Bewegende Technik

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von Feldwebel Magane (SUSI)
Online seit 11. 09. 2013
Zeitmönche haben die Geschichte auf den 03. 05. 2012 datiert
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 Außerdem kommt vor: Braggasch Goldwart

"Es genügt eben nicht, dass Technik gut funktioniert. Sie muss auch in die Welt passen." - Gero von Randow

Dafür vergebene Note: 11

Anmerkung: Wenn sie fertig geworden wäre, hätte es sich bei dieser Geschichte um die Pokalsingle für den Mai letzten Jahres gehandelt. Die damalige Runde stand unter dem Thema "neue Technologien", da es sich aber hier eben nicht mehr um eine Pokalmission handelt spare ich mir das zwanghafte Einbauen der Restabteilung.


Es gab kaum eine Tageszeit in dieser Stadt wo die Straßen leer waren: Hier wurden nahezu rund um die Uhr Waren geliefert. Deswegen war es nicht leicht gewesen, einen guten Zeitpunkt für die Tests zu finden. Auch die Teststrecke hatte einige Probleme bereitet: Sie musste breit genug sein und durfte nur wenig Kurven haben. Sicherlich wäre es außerhalb der Stadt auf den Landstraßen leichter gewesen die Maschine zu testen, aber dazu hätte er mit ihr eins der Stadttore passieren müssen und das wäre das Ende der Geheimhaltung gewesen. Und geheim sollte seine Maschine bleiben, zumindest solange bis er die letzten Probleme ausgebügelt hatte, beziehungsweise ausgehämmert.
Nach den ersten Tests hatte sich ein ganz anderes Problem ergeben, eines was nicht technischer Natur war; seine Maschine war zu laut. Schon nach der ersten Nacht hatten sich die Beschwerden über den Lärm gehäuft und inzwischen hatten sich die empörten Anwohner an die Times gewandt. Heute war ein Bild in der Zeitung gewesen, unscharf und unterbelichtet, aber wenn man wusste, was es zeigte, konnte man auch etwas erkennen. Der einzige beruhigende Gedanke dabei war, dass keiner wusste, worum es sich handelte. "Polternder Geisterkarren stört Nachtruhe" war der Artikel überschrieben. Geisterkarren war nicht der Name der ihm vorgeschwebt hatte, aber solange die Presse nicht wusste, worüber sie schrieb, konnten sie ruhig diesen Namen benutzen.
Er hatte sich alle Mühe gegeben, die Maschine leiser zu machen, aber den meisten Krach machten eh die Räder auf dem Kopfsteinpflaster, und darauf hatte er keinen Einfluss, schließlich konnte er der Maschine keine Socken anziehen. Er klopfte auf das Kästchen des Diktierdämons um die Aufnahme zu starten.
"Testfahrt Nummer einundzwanzig am siebenundzwanzigsten April im Jahr des zweiten Beginns. Die Straßen sind leicht feucht, es ist Neumond und deswegen besonders dunkel. Bei der Betankung handelt es sich heute um eine Mischung aus Fuselölen und Knieweich im Verhältnis zwei zu drei. Genuss des Treibstoffes könnte zu sofortiger Erblindung führen; ich habe ein entsprechendes Warnschild am Tank angebracht. Starte die Maschine über die Kurbel und entzünde das Feuer im Brenner. Kraftstoffzufuhr gleichmäßig, Maschine läuft ruhig und die Geschwindigkeit nimmt zu. Verlasse den Hof und biege auf die Unterberggasse ein. Bisher keine Vorfälle, Straße scheint ruhig. Habe die Lenkung optimiert, lenke jetzt mit einem Rad statt mit Hebeln, deutlich sanfter und genauer. Biege auf die Endlose Straße ein. Hoppla, Lenkung ist doch deutlich direkter. Aber auch hier sind kaum andere Karren zu sehen. Biege am Fluss links ab. Fahre jetzt am Ankh entlang, schon doof mit der Fähre. Hier in der Innenstadt ist die Gefahr der Entdeckung so viel größer. Immer noch keine Vorfälle, biege ab und überquere die Sentimentale Brücke. Bisher keine Verpuffungen im Brenner, anscheinend ist diese Mischung deutlich klopffester als die letzte. Komme jetzt gleich in die Teekuchenstraße, wo sie mich gestern ikonographiert haben. Gut, dass sie keinen Blitz benutzt haben, bei der Dunkelheit könnte das fatal sein. Auch hier alles ruhig, kein anderer Karren in Sicht. Fenster alle dunkel, heute wohl keine Nachttopfgeschosse, obwohl man weiß ja nie, vielleicht sollte ich morgen ein Dach ..."
Ein greller Blitz zerriss die Nacht. Einen Moment später krachte es als die Maschine gegen einen Baum knallte und danach stand plötzlich alles in Flammen.
Ein brennendes Rad rollte davon.

