Wo zur Hölle...

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von Hauptgefreiter Braggasch Goldwart (FROG)
Online seit 01. 08. 2009
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 Außerdem kommen vor: Carisa v. Schloss EscrowNorti RabenpelzAraghast BreguyarTyros y GracoRogi FeinstichNyvaniaValdimier van Varwald

Der Kommandeur der Stadtwache ist verschwunden! Eine Entführung? Ein Fluch? Ein Mord? Keine leichte Aufgabe für die FROGs, vor allem da ihr Abteilungsleiter alles für einen schlechten Scherz hält...

Dafür vergebene Note: 12

... fünf Tage vor Tag X ...
Valdimier van Varwald saß in seinem Büro, die Beine auf dem Schreibtisch, gefährlich weit in seinen Stuhl zurückgelehnt, so, dass nur noch dessen hintere Füße den Boden berührten, hatte einen kleinen Block auf seinem Schoß liegen, in den er kleine Kreise malte, und wäre beinahe nach hinten umgefallen, als Humph ruckartig die Tür öffnete.
"Wo steckt der Kerl?", donnerte der DOG Abteilungsleiter.
Val krallte sich, mühsam das Gleichgewicht haltend, mit den Händen in seinen Schreibtisch. "Wie? Was? Wer?"
"Der Kommandeur natürlich, wer sonst? Seid zwei Tagen komme ich regelmäßig vorbei, um endlich diese Rekrutensache mit Breda von ihm absegnen zu lassen, aber er ist nie anzutreffen."
Der Vampir brachte sich wieder in eine aufrechte Position, griff nach seinem Notizblock und legte ihn samt Stift ordentlich zur Seite, bevor er sinnierend antwortete: "Jetzt, wo du es sagst, ich hatte gestern eine Besprechung mit ihm, doch er ist nicht aufgetaucht. Ich hatte einfach angenommen, dass er wieder einmal spontan beim Patrizier vorgeladen wurde, oder etwas in der Art."
MeckDwarf strich sich durch das struppige Haar und warf einen schnellen Blick nach rechts und links. "An deiner Stelle würde ich mal nachforschen, was da los ist. Kann ja alles mögliche mit ihm passiert sein, und das wäre dann ne Sache für euch Frösche."
Mit dieser mysteriösen Aussage ließ er den Abteilungsleiter der FROGs wieder mit sich allein im Raum zurück.
Valdimier schüttelte lächelnd den Kopf. Zwar brachte er Bregs ein gutes Maß Misstrauen entgegen, doch trotzdem war der Halbvampir seiner Meinung nach bestens dafür geeignet, auf sich selbst aufzupassen.
Ruhig fügte er den bestehenden Kreisen ein paar weitere hinzu.

... zwei Tage vor Tag X ...
"Es ist eindeutig Blut, ja - und dem Vergleich nach zu urteilen tatsächlich das des Kommandeurs.", erklärte Ratti der neben dem Labortisch stehenden Igorina. "Zumindest aber das eines Vampirs, oder sagen wir eher fast das eines Vampirs."
"Und fo, wie wir Araghaft kennen, wird er nicht einfach einen fweiten Halbvampir in fein Fimmer bluten laffen, ohne unf etwaf davon mitfuteilen.", bestätigte Rogi die Vermutung der kleinen Laborantin.
Diese wischte ihre Hände an einem der Lappen ab. "Wo genau wurde es noch mal gefunden, sagst du?"
"Der Obergefreite Kamilluf hat ef bei einer Durchfuchung def Bürof des Kommandeurf gefunden. Laut feinem Bericht war ef ein kleiner Fleck auf halber Höhe fwifen dem Freibtif und dem Regal, welchef völlig durchwühlt war."
"Aber wenigstens Rascaal hätte doch Kampfgeräusche hören müssen? Ich bin mir ziemlich sicher, dass Bregs sich nicht ergeben würde, ohne gehörig Widerstand zu leisten..."
Chief-Korporal Feinstich nickte. "Fo ift ef."
"Myteriös..."
"Ganf richtig."

... drei Tage vor Tag X ...
Ein leises Knacken war das einzige, was die Stille des Raumes störte. Ein ebenso winziges Schaben ertönte, gefolgt von einem Klicken. Die Tür öffnete sich.
"Bist du hier etwa schon mal eingestiegen?"
"Äh... nein, äh, hier noch nicht..."
Kamillus betrat vorsichtig den Raum und sah sich zu allen Seiten um. "Unglaublich, dass er uns den Befehl gegeben hat, ins Allerheiligste des Kommandeurs einzubrechen..."
"Ist der Kommandeur denn, äh, Priester oder so etwas?"
Schimmlersohn sah seinen Kollegen verständnislos an. "Was?"
"Äh... na ja, du sagtest was von Aller-äh-heiligsten."
"Das ist doch nur-", der Späher unterbrach sich und verdrehte die Augen. "Hilf mir einfach suchen, Brags, ja?"
Die beiden Zwerge schlichen weiter in das Büro hinein. Keiner von beiden wusste, warum sie sich derart leise bewegten, aber sicher war sicher. Am Ende wartete Araghast noch in einer dunklen Ecke, darauf lauernd, einen unvorsichtigen Besucher erschrecken zu können.
Während Kamillus sich dem Schreibtisch zuwandte und mit einem kleinen Holzstab die Schreibunterlagen sichtete, wandte sich Braggasch den Schränken und Regalen zu.
"Sieh mal, äh, hier.", durchbrach seine Stimme kurz darauf die geschäftige Ruhe.
"Hmm?"
"Sieht so aus, als ob, äh, hier jemand etwas gesucht hat... äh..." Goldwart deute auf ein Fach des Regals, welches schlichte Unordnung preisgab. "Aber, äh, seltsamerweise nur da..." Der dünne Zwerg betrachtete den entsprechenden Fund genauer, konnte aber außer einigen Stiften, einer Pappschachtel, uninteressanten Notizen, der aktuellen Durchmusterungsreihenfolge und einer Packung Schwefelhölzer nichts spannendes oder klauwürdiges entdecken.
Der dienstältere Späher, welcher gerade zu seinem Kollegen hatte aufschließen wollen, verharrte mitten in seiner Bewegung und starrte auf den Boden.
"Ob jetzt Regal oder nicht... das hier wird Valdimier bestimmt sehen wollen... Hast du etwas kleines dabei, was Blut aufnehmen könnte?"

... Tag X ...
Dankbar nahm Bregs die Tasse entgegen und ließ den heißen Tee seine Kehle herunterrinnen, bevor er antwortete: "Wenn du es genau wissen willst..."
"Ja, das will ich... Sir.", warf van Varwald ein.
"... ich habe mich am Papier geschnitten. Der dreifach verfluchte Papierkram brachte mich wieder einmal dermaßen zur Weißglut, dass ich nicht auf meine Finger geachtet habe."
Der vollwertige Vampir zog fragend seine Augenbraue in die Höhe. "Am Papier geschnitten... Und das durchwühlte Regal?"
"Meine Güte, ihr seid wirklich gründlich gewesen, was?", Araghast lachte leise, er war bester Laune. "Ich habe nach einem Tuch gesucht, um es mir auf den Finger zu drücken. Das ist alles."
"Das hat für ganz schön Furore gesorgt... Aber weiter im Text..."
Der Kommandeur hob Einhalt gebietend die Hand. "Mein lieber Valdimier. Lass mich doch erst einmal zur Ruhe kommen, bevor du mich mit all deinen Fragen überfällst." Genüsslich lehnte er sich zurück und atmete tief aus. "So. Jetzt."

