislos. Sagen wir einfach, der Tag verlief weitestgehend gefahrlos. Zumindest für die Wächter.

"Also ich hätte jetzt Lust, den guten Verlauf dieses Tages gebührend zu feiern," sagte einer der Wächter (Stump konnte im Nachhinein nicht mehr sagen, wer es war. Er wusste nur eines: Er war es nicht), "Natürlich alkoholfrei."
"Gute Idee," sagte ein anderer Wächter, "Ich würde sagen, wir gehen in die geflickte Trommel."
Alle stimmten diesem Vorschlag zu.

"He, in der Trommel gibt es eine Schlägerei, ich würde hier lieber nicht reingehen," sagte Stump, als sie auf das Wirtshaus zuschritten. Er wurde jedoch von den anderen Wächtern mitgeschleift und war so gezwungen, das Gasthaus zu betreten. "Lasst mich los!!! Lasst mich los!!!", schrie Stump ,"He, was machst du da mit der Flasch...."

Was Stump als nächstes sah, zeichnete sich durch eine überaus dunkle Dunkelheit aus.

"He-e, Stu-ump, aufwachen," Irina ließ einen Finger über Stumps Gesicht kreisen.
"Wa-was ist passiert," fragte Stump benommen. Er war gerade erst wieder zu sich gekommen.
"Nun, es gab eine Schlägerei, und im Zuge dessen wollte jemand deinen Kopf als Flaschenöffner missbrauchen, " erklärte Stumps Ausbilderin, "allerdings hat er die Flasche auf der falschen Seite geöffnet." Sie deutete auf Scherben, die am Boden verstreut lagen.
"Ich wusste gar nicht, dass dein Kopf so hart ist," witzelte Johann Zupfgut, der zwei Männer am Genick gepackt hatte und ihre Köpfe gegeneinander stieß. Dann ließ er sie los und sie sanken ohnmächtig zu Boden. "Hier liegt derjenige, der dich geschlagen hat. Wir dachten, du würdest ihm gern selbst sagen, was du von ihm hältst."
"Und am besten verhaftest du ihn dann auch gleich," sagte Irina, "Ich denke, das könnten wir dir dann als deinen ersten Fall durchgehen lassen."
Stump schaute auf die Gestalt, die am Boden lag. Es handelte sich dabei um einen ohnmächtigen Mann mit einer Beule am Kopf. Anscheinend zeichnete sich Zupfgut dafür verantwortlich. Der Täter war ziemlich schmächtig und wenn man genauer sah, konnte man einen leichten Bartansatz erkennen.
Ich habe ja doch keine andere Wahl, dachte Stump, und ohrfeigte den Mann, der daraufhin zu sich kam. "Ich verhafte dich im Namen der Stadtwache von Ankh-Morpork!", schrie Stump, "du hast das recht zu Schweigen oder deinen Mund zu halten. Alles was du jetzt sagst, kann und wird am Galgen gegen dich verwendet werden!" Stump blickte stolz zu den anderen Wächtern. Sie blickten ein wenig verwirrt, und schüttelten synchron die Köpfe. "Habe ich etwas falsch gemacht?", fragte Stump verdutzt.
Rina antwortete: "Nun, er kommt nicht auf den Galgen. Wir bringen ihn lediglich ins Gefängnis."
"Oh," sagte Stump, "also dann nochmal, alles was du jetzt sagst, kann und wird im Gefängnis gegen dich verwendet werden. So besser?"
Synchrones Nicken von Seiten der Wächterkollegen.
"Also gut, gehen wir!", sagte Stump in strengem Ton zum Täter. Er hatte seine Hand fest um den dünnen Arm des Manns geschlossen. Dachte er zumindest. Er konnte ja nicht ahnen, dass in diesem kleinen Kerlchen solche Kräfte steckten. Denn plötzlich riss er sich von Stump los, und lief davon. Verdammt, dachte Stump und blickte zu seinen Kollegen, die vorangegangen waren.
"Also ich denke, Stump sollte ihn alleine Verfolgen. Schließlich ist es ja auch sein Fall," sagte Johann Zupfgut. Er setzte wieder sein dämonisches Lächeln auf. "Was denkst du davon, Irina?"
Sie antwortete: "Nun, im Grunde genommen hat Johann recht. Aber..."
Stump hoffte, dass irgendetwas wie: "Aber wir können dich doch nicht alleine diesem Typ nachlaufen lassen." oder etwas ähnliches kommen würde. Stattdessen sagte Irina: "Aber pass auf dich auf, wenn du ihn verfolgst. Es ist nicht gut für die Finanzen der Wache, wenn wir dein Begräbnis zahlen müssen."
Ach wie aufmunternd, dachte Stump, und machte sich auf, dem Täter hinterher zu rennen.