Als die unfreiwillige Feuerwehr am Unfallort eintraf, war von der Maschine nur noch rußiges Metall übrig, und der Baum war ebenfalls nicht mehr zu retten. Das gleiche galt auch für den Fahrer, der durch den Aufprall herausgeschleudert worden, und deswegen zwar tot aber nur etwas verbrannt war. Der Unfall wurde der Wache gemeldet - sollten die sich doch um die Sauerei kümmern. Vom - mit Rekruten besetzten - Wachetresen wanderte die Meldung über einen Verkehrsunfall mit einem Toten an SEALS, wo sie dem Nachtdiensthabenden Boris Machtnichts in die Hände fiel. Dieser fragte sich zunächst warum sich darum nicht jemand anderes kümmern konnte, dann beschloss er die Meldung einmal abzuschreiben und an einen Verkehrsexperten weiterzuleiten. Das Original leitete er ebenfalls weiter, allerdings zusammen mit einer Assistenzanfrage an SuSi. Bei Suchen und Sichern landete die Meldung zunächst einmal in einem vollen Mülleimer. Dieser Mülleimer stand in einem hübschen Eckbüro mit Blick auf den Pseudopolisplatz. Der Raum war mit geschickter Hand wohnlich eingerichtet. Neuerdings gab es sogar einen kleinen Tisch mit zwei bequemen Cocktailsesselchen. Hier standen eine Keksdose und eine Teekanne auf einem Stövchen. Die zugehörigen Tassen, der Tee- und Kaffeevorrat, und der alte Kaffeedämon Erpresso - inzwischen schaffte er es auch, heißes Wasser ohne Kaffeegeschmack zu bereiten - befanden sich im obersten Fach des linken Regals, darunter war alles voll mit Büchern und Ordnern. Beherrschend war in diesem Raum allerdings der volle aber nicht unordentliche Schreibtisch. Eine große grüne Pflanze mit langen Ranken stand auf der linken vorderen Ecke, daneben fand sich ein echter menschlicher Schädel, und neben diesem stand eine große Tasse mit der freundlichen Warnung "Wie der Sünder lebt, so soll er auch sterben". Ein kunstvoll gestaltetes Schreibset bildete das Zentrum und rechts neben den Schreibutensilien türmte sich ein Aktenstapel. Vor und hinter dem Schreibtisch gab es insgesamt drei verschiedene Stühle und neben ihm an der Wand hing ein großer Stadtplan von Ankh-Morpork, in dem eine Menge bunter Nadeln steckte. Zwischen den zwei Regalen an der Wand stand der volle Mülleimer, direkt unter der Auslassöffnung des Rohrpostsystems. Was sich nicht in diesem Büro befand war eine Person. Betreffende Person sorgte gerade für Ordnung in ihrem Dachgarten. Sie hatte Unmengen von Überstunden gemacht in den letzten Wochen. Die Arbeit als Abteilungsleiter war an sich nicht übermäßig hart, zumindest sollte es nicht so sein, aber wenn plötzlich die halbe Abteilung krank oder im Urlaub war... SuSi war schon in den besten Zeiten immer chronisch unterbesetzt gewesen, aber in den letzten Wochen machte einer die Arbeit von dreien, an normalen Schichtdienst war nicht mehr zu denken. Da es nun buchstäblich keine freien Tage mehr gab hatte die Abteilungsleiterin beschlossen, dass die daheim anfallende Arbeit dann geschehen musste, wenn andere schliefen. Den versäumten Schlaf holte sie dann beim Berichte lesen in einem ihrer Sesselchen nach, wenn man sie ließ. Oder sie zog sich in das Gerichtsmedizinerbüro zurück, wenn es im ersten Stock zu laut wurde. Lange würde das so nicht gut gehen, aber vielleicht würden sich die anderen ja auch irgendwann einmal an ihren Diensteid erinnern.
Die beiden Verkehrsexperten hatten lange auf einen Spurensicherer oder einen Pathologen gewartet. Aber als es anfing zu regnen hatten sie beschlossen die Reste des Fahrzeugs und den Toten und alles, was sie an Spuren finden konnten, auf ihren Eselskarren zu laden und dann bei den Susen im Keller des Wachhauses zwischenzulagern. Der Leichenaufzug schien der einzige praktikable Weg um den Metallschrott und die Leiche möglichst schnell los zu werden, und schließlich war ja auch keiner da um zu widersprechen.
Als der Regen einsetzte wandte sich die SuSi-Chefin überdachten Arbeiten zu; die Küche hätte auch mal wieder etwas mehr Zeit nötig. Sie schüttelte den Kopf und machte sich daran den Herd auszukehren und danach wieder Brennmaterial einzuschichten. Magane riss ein Streichholz an und entzündete das Feuer. Den Blick starr auf die Flammen gerichtet, suchte sie nach einem Ausweg aus der hoffnungslosen Unterbesetzung der Abteilung. Seit sie bei SuSi war hatte es nur zwei Neueinstellungen gegeben, erst Nimh und dann vor ein paar Monaten Tussi, Nimh war schon lange weg, aber bei Tussi hegte sie noch gewisse Hoffnungen. Abgesehen von den beiden waren alle anderen schon seit Ewigkeiten dabei, mehr oder minder Konstanten der Abteilungsarbeit und das wäre auch gut so, wenn nicht immer wieder jemand abwandern würde. Es waren immer die Gerichtsmediziner die gingen, sie verließen ihren muffigen Keller mit den verwesenden Leichen für ein hübsches Büro mit Fenster. Das war verständlich, man wurde mit der Zeit merkwürdig und redete mit den Toten, oder - seit Saugi da war - mit dem Geier, der sich als erstaunlich guter Zuhörer erwiesen hatte. Der Job als Gerichtsmediziner war zugleich abstoßend und zermürbend. Er zog auch fast nur bestimmte Leute an - Hexen, Schamanen, Mumien - allesamt Gruppen die in der Wache wirklich selten waren. Im Holz verbrannte unter lautem Knistern ein Harzeinschluss und der weihrauchartige Geruch holte die überarbeitete Hexe wieder in die Wirklichkeit zurück. Es lag eine Aufgabe vor ihr. Sie musste Tee kochen.