... vier Tage vor Tag X ...
"... wenn man MeckDwarf glauben schenken kann, seit drei Tagen." Gelangweilt blickte der Abteilungsleiter über seine FROGs hinweg. "Ich habe bereits mit den anderen Offizieren geredet, niemand hat eine Anweisung oder Notiz von Bregs erhalten."
Carisa vom Schloss Escrow meldete sich.
"Ja, Korporal?"
"Vielleicht ist er entführt worden, Sör?"
Schlumpi nickte. "Denkbar. Ich wette, viele düstere Gesellen würden ihn gerne verschwinden sehen."
"Es könnte sogar Mord gewesen sein!", quiekte Nyvadia. "Der Kommandeur der Stadtwache - umgebracht!"
Kamillus musterte die Wasserspeierin kritisch. "Wenn wir schon von einem Mordanschlag ausgehen, könnten wir auch sagen, dass er einfach getürmt ist. Es wurde ihm zu viel."
"Oder er ift einer Befeffenheit anheim gefallen..."
"Stimmt, den Zauberern ist alles zuzutrauen!", warf Tyros y Graco sarkastisch ein.
Valdimier hob Einhalt gebietend die Hände. Die Abteilung beruhigte sich. "Wir sollten uns nicht in Spekulationen verlieren. Ja, er kann in eine Messerstecherei geraten sein, ja, er kann der Wache den Rücken gekehrt haben - aber genauso gut könnte er sich nur an einem von Schnappers Würsten den Magen verdorben haben. Fakt ist, ich wurde gedrängt, der Sache auf die Spur zu gehen. Nun denn. Sollte tatsächlicher einer der Feinde des Kommandeurs über derartige Finanzmittel verfügen um einen Assasinen bezahlen zu können - und ich bin mir ziemlich sicher, dass ein derartiger Auftrag wirklich gut bezahlt werden muss - dann ist das dokumentiert... und vielleicht liegt seine Leiche ja auch noch irgendwo herum."
Ein Großteil der Frösche blickte schockiert.
Van Varwald lächelte leicht. "Obergefreiter Schimmlersohn, Hauptgefreiter Goldwart, ihr werdet, sollte es bis morgen immer noch kein Zeichen von Araghast geben, in sein Büro eindringen."
"Aber, äh, Sör... ist das nicht, äh..." Hilfesuchend sah Braggasch zu seinem Kollegen, doch der wirkte ebenso verdutzt wie er selbst. "Oberstabsspieß Harry hat mir, äh, immer verboten... äh..."
"Und ich erlaube es jetzt wieder, verstanden, Hauptgefreiter? Danke. Zunächst werden sich allerdings die Hauptgefreite Giandorrrh und der Gefreite Rabenpelz in der Assasinengilde umhören. Der Rest von uns befragt Kollegen. Vielleicht hat ja irgendjemand gesehen, ob er das Wachhaus verlassen hat. Da fällt mir ein: Rogi, finde heraus, welche Rekruten in den letzten drei Tagen am Tresen Dienst hatten."
"Verftanden."
"Nun, meine Damen, worauf warten sie noch? Husch-husch! Ach - und bevor mir Beschwerden reinkommen: Bis diese Sache vorbei ist, seid ihr von euren sonstigen Pflichten entbunden. Mit ein bisschen Glück ist dann bald alles vorbei."
Valdimier wedelte mit den Händen und die FROGs versuchen - möglichst gleichzeitig - den Besprechungsraum zu verlassen. Zurück blieb nur Rogi, die narbige Stirn in Falten gelegt.
Der Abteilungsleiter sah sie herausfordernd an. "Ja?"
"Wenn du mir einen Kommentar geftatteft... du feinft nicht ganf bei der Fache zu fein."
"So? Na ja, vielleicht liegt es daran, dass ich Bregs zutraue, dass dies alles nur ein schlechter Scherz ist, um uns zu testen."
Die Igorina neigte verneinend den Kopf von rechts nach links. "Fei dir da nicht fo ficher. Bifher wuffte immer irgendwer Befeit, wenn Araghaft fort war."
"Glaub mir, heute Abend wissen wir mehr. Bis dahin spielen wir sein Spiel mit.", meinte der Feldwebel mit einem Schulterzucken.

... zwei Tage vor Tag X ...
Zweifelnd blickte der Vampir seine Stellvertreterin an. "Niemand hat etwas gesehen?"
"Nein. Der Rekrut Ron Kleinfuh beftätigte fwar, daff Araghaft daf Wachgebäude vor fünf Tagen verlaffen hatte, aber er ift fich ebenfo ficher, daff er keine fwei Ftunden fpäter wieder furück kam und in fein Büro ging."
Mittlerweile leicht nervös tippte Valdimier sich mit dem Zeigefinger aufs Kinn. "Mist. Dann deuten alle Hinweise tatsächlich auf eine Entführung hin..."
"Alle Hinweife?"
"Ja. Hier ist Kamillus Bericht. Ich hätte ihn dir per Rohrpost geschickt, aber anscheinend gibt es da wieder kleinere Probleme. Da Norti und Mindorah nichts entsprechendes in Erfahrung bringen konnten, habe ich gestern die beiden Zwerge in Bregs Büro geschickt. Sie haben Blut gefunden und noch andere... beunruhigende Dinge. Ich bin noch nicht dazu gekommen - könntest du die Blutprobe ins Labor bringen und untersuchen lassen? Ich will wissen, ob es wirklich sein Blut ist. So schnell wie möglich."
Rogi nickte. "Natürlich." Sie nahm den Bericht und die abgebrochene Löffelspitze, in der einige winzige Brocken getrockneten Blutes lagen, an sich und verließ van Varwalds Büro.