"Heiße Würstchen! Heiße Würstchen! Heiße Würs..."
"Aus dem Weeeee..."
KRACH
Stump sah sich um. Er lag inmitten einer Tagesration von Schnappers Würstchen. Er wollte schon immer wissen, wie viele davon Schnapper dabei hatte. Jetzt wusste er es: Zu viele, um sie alle zu überleben.
"Ent- Entschuldigung, Ruin," sagte Stump verwirrt und hob ein Würstchen auf, um es Schnapper zu geben, der ein wenig weiter weg auf dem Rücken lag, und zappelte wie eine Schildkröte, die man auf den Panzer geworfen hatte. Stump half ihm aufzustehen.
"Ohh, das ist kein Problem, ich bin es ja gewohnt, dass meine Würstchen im Dreck liegen," sagte Schnapper sarkastisch. Obwohl das eigentlich die Wahrheit war. Niemand aß eines von Schnappers Würstchen freiwillig, ohne es wegzuwerfen. Und wer weiß, woher Schnapper seine Würstchen bezog.
"Ich habe doch schon gesagt, dass es mir leid tut," erwiderte Stump.
"Ohhh, natürlich tut es dir leid. Es wird dir noch vielmehr leid tun, wenn du die Würstchen bezahl-l-ls...", er sah, dass Stump ein Wächter war, "Ohhh, Entschuldigung werter Herr Wächter, ich, ich wusste nicht. Ach was solls. Es sind ja gar nicht alle Würstchen dreckig. Ein paar sind ja noch sauber, und ich habe ja auch noch einige, die nicht herausgefallen sind. Willst du nicht ein Würstchen? Nur fünfzehn Cent."
"Eigentlich nicht. Ähh, hast du vielleicht einen kleinen Kerl mit einer großen Beule am Kopf gesehen?"
"Ahhhhh, der Herr will Informationen," in Schnappers Augen blinkten Dollarzeichen, "Nun, wie der Zufall so will, habe ich gerade Informationen im Angebot. Nur zwanzig Cent. Und es gibt ein Würstchen gratis dazu."
Stump kramte in all seinen Taschen und fand schließlich siebzehn Cent, ein zerknülltes Blatt Papier, zwei kleinere Nägel und einen zerquetschten Käfer. Stump ließ sein Geld immer in seiner Wohnung zurück und nahm meist nur wenig mit.
"Gibt es nicht so etwas wie einen Wächterrabbatt?," fragte Stump hoffnungsvoll.
"Natürlich, wie viel hast du dabei"
"Siebzehn Cent," antwortete Stump.
"Also gut," sagte Schnapper, "aber nur, weil du es bist. Ich habe einen Mann gesehen, der zu deiner Beschreibung passt. Er lief sehr schnell, und hat ziemlich gehetzt ausgesehen. Ich glaube, er rannte zur Unsichtbaren Universität."
"Oh, danke," sagte Stump und rannte weiter.
"He, dein Gratiswürstchen," rief ihm Ruin nach. Stump machte noch einmal kehrt, und holte es ab. Er steckte es in eine seiner Taschen. Man weiß ja nie...

Schnaufend kam Stump bei der Unsichtbaren Universität an. [2] Er hatte den Flüchtigen bis jetzt immer in Sichtweite gehabt. Und dann rannte der Täter in die Bibliothek.
Stump war kurz davor, die Bibliothekstür zu öffnen, als er plötzlich eine Stimme hörte: "Heeeeee! Bist du nicht Stump von Schwamp?"
"Und bist du nicht einer von den Idioten, mit denen ich das Zimmer teilen musste?" Der Zauberer fasste es nicht als Beleidigung auf. Er war betrunken.
"Ich bin Quaddel Mennige. Erinnerst du dich nicht?"
"Leider doch."
"Warum wollen wir nicht auf mein Zimmer gehen, und ein wenig auf die guten alten Zeiten anstoßen?"
"Die alten Zeiten waren nicht gut. Ich verstehe immer noch nicht, wie ihr als Zölibaten leben könnt."
"Indem wir keinen Sex haben. Jetzt komm schon. Ich habe das beste alkoholische Gesöff, das du in ganz Ankh-Morpork finden kannst, unter meinem Bett. Und du willst behaupten, dass du nichts möchtest?", Quaddel drängte Stump förmlich mitzugehen.
"Na gut," sagte Stump widerwillig. Und dann ein wenig freudig: "Ein Gläschen oder zwei von dem Zeug können ja nicht schaden."