In der Teekuchenstraße Straße hatte Otto Chriek den Standort seines neuentwickelten Spezialikonographen erreicht, leider war das unauffällige Gerät nicht mehr da. Etwas war hier passiert, etwas hatte gebrannt und nach dem Geruch zu urteilen war auch etwas verstorben. Hatte er vielleicht den ultrahellen Salamander zu nah an den Baum gestellt? Das hätte zweifellos zu einem Brand führen können, aber zu einem Brand dieser Dimension wohl nicht, dazu wäre um einiges mehr nötig gewesen. Er sah sich die Stelle genauer an: große Teile der Borke des Baumes waren verkohlt und auch das Grünzeug am Straßenrand hatte ziemlich was abbekommen, aber von dem Spezialikonographen war nirgends auch nur die kleinste Spur. Möglicherweise war er vollständig verbrannt oder jemand hatte ihn gestohlen. Doch wie um alles in der Welt sollte er herausfinden was geschehen war - zur Wache würde er jedenfalls nicht gehen - wer konnte schon wissen was die zu ultrahellen Blitzsalamandern im Straßenverkehr sagten.

Oma sagte immer das Frühstück sei die wichtigste Mahlzeit des Tages, und Magane hatte sich daran gewöhnt ihr nicht zu widersprechen. Sie frühstückte so oft wie eben möglich mit ihrem Sohn und ging danach auch mit ihm zusammen zur Götterinsel, schließlich waren seine Schule und ihr Arbeitsplatz nicht weit voneinander entfernt. Der spezielle Kräutertee hatte einen Großteil der Müdigkeit vertrieben und zusammen mit dem Duft von Toms Kakao war auch der Geruch nicht mehr so unangenehm. Sie wusste, dass diese Mischung den Schlaf nicht ersetzen konnte - nicht auf Dauer - aber vielleicht würde sie ja so ein paar Stunden pro Tag einsparen können. Jedenfalls dämpfte der Tee nicht nur die Müdigkeit sondern auch die Aggressionen, die aus dem Schlafmangel resultierten. Auf die Dauer konnte das nicht gesund sein. Tom sprach mit vollem Mund und offensichtlich mit großer Begeisterung von einem Sportfest für das sie in der Schule trainierten. Er war sich auf seine kindliche Art absolut sicher, dass er sie alle besiegen konnte, er konnte selbstverständlich schneller laufen, weiter springen und weiter werfen als alle anderen... Sie bewunderte seinen Enthusiasmus und dachte wehmütig daran, wie stolz Ktrask wäre, wenn er seinen kleinen Jungen jetzt sähe. Für einen Moment war der Schmerz überwältigend, dann trank sie einen Schluck Tee und der Schmerz ebbte ab.

Saugi war sehr ungehalten gewesen, als sein Schlafplatz, der Leichenaufzug, sich plötzlich zu bewegen begann. Dies hatte nicht mitten in der Nacht ohne Vorwarnung zu gesehen. Er war vom ersten Rucken wach geworden und zügig aus der Kabine gehüpft, als der Aufzug heraufgezogen wurde. Jetzt hockte er unten und hoffte auf eine richtig schön saftige Gewalttat. Umso enttäuschter war er, als die Kabine wieder unten war, vollgestopft mit verkohlten Metall und einer angebrannten Leiche, die er nicht erreichen konnte. Die Leiche roch so, als wäre sie innen noch saftig, aber selbst wenn er dran käme, müsste er immer noch die verbrannte Kruste aufbrechen, das würde viel Arbeit bedeuten. Das sollte vielleicht doch lieber einer der professionellen Leichenöffner machen. Eine Gemeinheit, seinen Schlafplatz so vollzupacken. Er trottete zur Bürotür, öffnete sie und war mit einem Hopser auf seinem Alternativschlafplatz, dem auf Zwergengröße eingestellten Bürostuhl von Avalania [1].

Magane hatte sich angewöhnt, morgens als erstes in der Pathologie nach dem Rechten zu sehen. Über einen kleinen Umweg durch die Ställe konnte sie so elegant den Tresen umgehen, an dem an manchen Morgen auch um kurz nach acht noch fünf nach sieben war. Seit sie diesen Weg nahm sah Frederike irgendwie gesünder aus, lag vielleicht an der Extramöhre. Im Keller roch es angebrannt, dabei war es doch noch deutlich zu früh für Frau Piepenstengels Küchenzauber. Anscheinend kam der Geruch aus der Pathologie... das war gar nicht gut. Was zuerst Assoziationen zu angebranntem Speck ausgelöst hatte, hatte nun ältere Bilder in ihrem Gedächtnis gefunden. Räume in denen sich Leichen befinden sollten nicht nach verbranntem Speck riechen. Schreckliche Bilder drängten aus ihrem Unterbewusstsein in ihre Gedanken, sie begann unkontrolliert zu zittern. Mit der Linken griff sie vorsichtig nach der Türklinke, fest damit rechnend, dass sie glühend heiß sei. Die Klinke war kühl, angenehm kühl, sie drückte sie herunter - abgeschlossen, so wie sie die Tür gestern zurückgelassen hatte. Sie atmete aus, wahrscheinlich hatte sie sich den Geruch nur eingebildet, erleichtert schloss sie auf. Mit dem Öffnen der Tür wurde Magane klar, dass sie sich zu früh gefreut hatte. Zwar kehrte die Angst nicht mit gleicher Wucht zurück, aber es war eindeutig, dass sich in diesem Raum etwas Verbranntes befand. Auf der Suche nach Saugi wandte sie sich dem Leichenaufzug zu und war auf den ersten Blick verwirrt. Der Aufzug war voller Schrott, Metall hauptsächlich, und obenauf lag anscheinend eine Leiche. Der Körper war augenscheinlich verbrannt, und Größe und Masse deuteten auf einen Zwerg hin. Allein würde sie diesen Berg kaum abtragen können.