... drei Tage vor Tag X ...
"Na gut, Brag, das ist dein Fachgebiet: Wie würdest du in einen Raum einbrechen, so dass es aussieht, als ob du das Fenster von innen geöffnet hättest?"
Goldwart, der sich gerade das Regal entlang bis zu einer Zimmerecke vorgearbeitet hatte, drehte sich erstaunt zu seinem Kollegen um. "Äh... wieso?"
"Versuch es dir einfach vorzustellen."
"Ich, äh, würde... denke ich... eine drei Millimeter Kupfersonde verwenden, die einfach unter dem Fensterspalt hindurch geschoben werden kann, so dass der integrierte Haken..."
Kamillus schüttelte den Kopf. "Keinerlei Kratzspuren."
"Dann... äh... könnte man mit mehreren Magneten... äh...", zweifelnd brach Braggasch ab.
"Ja?"
Der blonde Zwerg fuhr sich durch den Bart. "Nein. Dafür bräuchte man, äh, mehr Platz. Das kann man kaum.. äh... in dieser Höhe bewerkstelligen. Luftdruck?"
"Müssten dann nicht Spuren am Glas zu finden sein oder so?"
"Äh... ja. Ich habe keine Ahnung, Kamillus."
Der dienstältere Späher nickte und verschränkte die Arme vor dem Körper. "Dann hat der Kommandeur seinen Besucher wohl gekannt."
"Äh... weil?"
"Es ist nicht richtig geschlossen, nur angelehnt, so wie man ein Fenster eben von außen zuziehen könnte, ohne vernünftigen Griff. Der Riegel auf der Innenseite hingegen ist immer noch geöffnet und wenn ich das richtig erkennen kann, bräuchte man dafür eine Art Schlüssel. Dazu kommt," Schimmlersohn führte sein Gesicht ganz nah an die Fensterverriegelung heran und betrachtete sie kritisch. "dass ich hier wirklich nicht den geringsten Kratzer erkennen kann, der von einem Draht oder sonst etwas herrühren würde. Meine Schlussfolgerung: Araghast Breguyar hat seinem Besucher von innen das Fenster geöffnet um ihn herein zu lassen."
Burkhards Sohn kratzte sich am Helm. "Äh... wie wahrscheinlich ist es, dass der Kommandeur diesem Besucher ein Geschenk überreicht hat?"
Kamillus drehte sich um. "Was?"
Braggasch zuckte entschuldigend mit den Schultern. "Diese, äh, Ecke hier ist ziemlich staubig. Äh... man kann sehr gut die Abdrücke eines eckigen, äh, Gegenstandes erkennen, der hier mal gestanden hat. Etwa, äh, Schachtelgroß."
"Ich bezweifle, dass er der Typ für Pralinen und Geschenkpapier ist..."
"Äh... was?"
Der Obergefreite stöhnte. "Was ich meine ist: Ich glaube nicht, dass Bregs jemandem Geschenke macht."
"Ja... äh..." Stille. Dann: "Ich glaube wir haben jetzt alles durchsucht..."
"Ja..."
"Er ist, äh, erstaunlich ordentlich, findest du nicht?"
"Sieht so aus..."
"Äh... meinst du, äh, wir sollten jemandem von dem... äh... du weißt schon erzählen...?"
Schimmlersohn sah seinen Kollegen ernst an. "Nein das werden wir nicht. Das ist ganz alleine seine Sache und auch wir werden es schnell wieder vergessen, sobald wir den Raum verlassen haben."
"Ja... äh... ich glaube, äh, das ist eine gute Idee..."
Sorgfältig schlossen sie die Tür wieder ab.

... zwei Tage vor Tag X ...
Kaum hatte die Igorina das Büro des Abteilungsleiters verlassen, öffnete sich die Tür erneut. Jemand stolperte herein, hielt sich mit Mühe und Not am Türknauf fest und kam nur langsam wieder zu Gleichgewicht.
"Gefreite Trovloff, was kann ich für dich tun?", fragte Valdimier gedehnt.
Sayada salutierte fahrig. "Ich weiß etwas... das heißt, ich habe etwas in Erfahrung bringen können, was uns vielleicht weiterhilft."
Der Vampir lehnte sich zurück, fügte den vielen Kringeln auf seinem Block einige weitere hinzu und bedeutete der jungen Frau: "Dann bitte."
Die Gefreite öffnete entschlossen den Mund... und schloss ihn wieder.
Van Varwald zog eine Augenbraue in die Höhe. "Ich warte."
"Moment, ich versuche mich zu erinnern, Sör..." Verzweifelt rieb sie ihre Schläfen, dann erhellte sich ihr Gesichtsausdruck. "Ah! Damien war es!"
Ihr Vorgesetzter sah sie nur stumm an.
"Der mir weiterhelfen konnte, Sör. Damien G. Bleicht. Er hat gesagt, dass er vor einer Woche jemanden am Fenster des Büros des Kommandeurs gesehen hat leider von weiter weg und als er näher heran ist um ihn besser sehen zu können da war er schon weg deshalb weiß Damien auch nicht wie er ausgesehen hatte und dachte er hätte ihn sich nur eingebildet deswegen hat er nichts gesagt aber als ich ihn jetzt fragte ist er damit herausgerückt."
Vadimier blinzelte. "Weißt du, Gefreite Trovloff, du bist wie eine personifizierte Progressionszone."
"Wie meinen sie das, Sör?"
"Jetzt gerade zum Beispiel: Du redest quantitativ viel, doch nur wenig davon ist qualitativ zu gebrauchen - man muss schon sehr genau hinhören. Trotzdem macht man durchaus Fortschritte, heißt, die Information könnte durchaus wichtig sein."
Unglücklich trat die zierliche Frau von einem Bein auf das andere, was dem kleinen Vogel auf ihrer Schulter ein nervöses Piepen entlockte. "Wissen wir denn schon was, Sör?"
Das FROG-Oberhaupt nickte. "Wir gehen von Entführung aus. Dein Hinweis verstärkt diese These noch. Laut Kamillus Bericht könnte es sich folgendermaßen abgespielt haben: Ein unbekannter Humanoid, jemand, den Araghast kennt, klettert zu dessen Fenster hinauf und wird vom Kommandeur hineingelassen. Dieser entdeckt allerdings, dass sein Besucher nicht in freundlicher Absicht erscheint. Es kommt zu Gerangel - wie haben Blut gefunden - der Besucher oder Bregs selber wird gegen das Regal geworfen - es gab Spuren der Verwüstung - doch schließlich ergreift der Entführer einen großen eckigen Gegenstand, der in der Ecke des Raumes stand und schickt Araghast damit ins Reich der Träume. Er entwendet den Gegenstand um Spuren zu verwischen und flüchtet mit dem bewusstlosen Kommandeur."

... Tag X ...
Breguyar lachte. "Was für ein grandioser Fehlschluss."
"Danke.", entgegnete der Vampir kühl. "Im Nachhinein gesehen kann man natürlich die Fehler meiner Annahme erkennen. Wenn du die Güte hättest, einen Moment mit dem Lachen aufzuhören, kannst du mir bestimmt erklären, wieso dein Fenster von innen geöffnet war."
Der Kommandeur der Stadtwache jappste nach Luft. "Natürlich... weil ich es aufgemacht habe."
"Also hast du jemanden hinein gelassen?"
"Nein... nicht wirklich."
Valdimier seufzte entnervt. "Das bedeutet?"
Araghast schüttelte den Kopf. "Du zuerst. Bitte fahr fort, das ist alles zu amüsant!"
Der Feldwebel biss die Zähne zusammen, nahm den Faden jedoch wieder auf.