Eine halbe Stunde später wankten Stump und Quaddel aus dessen Zimmer.
"H-he Schtumb, lass uns was singen."
"Was denn Kwaddel?"
"Hmm ich weiß nich' so recht. Wie wärs mit dem Lied von dem Ding mit dem Ding am Ende?"
"Kling' gut. Wie is der Text?"
"Ich hab keine Ahnung. Irgendwie so: Ein sau... Ein sau...."
"Welche Sau?"
"Na du weißt schon, das Ding das die Sau.... Naja, das Ding, das wir immer in der Hand hielten."
"Ein Sauberstab?"
"Ja ghenau. Ein Sauberstab."
"Was ist damit?"
"Nun, ich weiß nicht. Es ist nur der Text dieses Liedes."
"Wie geht der?"
"Ein Sauberstab had einen Knauf am Ende. Oder so."
"Einen Knauf? Was ist ein Knauf?"
"Na du weißt schon, die kleinen runden Dinger."
"Ach so, du meinst einen Kaufmann."
"Nein, kein Kaufmann. Ein Knauf."
"Aber die meisten Kaufmänner, die ich kenne sind klein und rund."
"...und die meisten Knäufe die ich kenne sind das auch. Außerdem wäre es barbarisch, einfach so einen Kaufmann mit einem Stock zu durchbohren."
"Ist es etwa nicht barbarisch, einen Knauf mit einem Stock zu durchbohren?"
"Ein Knauf wird nicht durchbohrt."
"Was passiert sonst?"
"Keine Ahnung, aber er wird nicht durchbohrt. Ähhhhh, was sagtest du noch mal, führt dich hier her?"
"Meine Füße."
"Nein, ich meine weswegen bist du hier?"
"Weil meine Ausbilderin das so wollte."
"Und warum wollte sie es so?"
"Ich soll jemanden suchen, der mich ohnmächtig geschlagen hat."
"W-wo hassu ihn zuledzt gesehen?"
"Als er in die Bibliothek wollte. Wieso?"
"Ich glaube, ich werde dir helfen, ihn zu suchen."
"Tu was du nicht lassen kannst."

In der Bibliothek herrschte Stille. Keiner der Zauberer war spätabends noch hier. Der Bibliothekar schlief. Eine große Gestalt im Kapuzenmantel wandelte durch die Bücherregale.
"Halt," herrschte ihn Quaddel an. Die Gestalt blieb stehen. unter der Kapuze funkelten zwei Saphire.
"WAS IST?" Stump merkte plötzlich, im Gegensatz zu Quaddel, mit wem er es zu tun hatte. Er wurde von einem Moment auf den anderen Stocknüchtern und unruhig.
Quaddel war, obwohl er betrunken war noch immer überaus trickreich. Er wusste, dass ihm der Tod keine Auskunft geben würde, wenn er ihn nur nach dem jetzigen Verbleib des Typen fragen würde. Stattdessen fragte er: "Hassu den Typ gesehen, der der hier links entlang lief, und ziemlich gehetzt aussah?"
Quaddels Vorahnung wurde wahr. Der Tod antwortete: "ER IST NICHT LINKS ABGEBOGEN."
"Wohin lief er dann?"
"ER RANNTE ERST RECHTS, UND DANN LINKS. DANACH HIELT ER SICH EINE WEILE LANG RECHTS. JETZT STEHT ER IN EINER SACKGASSE."
Quaddel sah den Tod grinsend an. Dann bekam er einen Lachkrampf, fiel um und rührte sich nicht mehr.
"Ist er...", fragte Stump.
"NEIN, ER LEBT NOCH. ER HAT SICH LEDIGLICH OHNMÄCHTIG GELACHT."
"Geht das denn?"
"MIT EINER GEWISSEN MENGE ALKOHOL IM BLUT – JA."
"Und wieso hat er sich ohnmächtig gelacht?"
"ER WAR AMÜSIERT DARÜBER, DASS ER DEN TOD HEREINGELEGT HAT," sagte Tod. Und dann: "DAMIT BIN ICH GEMEINT."
"Du kommst also nicht, um mich oder ihn zu holen?"
"WEDER IHN, NOCH DICH. UND AUCH NICHT DIE PERSON; DIE DU SUCHST. DU KÖNNTEST NICHT DAS VERGESSEN, WAS ICH GERADE GESAGT HABE?"
"Tut mir leid. Kann ich nicht. Ich muss jetzt gehen."
"WIR SEHEN UNS WIEDER."
"Hoffentlich nicht allzu bald."
Tod lächelte Stump humorlos an. Dann verschwand er durch eine Wand.