Frau Willichnicht war gerade gegangen. Heute war wieder ein schlimmer Morgen gewesen; sie hatte sich kaum beruhigen können. Irgendwas hatte ihre Nachtruhe gestört, mit einem hellen Licht, einem Knall und danach dann Feuerschein. Wie jede ihrer Anzeigen, war auch diese mit äußerster Sorgfalt notiert worden und kam dann in die speziell für Frau Willichnicht reservierte Ablage. Die beiden Rekruten zuckten ertappt zusammen als sie von hinten angesprochen wurden.
"Ich brauch mal für ein paar Minuten einen kräftigen Helfer. Rochus, hast du Zeit?"
Die beiden Rekruten drehten sich um und als sie erkannten um wen es sich handelte salutierten sie beide.
"Ma'am, du weißt doch, dass wir während des Tresendienstes den Tresen nicht verlassen dürfen."
"Ich werd's nicht verraten und ihr geht ja auch nicht beide weg. Außerdem wird es nicht lange dauern, wenn du mir hilfst. Ich bring euch auch später ein paar Kekse runter - die muss ich dann nur erst aus meinem Büro holen."
Maganes verheißungsvolles Zwinkern versprach ihre fantastischen, selbst gebackenen Schokoladenkekse, die sich in der Vergangenheit bereits als gute Währung für kleinere Gefallen erwiesen hatten. Die Gefallen die Rochus dem Feldwebel in den letzten Monaten gelegentlich erwiesen hatte, waren zwar oft etwas eklig gewesen, aber hinterher hatte es immer entweder Kekse oder etwas anderes Gutes zu essen gegeben. Es hatte sich immer gelohnt. Mit einem fragenden Blick zu seiner Kollegin vergewisserte er sich ob das für sie in Ordnung ginge.

Nach einigen Minuten hatten Rochus und Magane gemeinsam die Leiche aus dem Schrott befreit und auf einen der beiden Tische gelegt. Trotz aller Vorsicht waren drei Finger abgebrochen, die waren deutlich mehr als knusprig. Mag fluchte leise vor sich hin und beschloss sich bei den SEALS zu erkundigen wer diesen Mist verzapft hatte. Für die Metallteile brauchten sie etwas länger, aber auch diese legten sie vorerst auf den anderen Obduktionstisch, auch wenn die hier nun wirklich nicht hingehörten.
Als sie fertig waren stemmte der Feldwebel die Hände in Seiten und dachte nach. Der Schrott behinderte sie hier unten auf jeden Fall erheblich und sie konnte daran auch nichts untersuchen...
Hatte sie nicht letztens in irgendeinem Bericht etwas von technischen Spielereien gelesen, damals hatte sie gedacht, dass das das Hämmern in der Nähe der Aservatenkammer erklären würde. Also rauf in den dritten Stock, einen Versuch war es wert.
"Rochus, ich habs mir überlegt, schieben wir den Zwerg erstmal in ein Kühlfach. Danach kommst du am besten kurz mit rauf, wegen der Kekse."

"Braggasch, du kennst dich doch mit Technik aus, oder?"
"Äh, ja..."
"Könntest du dir mal was ansehen?"
"Wo?"
"In der Pathologie."
"Kommt... ähm... nicht in Frage."
"Ich hab auch alle Leichen weggeräumt. Es geht nur um was technisches, versprochen."
"Ähm, wenn du meinst... äh..."
"Danke, in zwanzig Minuten im Keller."
Sie hatte das Büro verlassen bevor er noch etwas erwidern konnte, dem stellvertretenden Abteilungsleiter von FROG, den sie spontan zum technischen Sachverständigen erklärt hatte, blieb nur ungläubig die Tür anzustarren.

"Was... äh... ist das... ähm... gewesen?"
"Wenn ich das wüsste, hätte ich dich wahrscheinlich nicht geholt, sondern gleich nen Schrotthändler. Das haben die Verkehrsexperten an einem Unfallort vorgefunden. Ihrer Aussage nach ist es wohl das Unfallfahrzeug gewesen, aber ich kann mir das nicht so recht vorstellen. Deswegen fänd ich es schön wenn du herausfinden könntest worum es sich handelt."
Der Zwerg, der ja nun wirklich schon viel gesehen hatte, schaute sich den verkohlten Haufen Schrott skeptisch an. Es sah nicht so aus als ob es sich jemals von selbst bewegt hätte. Aber es besaß Räder und einen Kessel, auch wenn der sicherlich nicht mehr zu gebrauchen war und das verbogene Gestänge deute auf irgendeine Art Dampfmaschine hin.
"Kann es... äh... hier unten bleiben, während meiner... ähm... Untersuchung?"
"Aber Leichenfreiheit kann ich dir nicht garantieren."
Als Antwort bekam sie nur ein Schulterzucken von dem Zwerg, der grade ein faszinierendes Detail entdeckt hatte. Sie beschloss ihn mit seinen Untersuchungen vorerst allein zu lassen. Zumal er sicher nicht begeistert war, wenn sie jetzt auf dem Nebentisch mit einer Leichenschau begann.