... vier Tage vor Tag X ...
Der Nachmittag war bereits angebrochen, als Norti und Mindorah an der Pforte einer gewissen Gilde der Assasinen klopften.
Mürrisch wurde der Verschluss eines Guckloches zur Seite geschoben und ein kleines Auge lugte hinaus.
"Ja, bitte?"
Die Ranghöhere hielt ihre Marke vor das Loch in der Tür und sagte klar und verständlich: "Hauptgefreite Giandorrrh und Gefreiter Rabenpelz von der Wache der Stadt Ankh-Morpork. Wir hätten Fragen zu der Existenzsituation einer wichtigen Person."
"Ihr solltet wissen, dass wir ohne ausdrückliche Genehmigung des Patriziers keine Informationen über Dritte weitergeben dürfen. Habt ihr etwas Entsprechendes vorliegen?", erklärte die Stimme nicht ohne Genugtuung.
Die Kommunikationsexpertin lies nicht locker. "Es geht um eine eher... persönliche Angelegenheit."
"Oh. Ist jemand der werten Kollegen kürzlich inhumiert worden?" Die Stimmlage verriet Verwunderung und Argwohn.
"Genau das herauszufinden sind wir hier."
Sekunden verstrichen. Dann wurde der große Riegel zur Seite geschoben und das Tor schwang auf.
"Hallo Wach, Anwärter.", begrüßte sie ein großer, hagerer Mann mit einem höflichen Lächeln.
Norti grinste auf seine typische Art zurück. "Auch Hallo!"
"Dies ist mein Name.", stellte der Pförtner richtig. "Sie dürfen gerne Witze darüber machen, ich habe sie alle schon gehört. Wenn sie mir bitte in den Warteraum folgen würden?"
Die beiden Wächter wurden in einen düsteren Raum geleitet, in dem stilvolle und dunkle Polstermöbel die Einrichtung dominierten.
Wach wies auf die Sitzmöglichkeiten und erläuterte: "Ich werde fragen, ob ihnen die Informationen zugänglich gemacht werden und sie entsprechend zusammensuchen. Bitte verraten sie mir den Namen des bedauernswerten Stadtwächters."
"Breguyar, Araghast, Kommandeur.", sagte Mindorah kühl.
Der Assasine stutze, nickte dann aber und verließ den Raum.
"Jetzt bin ich aber mal gespannt...", stellte Rabenpelz fest und nahm eine Priese Pulver Nummer Eins aus einer der vielen Taschen, um diese nervös zwischen den Fingern zu reiben.
Lange mussten sie nicht warten. Schon zwanzig Minuten später erschien der Hagere, ein Blatt in der Hand.
"Und, gibt es einen Auftrag?", wollte Giandorrrh ungeduldig wissen.
Hallo sah vom Papier auf und lächelte erneut. "Die Frage, werte Dame, ist nicht die, ob es einen Inhumierungsauftrag gibt, sondern wie viele. In den letzten Jahren wurden ein gutes Dutzend Aufträge auf den Herrn Breguyar ausgestellt und die Gebühr ist teilweise enorm."
"Von wem kam der letzte?", hakte Norti nach.
"Diese Auskunft werde ich ihnen nicht erteilen, doch es wird sie sicherlich freuen zu hören, dass bisher keiner dieser Aufträge erfolgreich durchgeführt wurde. Genauer gesagt liegen die entsprechenden Anträge seid geraumer Zeit brach, da sich niemand dieser Angelegenheit annehmen will. Ihr Kommandeur ist eine wahre Karteileiche, könnte man sagen." Der Pförtner lächelte über seinen eigenen Witz.
Der Zwerg schob das Pulver zurück in die Taschen. "Das heißt also, dass keiner Araghast umgebracht hat?"
"Zumindest war ganz sicher niemand aus diesem Hause im Sinne einer Inhumierung der genannten Person tätig."
"Danke, Herr Wach, sie haben uns sehr geholfen." meinte Mindorah.
"Es war mir eine Freude."
Der Assasine führte die Kommunikationsexpertin und den nachdenklich wirkenden Alchemikexperten hinaus.
Er hatte die Tür beinahe hinter sich geschlossen, als sich Norti mit einem zufriedenen Grinsen umdrehte und rief: "Ich hoffe, sie müssen nicht zu lange auf den nächsten Besuch wachten!"
Entnervt wurde der Riegel vorgeschoben.
"Den hat er bestimmt noch nicht gehört.", erklärte Rabenpelz seiner streng schauenden Kollegin schulterzuckend.

... drei Tage vor Tag X ...
Unglücklich und desillusioniert lief Steffan Angelhart durch die Stadt. Die Aufgabe, die der Leiter seiner neuen Abteilung, der FROGs, ihm erteilt hatte, war denkbar einfach: "Finde heraus, ob sich Araghast nicht einfach irgendwo verbirgt und sich ins Fäustchen lacht."
Allerdings wäre die Sache weitaus weniger kompliziert gewesen, wenn der Icksianer auch nur die Spur einer Idee gehabt hätte, wo er anfangen sollte. Feldwebel Varwald hatte ihm eingeschärft, mit niemandem aus der Wache über seinen Spezialauftrag zu reden. Sollte dies nämlich ein Test des Kommandeurs sein, wie der Vampir verschwörerisch hatte verlauten lassen, würde ganz bestimmt jemand Bescheid wissen und es Bregs entsprechend mitteilen - und Valdimier ließ keinen Zweifel daran, dass ein hereinfallen auf Breguyars spaßigen Plan das letzte war, was er wollte. Trotz reiflicher Überlegung hatte Steffan der Logik dieser Argumentation nicht ganz folgen können, doch es war ein Auftrag, und es erklärte die Tatsache, warum er den Jüngsten der FROGs mit dieser Aufgabe betraute, da er, Angelhart, wohl kaum jetzt schon vom Kommander ins Vertrauen gezogen würde.
Seufzend begann der leichte Armbrustschütze i.A. seine Suche im Hafen.