Stump wanderte den von Tod beschriebenen Weg entlang. Quaddel ließ er am Boden der Bibliothek liegen. es würde bis zum nächsten Tag dauern, bis er aufwachte.
Schließlich erreichte der Rekrut die Sackgasse. Allerdings fand er auch nach längerem Suchen (er setzte sich für zehn Minuten auf den Boden, und schaute hin und her. Wenn sich irgendetwas regte, so würde er es schon sehen) nicht den gesuchten Mann. Allerdings erblickte er etwas anderes: eine Tür, die in der Dunkelheit kaum zu sehen war. Hatte sich der Täter vielleicht hinter der Tür versteckt? Stump überlegte kurz, und kam zu dem Entschluss, dass er, wenn er es erfahren wollte, wohl oder übel die Tür öffnen musste.
Er schritt darauf zu und machte sie auf.

Der Bibliothekar war durch ein 'Plob' aus dem Schlaf gerissen worden. Es klang, als ob jemand mit dem Kopf auf den Boden gefallen wäre. Er schritt in Richtung des Geräusches, und erkannte Quaddel der ohnmächtig vor ihm lag. Dann hörte er Schritte. Sie klangen weit entfernt. Er musste nachsehen, wem sie gehörten. Aber er sollte besser nicht allein gehen. Vielleicht war es sicherer, Rincewind mitzunehmen. Nur für den Fall...

Stump sah Schwärze. Es war keine gewöhnliche Schwärze. Nein. Es war auch nicht die Schwärze, die sich in Stumps Gehirn breit machte, wenn er wieder nichts wusste.
Diese Schwärze war anders. Sie war... schwärzer.
Bei ihr handelte es sich um die Schwärze, die entstand, wenn man das Licht in undurchsichtige Gläser abfüllte, und die darauffolgende Dunkelheit zur Seite schob. Dieses Schwarz war schwärzer als die Trauerrobe jeder Königin. Absolute Schwärze.

"Und da soll er reingesprungen sein?," überlegte Stump laut, "das glaube ich nicht."
Hinter dem Wächter erklang eine Stimme: "Ich auch nicht." Anschließen packten ihn zwei kräftige, doch dünne Hände und stießen ihn durch die Tür in die Schwärze.
"Und grüß meine Mami in der Hölle [3] schön von mir," rief ihm die Person noch nach, bevor sich die Türe schloss.
Stumps Sturz schien schier endlos. Er befand sich inmitten der Schwärze, und fiel als ob er noch nie etwas anderes getan hatte. Licht, Dunkelheit, Farben, alles war nur noch eine tief in Stumps Geist verwurzelte Erinnerung. Hier gab es nichts als Schwärze.





Nachtrag: Stump ist natürlich nicht tot, und es wird ganz sicher eine Fortsetzung geben. Diese wird dann allerdings eine Coop-Mission, die ich nicht alleine schreiben kann.

Ich danke: Meiner Ausbilderin Irina Lanfear, Atera, die schon beinahe eine Zweitausbilderin für mich geworden ist, D-N-T Vinni, der während Irinas Abwesenheit mein Ausbilder war, meinen Testlesern Irina Lanfear, Atera, Honorion und Johann Zupfgut, spezieller Dank gebührt Daemon (der mir gesagt hat, wo ich hingehöre) und (aus unerfindlichen Gründen) Johann Zupfgut.





[1] Um die Probleme des Selbstmörders genauer zu erläutern: seine Frau hatte ihn, nachdem er seinen Job verloren hatte mit einem anderen Mann betrogen, und ihm dann den Arm abgeschlagen, weil er den Ehering nicht wieder zurückgeben wollte.
Daraufhin ging der Mann beleidigt zur Sentimentalen Brücke, und wollte sich in den Ankh stürzen. Kurz vor seinem Sprung jedoch erschienen die vier Wächter und Johann überredete ihn, sich nicht von der Brücke zu stürzen. Es gäbe ja doch so viele freie Stellen am Arbeitsmarkt von Ankh-Morpork, und besonders Menschen mit nur einer Hand wären heutzutage sehr gefragt.
Jaja, für einen Einarmigen Banditen hat man im Saturnalien sicher noch einen Platz frei, fügte Stump im Geiste hinzu. Er wagte es jedoch nicht laut auszusprechen. Es würde doch nur missbilligende Blicke geben. Und einen Toten mehr.

[2] Der Täter hatte es tatsächlich geschafft, bis zur Unsichtbaren Universität zu gelangen. Der Grund dafür war allerdings weder seine Intelligenz, noch seine Schnelligkeit. Der Grund dafür war einfach nur die allgemeine Faulheit der Zauberer.

[3] Eine überaus tragische Geschichte, in der es im Wesentlichen um eine Frau, deren Sohn und ein großes Messer geht.




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