In ihrem Büro fand Magane die Nachricht von SEALS und warf sie, nachdem sie sie gelesen hatte, auf den Schreibtisch. Ein Blick in die Keksdose zeigte, dass Rochus sich großzügig bedient hatte, aber wenigstens hatte er die Dose nicht komplett geleert. Sie nahm sich einen Keks und machte es sich in einem ihrer Sessel gemütlich. Manchmal dachte sie es wäre früher alles viel einfacher gewesen, als sie noch frei durch die Nacht schlich und von dem lebte was sie stahl. Aber diese Momente der Schwäche waren selten, meistens wusste sie, dass es heute und hier besser war. Schließlich wurde sie nicht jünger und unlizensierter Diebstahl hatte keine Zukunft, hier hingegen konnte man gutes Geld verdienen. Außerdem versuchten einen hier zwar gelegentlich die Verbrecher umzubringen, aber die waren nicht dabei nicht im Recht. Im großen und ganzen war es gut so wie es war... sie schlief ein.

Braggasch konnte bei den Überresten der Maschine recht schnell ein Muster erkennen. Der Konstrukteur hatte offenbar eine Dampfmaschine auf Rädern gebaut, das Feuer hatte die Maschine zwar zerstört, aber es hatte nicht heiß genug gebrannt um die Teile bis zur Unkenntlichkeit zu verschmelzen. Sie waren nur verbogen und rußig, außerdem rochen sie nach Alkohol. Ob der Fahrer wohl getrunken hatte? Aber vielleicht war es auch ganz anders, es gab keine Anzeichen für ein Holz oder Kohlenfeuer... eine Dampfmaschine mit Alkoholantrieb... das war neu. Tatsächlich, zwei unterschiedliche Kessel. Wenn die Maschine so funktioniert hatte, wie er dachte, war sie zwar anfällig gewesen wegen des offenen Feuers, aber sie wäre bestimmt nicht einfach in Flammen aufgegangen. Dann fand er ein Gehäuse, dass möglicherweise nichts mit der Maschine zu tun hatte, es war auf einem Stativ oder etwas in der Art befestigt. Ein Ikonograph vielleicht? Das hatte ganz bestimmt nichts mit der Maschine zu tun. Nur blöd, dass er nichts über den Tatort wusste. Die Maschine war jedenfalls hochinteressant, der Ikonograph weniger, der war kaum anders als andere und ohne Dämon vollkommen unbrauchbar. Die Dämonen verschwanden wenn es ihnen zu heiß wurde, wahrscheinlich starben sie nicht, aber sie ließen sich auch nicht wieder beschwören.

Fähnrich Dubiata las einen Einsatzbericht der irgendwann an diesem Morgen in ihrem Eingangskorb gelandet war. Der Bericht trug Ribs Handschrift. Der Verkehrsexperte in Ausbildung hatte schon so viele Spezialisierungen inne gehabt, dass es ihm wohl nicht schwer gefallen war die Arbeit der Susen nebenher zu machen. Er hatte einen Mischbericht geschrieben, teils Unfallbericht, teils Tatortuntersuchung. Drogol hatte als Ausbilder unterschrieben, aber alle Beteiligten wussten, dass der Troll von Rib deutlich mehr lernen konnte als umgekehrt. Rea war sich sicher, dass dieser Bericht auf ihrem Schreibtisch eigentlich nichts zu suchen hatte. Das war viel mehr ein SuSi-Bericht, sie sollte ihn rauf bringen. Kurzentschlossen verließ sie ihr Büro und ging zur Treppe. Auf dem Weg nach oben fragte sie sich was mit SuSi passiert war, dass letzte Nacht keiner von ihnen am Tatort war.
Es kam keine Reaktion auf ihr Klopfen, auch nicht auf das zweite oder dritte. Sie trat ein und fand den Feldwebel schlafend vor. So weit war es also mit SuSi gekommen, erst der dauerbadende Philosoph als Chef und jetzt auch noch eine Schlafmütze, Sillybos war wenigstens wach gewesen. Mit einem lauten Knallen landete die Aktenmappe mit Ribs Bericht auf dem kleinen Tisch und der Fähnrich war verschwunden.
Magane schreckte hoch. Was war geschehen? War da ein Geräusch gewesen? Ihr Blick fiel auf die Aktenmappe, die war eben noch nicht da gewesen. Bei Om, es war jemand hier gewesen und hatte sie schlafen sehen. So ging das wirklich nicht weiter. Sie nahm den Bericht zur Hand und las.

"Braggasch, hast du einen ausgebrannten Ikonographen gefunden?"
"Ähm... ja."
"Gut, der sollte vielleicht ins Labor."
"Kein Problem, kannst ihn... äh... mitnehmen, vielleicht... ähm... schaue ich mir den... äh... Rest in meinem Büro an."
"Mach das, je ehr der Kram aus der Pathologie raus ist desto ehr kann ich mit meiner Arbeit weitermachen."