... zwei Tage vor Tag X ...
Tyros y Graco grüßte den Pförtner, der ganz sicher keine Ahnung hatte, wer der Wächter war, sich aber von dessen selbstbewussten Auftreten beeindruckt zeigte, schritt den Kiesweg entlang, betrat das Hauptgebäude, wartet kurz in einer Nische darauf, dass eine Horde quasselnder Studenten vorbei eilten, lief die Treppe hinauf und klopfte an eine Tür.
"Herein.", erklang es dumpf von drinnen, bevor sich die Tür wie von Geisterhand öffnete.
Vorsichtig lugte Tyros in den Raum hinein, konnte aber nichts sofort tödliches ausmachen und trat einen Schritt über die Schwelle. Sekunden später schlug die Tür ins Schloss.
Wenig Zeit hatte der Sohn aus magischer Familie an diesem Ort verbracht, doch lange genug um zu wissen, dass er sich jetzt ganz still verhalten musste und bloß keine falsche Bewegung machen durfte.
Ein leises Schnaufen ertönte und kurz darauf schob sich ein wohlbeleibter Zauberer durch eine der Türen, die von seinem Arbeitsraum abgingen. Seife tropfte von seinem Bart und eine brennende Zigarette steckte zwischen den Lippen. In der Hand hielt er einen kurzen Stab, das eisenbeschlagene Ende auf y Graco gerichtet.
"Oh, ein Wächter.", stellte der Magieanwender undeutlich fest und ließ den Stab sinken. "Verzeihung, ich habe angenommen, dass einer meiner niederen Kollegen... hm... einen Scherz mit mir treiben wollte."
"Man kann nie vorsichtig genug sein...", murmelte der Alchemikexperte, behielt den Zauberstab jedoch im Blick. "Manche Späße können ins Auge gehen."
Der dicke Zauberer nickte. "Ich sehe, wir verstehen uns. Was kann ich für sie tun, Herr Wächter?"
"Zuerst einmal wäre ich ihnen sehr dankbar, wenn sie sich etwas anziehen würden."
"Ich habe meinen Hut auf."
"Ich meinen unten herum."
Der alte Mann sah nach unten, zuckte mit den Schultern und ging zurück ins Badezimmer. Wenig später erschien er erneut, bekleidet mit einer Hose, und wischte sich mit einem Handtuch das Gesicht trocken, während der Stummel glühend in seiner Linken ruhte. "Besser?"
"Danke." Tyros hatte sich in der Zwischenzeit eine ungefährlich wirkende Sitzgelegenheit gesucht.
"Gut. Zurück zu meiner Frage. Ich habe ewig keinen Besuch der Stadtwache mehr bekommen. Ich hoffe, es ist nichts ernstes?"
Der Wächter lächelte. "Zuerst einmal: Ich bin nicht irgendein Mitglied der Wache..."
"Hmm?" Der Zauberer warf das Handtuch zurück ins Bad und griff nach einer Brille, die er sich aufsetzte. "Hmm..." Langsam ging er um y Graco herum.
"Ich gebe ihnen einen Tipp, Professor: Schwellzauber."
Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des rüstigen Dicken aus. "Ja... ich erinnere mich. Hat furchtbar lange gedauert, die Sauerei wieder weg zu machen. Gyros, richtig?"
"Fast."
"Ist lange her, seit du hier warst und dich von mir hast testen lassen, ob du nicht doch das Zeug zum Zauberer hast."
Der Obergefreite nickte. "Fünf Jahre oder mehr."
"Was kann denn der alte Professor Schmelztiegel nach dieser langen Zeit für dich tun?"
"Informationen, Professor, in ihrer Position dürften sie einige der, sagen wir, delikateren Dinge wissen."
Der Zauberer zog genüsslich an der Zigarette, bevor er antwortete: "Aber du bist dir doch im klaren darüber, dass ich keine Universitätsgeheimnisse ausplaudern werde, es sei denn, ich könnte einem höher gestellten Professor damit schaden, oder?" Er zwinkerte.
Tyros grinste zurück. "Dessen bin ich mir voll bewusst, und vielleicht kommen sie auf ihre Kosten. Ich wüsste gerne, rein aus Interesse, ob jemandem hier daran gelegen sein könnte, den Kommandeur der Stadtwache mit einem Fluch oder ähnlichem zu belegen."
"Oha. Der Kommandeur, sagst du? Wäre eine große Sache, aber ich muss dich enttäuschen. Alle, die so etwas geheim halten könnten, kommen ganz gut mit Araghast aus... indem sie ihm aus dem Weg gehen und er ihnen ebenso. Und ganz sicher hat auch niemand von außen für eine solche Ausübung der Magie gezahlt, sprich: einen Auftrag gegeben, das hätte ich auf jeden Fall mitbekommen."
Der Wächter strich sich nachdenklich durch das bunte Haar. "Ist vielleicht mal wieder etwas aus den Kerkerdimensionen entkommen, das ihn besessen haben könnte?"
Wieder ein Schulterzucken. "Wenn es dir so wichtig ist, lass uns nachsehen."
Schmelztiegel ging zu seinem Schreibtisch, zog die Schublade auf und kramte eine kleine Kristallkugel hervor, von der er sorgsam den Staub pustete. Er stellte sie in eine kaum sichtbare Vertiefung im Tisch und strich mit den Fingerspitzen vorsichtig über das Glas, bis er eine Handhaltung gefunden hatte, die ihm behagte. Minuten der Konzentration vergingen.
Schließlich öffnete der Professor die Augen und schüttelte den Kopf. "Ich kann dir zu einer Wahrscheinlichkeit von zweiundvierzig Prozent versichern, dass in den letzten Tagen kein Ausbruch aus der Kerkerdimension im Rahmen Ankh-Morporks stattgefunden hat."
"Zweiundvierzig Prozent? Scheint mir wenig beruhigend..."
Der Zauberer winkte ab. "Der Rest sind Messungenauigkeiten."
"Ah... ja." Nachdenkliche Stille folgte. Dann: "Nun, vielen Dank für ihre Mithilfe, Professor." Y Graco zog ein Päckchen Zigaretten hervor und legte sie auf einen Abstelltisch.
"Aber gerne doch.", erwiderte Schmelztiegel, während seine Augen gierig das Geschenk musterten.
Nach einem kurzen Händedruck verließ Tyros die Unsichtbare Universität ebenso unauffällig, wie er gekommen war.

... drei Tage vor Tag X ...
"Rekrut Kleinfuh?"
Hastig bemühte sich der Angesprochene Haltung anzunehmen. "Mäm!" Es wurde zackig salutiert.
"Fehr ordentlich, aber laff den Blödfinn." Um ihren Worten die Schärfe zu nehmen, lächelte die Igorina aufmunternd, was den Narben ihres Gesichts ein interessantes Eigenleben verlieh. "Wir haben wichtigef fu befprechen. Laut Unterlagen hatteft du vor vier Tagen Dienft am Trefen?"
Rons Hand wanderte wie von selbst zur Nase, doch er zwang sie wieder hinunter. "Ich denke... Ja, ich sollte an diesem Termin Dienst gehabt haben müssen..."
"Waf?"
"Ja, Mäm."
"Gut." Rogi ließ sich an den Tisch nieder, an welchem der Rekrut gesessen hatte, was dieser als Erlaubnis auffasste, sich ebenfalls zu setzen. "Erinnerft du dich daran, daff der Kommandeur fu irgendeinem Feitpunkt an diefem Tag daf Gebäude verlaffen hat?"
"Oh ja, Mäm." Kleinschuh nickte fleißig. "Er verließ das Wachgebäude am Vormittag. Aber er hat nicht gesagt, wohin er geht. Und immerhin ist er der Kommandeur, da fragt man nicht..."
"Fon gut, Rekrut."
Eifrig fuhr der junge Mann fort: "Und er hatte einen Kasten bei sich."
Der Chief-Korporal stutzte. "Waf für einen Kaften?"
"Ich weiß nicht genau. Er war so groß." Er zeigte es mit den Händen. "Und von einem unauffälligen braun."
Feinstich kratzte sich am Kopf. "Feltfam..." Kurz starrte sie vor sich hin.
"Mäm?"
"Danke, Rekrut, du haft unf fehr geholfen. Ef ift eine äufertft wichtige Information, daff Araghaft von felbft daf Gebäude verlaffen hat."
"Oh, aber er ist wieder zurück gekommen!", beeilte sich Ron anzufügen.
"Wann?"
"Nach ungefähr zwei Stunden."
"Und danach hat er daf Hauf nicht mehr verlaffen?"
"Nicht in meiner Schicht, Mäm. Und die ging an dem Tag lang."
Rogi schüttelte den Kopf. "Daf wird immer verftrickter."

... zwei Tage vor Tag X ...
Die Sonne bereitete sich darauf vor, hinter dem Horizont zu verschwinden.
Müde und nervös schritten eineinhalb Wasserspeier durch die Gänge.
"Es ist doch wirklich erstaunlich...", brachte Nyvania zwischen gelegentlichen Bissen auf einem Teebeutel hervor. "... dass uns bisher niemand weiterhelfen konnte. Von allerlei Vermutungen, die wir auch selbst schon angestellt haben, mal abgesehen."
Ihre Kollegin vom Schloss Escrow nickte. "Mittler'eile dürften wir die Angehörigen jeder Abteilung gefragt haben. Bis au' die von DOG vielleicht, da sie nicht im 'achhaus untergebracht sind."
"Wollen wir vor dem Schlafen gehen noch einen Abstecher zur Buscherie Ruhsch machen?"
"Warum nicht? Ich kann in letzter Zeit so'ieso nicht gut schlafen... Was, 'enn wir es mit einem Serientäter zu tun haben, der es auf 'ächter abgesehen hat?"
Die Püschologin sah ihre Begleiterin sowohl ängstlich als auch analysierend an. "Es steht noch nicht fest, dass es ein Mord war..."
"'arum sollte er sonst so lange 'erschwunden bleiben?"
Nyvania konnte nur ein Schulterzucken erwidern.
Schweigend machten sie sich auf den Weg zur Hauptzentrale der Spezialisten für Gildenangelegenheiten.
Dann standen sie unsicher davor.
"Ich hasse es, in solche Etablissements hineinzugehen.", stellte Carisa fest.
Die Halbwasserspeierin nickte lächelnd. "Vielleicht müssen wir das auch gar nicht." Ihr ausgestreckter Finger deutete auf die Straße. Ein Zwerg kam auf sie zu, in eine Akte vertieft. An seinem Hemd prangte die DOG-Marke.
"Ich glaube, ihn kenne ich noch nicht... 'er ist das?"
"Helmi Bernstein.", antwortete die Püschologin und rief direkt im Anschluss: "He, Helmi!"
Der Angesprochene sah auf und kam auf die beiden zu. Respektvoll salutierte er vor dem Korporal, "Mäm", und sah Nyvania dann fragend an. "Was kann ich für euch tun?"
"Wir bräuchten Informationen in einer sehr beunruhigenden Angelegenheit...", erklärte sie.
"Dann sollten wir besser hineingehen, findet ihr nicht? Immerhin wird es gleich dunkel."
Unangenehm berührt sahen sich die beiden Frauen an. "Ist das nötig? 'ir sollten erst einmal herausfinden, ob du et'as 'eißt, das uns weiterhilft. Es geht um die Ab'esenheit des Kommandeurs..."
Bernstein sah Carisa schockiert an. "Also doch." Verärgert griff er sich an den Kopf. "Er hätte doch auf mich hören sollen!"
"Wie meinen?", wollte die Halbwasserspeierin verwirrt wissen.
"Ihr seid bei mir an genau der richtigen Adresse, wir haben letztens einen Erpresserbrief erhalten. Ich werde ihn euch zeigen."
Vom Schloss Escrow verzog empört das Gesicht. "Und das er'ahren 'ir erst jetzt?"
Helmi hob abwehrend die Hände. "Ich hatte es natürlich dem Kommandeur mitgeteilt, aber er meinte nur lächelnd, dass ich mir darüber keine Sorgen machen bräuchte!" Der Gefreite stürmte ins Bocherie Rouge, dicht gefolgt von den beiden FROGs.