Sie wusste nicht wie der Zwerg es geschafft hatte den Metallschrott in den dritten Stock zu bringen, aber er hatte es schnell geschafft. Schon eine halbe Stunde später war der Obduktionstisch wieder frei und die Gerichtsmedizinerin konnte endlich mit der Untersuchung des Opfers beginnen. Magane holte den Toten aus seinem Kühlfach und legte ihn auf den Tisch. Dann klopfte sie auf das Kästchen in dem der Diktierdämon döste.
"Obduktion eines mutmaßlichen Unfallopfers - Beginn der Obduktion 10:12 Uhr. Bei dem unbekannten Toten im Fall von letzter Nacht handelt es sich der Statur nach wahrscheinlich um einen Zwerg. Der Leichnam ist äußerlich verbrannt, zwar scheint er nicht lange im Feuer gelegen zu haben, aber die Verbrennungen kommen als Todesursache in Frage. Wenn es sich hier tatsächlich um einen Zwerg handelt, dann hatte er ungewöhnliche Kleidung an, ich sehe keine Anzeichen eines Kettenhemdes oder einer ledernen Rüstung. Beim Transport sind drei Finger abgebrochen, diese sind so stark verbrannt, dass sie an Holzkohle erinnern, wahrscheinlich hat diese Hand länger im Feuer gelegen als der übrige Körper." Magane schloss die Augen um die in ihr aufsteigenden Bilder aus ihrer Kindheit niederzuringen. Die verbrannten Leichen ihrer Eltern, der Schmerz in ihren Händen, der Geruch von verbranntem Fleisch. "Ich nehme Abstriche von der Haut fürs Labor, danach schau ich ihn mir von Innen an." Das Innere des Zwerges offenbarte keine andere mögliche Todesursache, sie nahm Proben vom Mageninhalt, dem Blut und eine Gewebeprobe der Leber und machte den verbrannten Körper des Zwerges wieder zu. Während sie den Leichnam zurück in sein Kühlfach schob machte sie sich eine geistige Notiz, dass Brandopfer demnächst für einen Kollegen liegenbleiben mussten, auch wenn sie dafür einen der Abgewanderten zurückholen musste.
Magane nahm sich den Diktierdämon mit in ihr Büro, wo sie sich erst einen starken Kaffee kochte und dann begann den Bericht zu schreiben.

Braggasch wusste inzwischen wie das Gefährt funktioniert hatte, ein großes Beispiel offensichtlich zwergischer Ingenieurskunst. Er hatte bereits ein Modell des Alkoholbrenners gebaut und dachte nun über das mechanische Problem der Lenkung nach. Wenn ihm kein FROG-Einsatz dazwischen käme, hätte er mit etwas Glück schon gegen Abend ein funktionsfähiges Modell das Wagens. Er hatte den ausgebrannten Ikonographen, den er im SuSi-Labor abgegeben hatte schon vollkommen vergessen, als eine Nachrichtenkapsel in seinem Rohrpostfangkorb landete. Der Zufall wollte es, dass Braggasch zu diesem Zeitpunkt grade mal keinen Krach machte und deswegen die Ankunft der Kapsel mitbekam. Er legte sein Werkzeug zur Seite und öffnete die fettige Kapsel.
"SUSIRattenklein an FROGGoldwart,
bei dem von dir abgegebenen ausgebrannten Ikonographengehäuses handelt es sich scheinbar um ein neues Model, von der Größe und den Rückständen her schließe ich auf zwei unterschiedliche Dämonen, die gefundenen Pigmente deuten auf Schwarz-Weiß-Bilder. Auf dem Blitzschlitten habe ich Reste eines total verbrannten Salamanders gefunden bei dem es sich um eine neue Züchtung zu handeln scheint.
Habe eine Kopie meiner Ergebnisse an Magane geschickt."
Braggasch schoss aus, dass der Ikonograph in irgendeiner Form die Funktionsweise des Fahrzeuges beeinflusst haben konnte, er passte nicht zur Arbeitsweise des unbekannten Zwerges. Allerdings machte ihn die neue Salamanderzüchtung neugierig, er würde sich damit beschäftigen wenn er das Rätsel der Lenkung gelöst hatte. Innerhalb kürzester Zeit war der stellvertretende Abteilungsleiter von FROG wieder von seiner Rekonstruktion gefesselt und hatte den Ikonographen verdrängt.

Inzwischen hatte Rea bei der Durchsicht der Meldungen vom Tresen herausgefunden, dass doch tatsächlich die allseits beliebte Amalie Willichnicht Zeugin der Explosion und des Feuers geworden war. Jemand musste sie noch einmal befragen, sie überlegte eine Weile bevor sie sich entschied den Obergefreiten Jargon Schneidgut zu ihr zu schicken. Er sollte sich außerdem nach weiteren Zeugen umsehen.

Jargon war kein besonders großer Freund von direktem Zeugenkontakt, vorallem nicht von direktem Kontakt zur Zeugin Willichnicht. Er hatte sich nicht unbedingt um diese spezielle Aufgabe gerissen, aber auch bei SEALS herrschte chronische Unterbesetzung und somit hatte er keinen Weg gefunden sich zu drücken. Er hatte nicht lange für den Weg zur Teekuchenstraße 17 gebraucht und fand auch keine Begründung die Befragung länger herauszuzögern. Kaum hatte er angeklopft schallte es ihm schon aus einem der Fenster auf der rechten Seite entgegen: "Das wurde auch Zeit! Früher unter Kommandeur Ohnedurst wurden meine Beschwerden wenigstens noch anständig aufgenommen, aber heute füllen sie nur ein Formular aus und man hört nichts mehr davon."
Jargon hatte das Gefühl um einige Zentimeter zu schrumpfen, dies hatte er ganz sicher nicht verdient.
"Ja, ähm... Hallo Frau Willichnicht, ich bin Obergefreiter Jargon Schneidgut von der Stadtwache, und ich... bin hier um ihnen einige Fragen wegen ihrer Anzeige von heute Morgen zu stellen."
Frau Willichnicht verschwand vom Fenster und öffnete nur einen kleinen Moment später die Tür.
"Bitte kommen sie herein. Es ist schön, wenn sich mal ausnahmsweise jemand mit meinen Anzeigen beschäftigt. Auch wenn es nur ein Gefreiter ist."
"Obergefreiter, wie dem auch sei...", Jargon räusperte sich, "sie... nun tatsächlich scheinen sie Zeugin eines Geschehens geworden zu sein, bei dem es zu einem... ähm zu einem Todesfall gekommen ist."
"Ist bei dieser schrecklichen Explosion jemand zu schaden gekommen, doch nicht etwa ein Nachbar?"
"Nein, offenbar handelte es sich um den, wie soll ich sagen, den Fahrer des Fahrzeuges."
"Ein Fahrzeug also, diese Höllenmaschine hat mich regelmäßig um den Schlaf gebracht, bestimmt dreißig mal in den letzten zwei Monaten. Möchten sie ein Stück Nusskuchen und vielleicht etwas Tee?"
Der Rechtsexperte war überrascht von dem plötzlichen Themenwechsel, eigentlich wollte er nichts, außer dieses Gespräch schnell hinter sich bringen, andererseits war es sicher unhöflich ein solches Angebot rundweg abzulehnen.
"Ja... äh, Tee wäre schön." Jargon brauchte einen Moment um seine Gedanken wieder auf den letzten Hinweis zu richten.
"Dreißig mal in zwei Monaten, sagen sie, nun das ist... ähm... häufig. Sie haben deswegen jedes Mal bei der Wache vorgesprochen?"
"Allerdings. Und nie hat sich jemand darum gekümmert. Immer muss erst einer sterben bevor ihr bei der Wache etwas tut, unter Rascaal wäre das so nicht passiert, er hatte immer ein offenes Ohr für meine Beschwerden."
Amalie Willichnicht war nicht der Meinung, dass man die Entscheidung über Tee und Kuchen dem Gast überlassen konnte. Dieser Wächter musste gefüttert werden. Sie stellte einen Teller mit einem großen Stück Nusskuchen vor seine Nase und füllte eine filigrane Tasse mit Blümchendekor mit dem frisch aufgegossenen schwarzen Tee.
"Zucker, Sahne oder Zitrone?"
"Wiebitte?"
"Möchten sie Zucker, Sahne oder Zitrone in ihren Tee?"
"Nein, danke. So ist gut", Jargon betrachtete den Kuchen vor sich, er war sich ganz sicher, dass das so nicht laufen sollte...

Gegen Abend kam ein traditioneller Zwerg an den Tresen im Wachhaus am Pseudopolis Platz und gab eine Suchanzeige nach seinem Sohn auf. Er sei nicht zur Arbeit gegangen war und auch nicht in seiner Werkstadt im Geldfallenweg, der besorgte Vater [2] kam zu dem Schluss dass seinem Kind etwas passiert sein müsse. Kurz drauf fand sich ein äußerst verwirrter Gefreiter Düstergut in Begleitung der Wächterin von Grantick auf dem Weg zu einer Werkstadt im mittwärtigen Teil Morporks. Was genau ihre jeweiligen Abteilungsleiter dazu verleitet hatte ausgerechnet diese beiden zusammen an den mutmaßlichen Schauplatz eines möglichen Verbrechens zu schicken, wo sie doch beide ihre Ausbildungen noch lange nicht abgeschlossen hatten, erschloss sich ihnen nicht. Sie fanden die Werkstadt nicht nur unverschlossen, sondern das Tor sogar weit offen. In anderen Ecken der Stadt hätte dies zur Folge gehabt, dass alle bewegliche Habe innerhalb der Werkstadt innerhalb kürzester Zeit neue Eigentümer gefunden hätte. Hier war das nicht der Fall, die zwergische Nachbarschaft hatte offensichtlich ein Auge auf der Straße. Eine gute Nachbarschaft war Gold - oder andere hochwertige Dinge - wert. In diesem Fall hatte sie einen großen Schatz aus Papier, Werkzeugen und seltsamen Maschinen geschützt. Tussi und Fynn ikonographierten alles ausgiebig und nahmen die Notizen und sonstigen Papiere des Opfers mit zur Wache.

Magane putzte. Der intensive künstliche Geruch des Veilchenputzmittels verursachte ihr wie immer Kopfweh, aber gleichzeitig hatte der Geruch eine reinigende Wirkung. Dieser Fall machte ihr Gedanken. Das Opfer war offiziell identifiziert, auch wenn seine Überreste nicht mehr viel Ähnlichkeit mit seiner ursprünglichen Erscheinung hatten. Seine Eltern hatten ihn abgeholt, im geschlossenen Sarg. Der Brandgeruch war weg, ersetzt durch den penetranten Veilchengeruch und der Schrott vollständig in Braggaschs Büro verschwunden. Beinahe alle Spuren waren fort. Ein junger Zwerg war tot, es gab keinen Hinweis darauf was seinen Tod verursacht hatte. Kein Auslöser für den Unfall. Einen technischen Defekt hatte Braggasch ausschließen können, nach einem Abgleich mit den Originalskizzen des Opfers hatte er seine Theorien bestätigt gefunden. Es war als wäre der Fahrer einfach so auf gerader Strecke gegen einen Baum gefahren. Der Gedanke an Selbstmord hing im Raum, aber die Gerichtsmedizinerin glaubte nicht daran, es fühlte sich nicht nach Selbstmord an. Also wenn es keine Absicht war, kein technisches Problem und auch nicht die Straßenverhältnisse, was war es dann?
Welchen Faktor hatten sie übersehen?