... ein Tag vor Tag X ...
Zufrieden blickte Valdimier auf die Straße weiter unter sich. Der Kunstturm ragte, einen langen Nachmittagsschatten werfend, in sein Sichtfeld. Da der Abteilungsleiter wusste, wonach er Ausschau halten musste, sah er das schwache blinken der Pfeilspitzen Carisas und Stefan Manns, die auf eben jenem Turm in Stellung gegangen waren. Da Kamillus und Braggasch keinerlei Schutzmaßnahmen gemeldet hatten, nahm van Varwald an, dass ihr Eingriff nicht unerwartet kam. Es ärgerte ihn zutiefst, dass die Gilde anscheinend eine derartige Arroganz an den Tag legte, dass sie den Wachleuten nicht zutraute, die Spuren richtig zu deuten. Da Gefreiter Angelhart noch immer nicht von seinem Spezialauftrag zurückgekehrt war - der mittlerweile sowieso seinen Sinn verloren hatte - stand Valdimier außer ihm selbst nur noch der kürzlich zurückgekehrte Schlumpi Wurzelbach als Rückrad der Truppe zur Verfügung. Aus diesem Grund hatte er ihn in der Tarnung eines Bettler unweit des Haupteingangs postiert. Sobald Tyros und Norti das Portal unter dem Wappen mit der nackten Jungfrau auf blauem Grund aufgesprengt hatten, würde er einer der ersten sein, die sich Zugang verschafften. Nyvania und Sayadia neben ihm auf dem Dach sollten die Reaktion der Entführer nach Möglichkeit erkennen und vorausahnen, so dass Valdimier sofort entsprechende Befehle erteilen konnte. Rogi hingegen, die ebenfalls in seiner Nähe weilte, hielt per Taube Kontakt zu der Hauptgefreiten Giandorrrh, welche mit den beiden Spähern darauf wartete, das Gebäude von hinten, sprich: vom Universitätsgelände aus zu stürmen.
Langsam verschwand die Sonne und es wurde dunkler.
Der Vampir nickte und hob den Arm. Zwei vermummte Gestalten näherten sich dem Gildeneingang und machten sich an der Tür zu schaffen. Wenig später reckte eine von ihnen den Daumen in die Luft.
Also dann... Van Varwald schob Mittel- und Zeigefinden zwischen die Lippen und pfiff.
Ein Krachen ertönte, als die Alchemikexperten die Explosion auslösten.
Leise und schnell stürmten die FROGs das Gildengebäude der Beschwörer.
Wenig später schon ertönte ein ähnlicher Pfiff aus dem Gebäude. Valdimier stutzte, schwang sich allerdings vom Dach und lief ebenfalls hinein.

... zwei Tage vor Tag X ...
Nervös kramte Helmi in den Unterlagen auf seinem Schreibtisch.
"Ah. Ja. Hier." Er reichte den beiden aufgeregten Fröschen einen zerknitterten, braunen Zettel.

Bewahrer des Nilpferds. Großes Eierlegen im doppelten Flur. Zwei Monde lang ein halbes Kaninchen. Kein Feuerwerk: Zinkblasen und schlechter Griesbrei.

Nyvania und Carisa sahen sich verwirrt an.
Die Wasserspeierin war es schließlich, die aussprach, was beide dachten: "Was ist das denn für ein Blödsinn?"
Bernstein wippte mit dem Kopf leicht hin und her. "Es ist ein codierter Brief. Er wurde mir überreicht, da ich für so etwas zuständig bin. Zuerst einmal musste ich herausfinden, dass es sich um den Code der Beschwörer handelt. Dann habe ich die Teile, die ich nicht selber wusste, mit Hilfe des passenden Buches übersetzt." Der Zwerg griff nach der Notiz. "Schaut hier: Bewahrer des Nilpferds - das sind natürlich wir, die Stadtwache, da ja das Hippopotamus das Wappentier von Ankh-Morpork ist."
Der Korporal nickte. "Soweit kann ich folgen."
"Dann weiter.", murmelte Helmi eifrig. "Mit großem Eierlegen sind wichtige Ereignisse gemeint. Was allerdings der doppelte Flur bedeutet, konnte ich nicht herausbekommen. Ich vermute allerdings, da der Flur häufig als Synonym für höher gestellte Persönlichkeiten verwendet wird und der Dualismus der Zahl zwei mitunter für Tag und Nacht steht, dass mit doppeltem Flur der Kommandeur gemeint ist, als Höchster derjenige, die über Tag und Nacht wachen. Also: Große Ereignisse, die Araghast betreffen."
"Bist du dir da sicher?" Nyvania kratze sich mit verkniffenen Gesichtsausdruck am Kopf.
Bernstein zuckte mit den Schultern. "Wie gesagt, es ist eine Vermutung, aber es hält jedem Vergleich stand. Später wird meine Vermutung auch noch einmal bestätigt - aber alles der Reihe nach. Zwei Monde lang ist natürlich eine Zeitangabe und das halbe Kaninchen steht auf jeden Fall für eine kriminelle Handlung wie Mord."
"Also der Hinweis, dass in zwei Monaten die Forderungen erfüllt sein müssen, da ansonsten etwas schlimmes passiert.", verstand die Püschologin.
Carisa fügte hinzu: "Wie die Ermordung des Kommandeurs."
Der Zwerg nickte. "Richtig, aber es geht ja noch weiter. Feuerwerk bedeutet etwas Rausposaunendes, Spektakuläres. Zinkblasen ist laut Nachschlagewerk eindeutig mit Gewinnbeteiligung zu übersetzten. Das letzte hat mir allerdings ein wenig Kopfzerbrechen bereitet. Mittlerweile bin ich der Ansicht, es könnte Besoldung oder Bezahlung heißen."
"Kein Feuerwerk. Es wird nichts passieren, wenn wir der Beschwörergilde eine Gewinnbeteiligung an unserem Sold zusichern?", versuchte sich vom Schloss Escrow einen Reim darauf zu machen.
"So oder zumindest so ähnlich.", stimmte der Moloss zu.
Nyvania sah panisch amüsiert in die Runde. "Wissen die denn nicht, wie wenig wir verdienen?"
"Vielleicht deshalb schlechter Brei?"
"Auf jeden Fall muss Valdimier das sofort erfahren.", bestimmte Carisa. "Danke Helmi, du hast uns sehr geholfen."
Als die Beiden schon fast aus der Tür waren rief Bernstein ihnen nach: "Wenn ihr die Schuldigen festnehmen wollt, versucht es am besten Abends, tagsüber gehen die Beschwörer ihren wirklichen Berufen nach."