Otto Chriek hatte den Fall aus dem Hintergrund beobachtet, für einen Zeitungsikonographen gab es leider keinen Grund mehr sich offiziell zu interessieren. Er hatte am Morgen nach dem Unfall einige Aufnahmen von dem angesengten von Stadtwacheflatterband umgebenen Baum gemacht - sie waren nicht graviert worden - damit war er raus aus der Sache. Aber er hatte Mittel und Wege gefunden um sich auf dem Laufenden zu halten. Leider hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass das alles seine Schuld war, es gab keine andere Erklärung, der Fahrer des Fahrzeuges hatte aufgrund seines ultrahellen Blitzes die Kontrolle verloren. Er war ja daran gewöhnt, dass die Blitzsalamander für ihn gefährlich waren, aber für die Lebenden, damit hätte er nie gerechnet. Er musste den Blendfaktor reduzieren, so konnte er diese Salamander nicht mehr einsetzen, das war zu gefährlich. Was sollte er nun mit den drei verbliebenen Salamandern anfangen? Wahrscheinlich wäre es das Beste die armen Biester in der Wüste auszusetzen... aber persönlich konnte er sie nicht wegschaffen.
Vielleicht gab es da eine andere Möglichkeit...

Braggasch war sich inzwischen sehr sicher wie dieses Ding funktionierte und es sah auch alles so aus als ob es funktionieren würde. Der Brennstoff hatte ihm einige Schwierigkeiten bereitet, aber nachdem er einen Brocken fossilen Sirups in einer Mischung aus einem Teil altem Frittierfett und zwei Teilen Knieweich gelöst hatte lief der Motor ohne Last fehlerfrei. Auf einen aufwendigen Aufbau hatte er verzichtet, zunächst musste er wissen ob das Modell etwas taugte. Wenn es in Flammen aufging brauchte er ja nicht unbedingt ein Gehäuse zu verschwenden. Er betankte den Brenner mit Hilfe einer Pipette und entzündete die Flamme mit einem Kienspan und setzte den Modellwagen auf den glatten Boden des Wachhausflurs. Es dauerte ein paar Minuten bis überhaupt etwas geschah, dann setzte sich das kleine Fahrzeug langsam in Bewegung. Der Wagen nahm schnell Geschwindigkeit auf. Der stellvertretende Abteilungsleiter der FROG hatte genau berechnet wie viel Wasser im Kessel sein durfte um den Wagen rechtzeitig zu bremsen, bevor er gegen die Wand am anderen Ende des Flurs zu stoppen. Den Bremsmechanismus des Originals hatte er ja nicht einsetzen können, dazu hätte es einen Fahrer gebraucht und das war einfach zu gefährlich. Immerhin war der einzige der jemals ein solches Ding gefahren hatte darin gestorben, beziehungsweise daran. Also hatte er sich erst gegen einen Selbstversuch und dann auch gegen einen Nachbau in Originalgröße, damit auch niemand anderes versuchte das Fahrzeug zu fahren. Jetzt würden nur noch kleine Gnome in diesen Führerstand passen und dagegen konnte er das Modell einschließen.
Es knallte.
Flammen leckten an der gegenüberliegenden Wand auf.
Offenbar hatte er irgendeine Variable in der Berechnung übersehen...

Wenige Tage später fand Selamet bin Achmet in einem Dorf in der Nähe von Al Khali eine Kiste mit Luftlöchern vor. Er konnte kein morporkianisch, deswegen konnte er weder lesen, dass es sich um lebende Tiere handelt, noch konnte er den Begleitbrief entziffern. Wäre er dazu in der Lage gewesen, hätte er erfahren, dass sein Name und sein Dorf zufällig ausgewählt worden waren. Außerdem enthielt der Brief die Bitte den Tieren in der Wüste die Freiheit zu schenken. Das alles ahnte Selamet nicht, aber seine Neugier trieb ihn dazu die Kiste zu öffnen.
Im hellen war der grelle Blitz der verärgerten und überraschen Lurche nicht so schlimm, Selamet taumelte trotzdem zurück und hielt sich die Augen zu.
Als er wieder hinsah war die umgefallene Kiste leer.
[1] Ja, ein bisschen charakterliche Ähnlichkeit mit einer verfressenen Katze ist vorhanden, ist schließlich ein fiktiver Geier.

[2] genauer gesagt, die besorgte Mutter, aber wie gesagt zu traditionell um sowas zuzugeben

Zählt als Patch-Mission für den AL SUSI / Gerichtsmedizinerin-Patch.



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Feedback:

Von Ophelia Ziegenberger

16.9.2013

Die Geschichte hat mir gefallen. Zum Einen, weil sie die Thematik der Überlastung einiger Abteilungen ungeschönt aufgriff, während die Übriggebliebenen trotzdem alles am Laufen halten und ihre jeweiligen Strategien finden, um mit dem Zuviel an Arbeit umzugehen. Zum Anderen, weil Du auf die zwanghafte Verwendung aller Abteilungsmitglieder, nachdem es sich nicht mehr um eine Pokey handelte, verzichten konntest und stattdessen eine nette Mischung quer durch verschiedene Abteilungen zusammen getan hast. Ihren Stärken entsprechend. Allerdings kam sie mir durch die fast ausschließlich genutzte Innensicht der Figuren etwas zu unaufgeregt daher - ich liebe Dialoge und habe sie daher etwas vermisst. :-)

Von Sebulon, Sohn des Samax

07.10.2013

Hat mir sehr gefallen! Weiter so!
(Wobei ich über die umgängliche Frau Willichnicht schon erstaunt war ... :D)

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