... ein Tag vor Tag X ...
Grimmig betrat der Vampir das hell erleuchtete Esszimmer. Hier und dort erklang noch das Klatschen auf den Boden fallenden Essens, doch davon abgesehen war es in dem überfüllten Raum erschreckend ruhig. Die anwesenden FROGs hatten einen Kreis gebildet und zielten mit ihren Armbrüsten auf die kleine Gemeinde aus dicken Männern und glitzerbehängten Damen, die sich panisch an den Tisch in der Mitte pressten.
"Also.", sagte Valdimier langsam. "Was ist hier los?"
"Wir...", quiekte der Dickste der Beschwörer, räusperte sich eilig und fuhr mit mühevoll ruhiger Stimme fort: "Wir essen hier."
"Aha."
"Das, äh, stimmt, Sör. Wir haben sie...", wollte Braggasch erklären, unterbrach sich ob der erhobenen Hand des Feldwebels sofort.
"Wo ist der Kommandeur der ankh-morporkianischen Stadtwache?"
Furchtsam sah der Fette kurz zu seinen Kollegen, bevor er antwortete: "Wie bitte?"
Van Varwald seufzte theatralisch. "Vor einigen Tagen erreichte uns euer Erpresserbrief. Kurz darauf habt ihr euch mit Hilfe eines beschworenen Wesens Zutritt zu den Büroräumen des Kommandeurs verschafft, anders lassen sich die widersprüchlichen Befunde nicht erklären. Er wurde niedergeschlagen und gefangengenommen, um ihn, sollten die Forderungen nicht erfüllt werden, umzubringen. Ich klage euch somit der Entführung, Erpressung, Geheimschriftverwendung, Beschwörung und des versuchten Mordes an. Also noch einmal: Wo ist der Kommandeur?"
Sein Gesprächspartner blinzelte zweimal, bevor er wiederholte: "Wie bitte?"
Valdimier schritt über zerbrochenes Glas hinweg und beugte sich zu dem schwitzenden Mann hinunter. "Streitest du irgendetwas davon ab?"
"Wie bitte? Ja! Ja ich streite alles ab!"
"Und was ist damit?" Lächelnd hielt der Abteilungsleiter dem Dicken ihren eigenen Erpresserbrief unter die Nase. Verzweifelt bemühte dieser sich, darauf zu schielen, ohne sich zu bewegen. Doch dann legte sich seine Stirn in Falten, er entspannte sich kurz und griff nach der Notiz. "Potzblitz. Aaron?"
Aus dem Beschwörerknäul erklang ein zögerliches: "... Ja?"
"Hast du dies hier geschrieben?"
"Weiß nicht..."
Mit einem entschuldigenden Lächelnd hob der Beschwörer den Zeigefinger vor Valdimier, um ihn um ein paar freie Sekunden zu bitte. Armbrüste wurden fester gegriffen, als er sich umdrehte und einen ängstlich blickenden Jungen aus den Anwesenden zog.
"Das hier." Er drückte dem Jungen den Zettel in die Hand.
Zitternd las dieser. "Ja... wieso?"
"Fallen dir die Fehler auf?"
Angestrengtes Lesen.
"Nein... da steht: Liebe Wächter. Wichtige Ereignisse in der Führung der Beschwörer. In zwei Monaten wird es einen Wechsel geben. Ohne große Festlichkeit: Einladung zum Festessen."
Der Dicke hob die Hand und kniff dem Jungen fest ins Ohr. "Nein, das steht da nicht! Potzblitz! Wir wären der zwölffache Flur. Der Zwölffache! Und ein Wechsel ist ein halber Hahn, so bedeutet das ja eine kriminelle Handlung! Um aus Zinkblasen eine Einladung zu lesen braucht man schon viel Fantasie und schlechter Griesbrei ist ganz sicher kein Festmahl!" Wimmernd ging Aaron zu Boden. Die Hände ringend drehte sich der Beschwörer zu Valdimier um. "Ich bitte vielmals um Verzeihung... ein Missverständnis..."
"Dann hast du sicher nichts gegen eine Hausdurchsuchung und die Beantwortung einiger Fragen?", knurrte der Vampir niedergeschlagen.
"Aber nein, aber nein!"
Eine halbe Stunde später verließen sie das Haus der Beschwörergilde, trafen sich mit den übrigens FROGs und gingen langsam und deprimiert zum Wachhaus zurück.
"Äh... seien sie nicht traurig, äh, Sör. Wie sagt Sebulon, äh, immer? Aus jedem Fehl-äh-schlag lernt man mehr, als... äh, wenn man es richtig macht...", lächelte Braggasch zu seinem Vorgesetzten auf.
Mehrere Gedanken schossen Van Varwald durch den Kopf, als er dem Hauptgefreiten einen eiskalten Blick zuwarf, angefangen bei einer derben Kopfnuss bis hin zu wütendem Gebrüll, doch wie immer unterdrückte er solche Gefühle und beließ es bei einem abfälligen: "Danke, Goldwart."

... Tag X ...
Lachend fiel Araghast vom Stuhl.
Valdimier atmete langsam durch, um seine erzwungene Ruhe aufrecht zu erhalten, während er auf den keuchenden Kommandeur hinuntersah.
"Wenn du die Güte hättest... Sir...?"
Breguyar folgte der Geste und wuchtete sich wieder auf den Stuhl. Lächelnd wischte er sich eine Träne aus dem Auge. "Ihr habt diese armen, alten Männer wirklich mit vorgehaltener Waffe verhaften wollen?"
"Tatsache."
"Aber ihr müsst doch wissen, dass die Kerle keiner Fliege was zuleide tun können. Es sind Spinner, die gerne essen und sich für was besonderes halten. Alles, was sie in der Öffentlichkeit machen sind Tricks und jeder weiß das!"
Unter dem Tisch ballte der Vampir die Hand zu Faust. "Danke für die Erklärung, Sir. Jetzt wäre es an der Zeit, die Sache mit dem Fenster zu klären."
"Ah... ja, ich denke du hat recht." Der Kommandeur gluckste fröhlich. "Ich habe niemanden hinein gelassen, sondern mich hinaus!"
"Dann warst du selber es, den der Lance-Korporal Bleicht gesehen hatte?"
"Das scheint so, in der Tat." Araghast sah seinen ehemaligen Freund offen an. "Du glaubst noch immer, dass es ein Test von mir war, oder?"
Der Feldwebel stand auf. "Es steht mir nicht zu, das zu beurteilen, Sir."
Mit festem Schritt näherte er sich der Tür des Aufenthaltsraumes, als ihn die Stimme Breguyars aufhielt.
"Du hast dir wirklich Mühe gegeben, meinen Verbleib aufzuklären."
Die Worte standen kurz zwischen beiden, bis Valdimier schulterzuckend und kühl erwiderte: "Willkommen zurück."

... ein Tag vor Tag X ...
Es war bereits spät in der Nacht, doch von den anwesenden Rettern ohne Gnade schien niemand bereit nach Hause zu gehen.
Seit Minuten saß Valdimier am Fenster und starrte bewegungslos nach draußen. Rogi beobachtete ihn besorgt.
Die drückende Stille legte sich wie Blei auf die Gemüter der Wächter, bis es unerträglich wurde.
"Was jetzt?", fragte Sayadia leise.
"Was soll schon jetzt sein?", entgegnete Kamillus mürrisch. "Wir haben keine Spur mehr."
Schlumpi Wurzelbach schüttelte den Kopf. "Das kann doch nicht sein... gehen wir noch einmal alles durch!"
Müdes Nicken war die einzige Reaktion.
"Was wissen wir denn wirklich?"
"Sowohl die Beschwörer als auch die Zauberer haben nichts mit alledem zu tun.", meldete sich Tyros als erster zu Wort. "Einen Fluch oder eine Besessenheit können wir also ausschließen... es sei denn es gäbe einen neuen Magieanwender in der Stadt, der gut genug ist, um sich vor der Gilde und der Universität zu verstecken."
Carisa vom Schloss Escrow sah ihn an. "Das du wusstest, dass es keine Beschwörung gegeben hat, hättest du ruhig vorher sagen können."
"Erstens war es kein Auftrag, sondern... privat." Der Alchemikexperte zuckte mit den Schultern. Selbst von seiner Aktivität schien erstaunlich wenig übrig geblieben zu sein. "Zweitens konnte ich nur herausfinden, dass es nichts aus den Kerkerdimensionen war, nicht alle Beschwörungen kommen daher, und drittens hielt ich es nicht für wichtig."
Wurzelbach hob die Hände. "Schon gut. Wir sind alle gereizt, aber lasst uns so nüchtern wie möglich an die Sache rangehen."
"Und das aus deinem Munde...", grinste Norti.
Der Armbrustschütze ging nicht darauf ein. "Es war kein normaler Einbruch... also kann es auch keine normale Entführung gewesen sein, oder, Braggasch?"
Der blonde Zwerg zuckte zusammen. "Äh... also meiner Einschätzung, äh, nach, muss jemand, der ein, äh, Fenster auf diese Weise öffnen, äh, kann... äh... ein Meister seines Fachs sein."
"Die Assasinengilde hat allerdings eindeutig behauptet, dass sie nichts mit dem Vorfall zu schaffen haben... und nach der Diebesgilde sieht die ganze Sache nun wirklich nicht aus."
"Richtig.", stimmte Mindorah zu.
"Mit anderen Worten:", schaltete sich nun auch Stefan Mann ein. "Wir haben alles ausgeschlossen. Was bleibt ist die Tat eines gut ausgebildeten Einzeltäters, der keine nachverfolgbaren Spuren hinterlassen hat."
Diesen Worten folgte eine weitere, bedrückende Pause.
"Das heißt wir können nichts tun?", flüsterte die Püschologin Trovloff. "Araghast ist verloren?"
Bevor jemand auf diese Frage antworten konnte, klopfte es an der Tür.
Niemand rührte sich.
Nur Valdimier lächelte leicht. "Es ist Mitternacht.", sagte er schlicht. "Genau eine Woche. Ich habe es gewusst."
Verwirrte Blicke wurden getauscht.
Es klopfte abermals.
Schließlich wurde die Klinke heruntergedrückt und Steffan Angelhart streckte den Kopf zur Tür herein.
Nach einer peinlichen und verwunderten Pause räusperte sich der Gefreite und fragte: "Sör?"
"Angelhart, was gibt es?", erwiderte van Varwald.
"Ich habe ihn gefunden."
Ungläubiges Raunen hob an, doch sorgte der Abteilungsleiter sofort für Ruhe.
"Wo?"
"Am See. In der Nähe der Messstation der Klackertürme. Vor der Stadt."
Langsam erhob sich der Vampir. "Du warst lange weg. Hat er sich so gut versteckt?"
Mittlerweile schien keiner der übrigen FROGs dem Gespräch noch folgen zu können.
"Eigentlich... nicht, Sör." Steffan knete seine Finger. "Aber er hat mich gebeten, mit der Enthüllung noch zu warten."
"Wie überraschend." Valdimier schien allerdings keineswegs überrascht zu sein. "Warum hat er nicht bescheid gegeben?"
"Er hat behauptet, er hätte eine Nachricht abgeschickt, Sör."
Fragend zog der Feldwebel eine Augenbraue in die Höhe. "So, hat er das?"
"Ja, Sör. Er meinte, das Rohrpostsystem hätte wohl abermals Schwierigkeiten bereitet. Er hat ebenfalls gesagt, dass es endlich and er Zeit wäre 'das verdammte Drecksding' endlich vernünftig warten zu lassen."
"Jaja. Natürlich sagt er solche Sachen."
Chief-Korporal Feinstich beobachtete unglücklich die Unterhaltung. Valdimiers Zorn musste ihrer Meinung nach sehr groß sein, wenn der Abteilungsleiter derartig unverholen seine Abneigung gegen Araghast zum Ausdruck brachte. Später, als van Varwald mit dem Gefreiten den Raum verlassen hatte, würde Nyvania anmerken: "Der Feldwebel schien nicht gut auf den Kommandeur zu sprechen zu sein." "Daf, Obergefreite," würde Rogi antworten, "ift eine Fache, die nur den Feldwebel und den Kommandeur etwaf angeht. Denk nicht weiter darüber nach."
Langsam schritt van Varwald auf den Jüngsten der Frösche zu. "War er verletzt? Wie ging es ihm?"
"Er schien... erholt, Sör."
"Erholt?" Der Abteilungsleiter schnaubte. "Was hat er am See getan?"
Dieses mal zögerte der leichte Armbrustschütze i.A. etwas länger. "Geangelt, Sör."

... sieben Tage vor Tag X ...
Wiederholt rieb sich Araghast die Schläfen. Die Kopfschmerzen, die seit einigen Tagen nicht weichen wollten, nicht einmal durch den großzügigen Einsatz von Alkohol, bohrten heute besonders aggressiv. Der Kommandeur wusste genau, weshalb: Es war der verdammte Papierkram, der sein Hirn nach und nach in Mus verwandelte. Beschwerden von Rekruten, Beschwerden über Rekruten, Sachbeschädigungen, Personenschäden, Gebäudeschäden, Tierschäden, Krankheitsnachweise und Urlaubsbescheinigungen. Manchmal war Breguyar sich sicher, dass Qualm aus seinen Ohren schießen würde, wenn er an der falschen Stelle drückte.
Stöhnend nahm er einen weiteren Zettel zur Hand. Er hatte irgendetwas mit der Musterung der neuen Rekruten und der Reihenfolge ihrer Aufstellung zu tun. Warum nur musste Araghast sich mit solchen Kleinigkeiten beschäftigen? Überreizt stand er auf und trat ans Fenster, das Blatt noch in der Hand. Die Stadt unter ihm bot sich ruhig und friedlich und verhöhnte auf diese Art seinen Wunsch, dass irgendwo eine Bombe explodieren sollte.
Abgespannt drehte er sich wieder vom ekelhaft harmlosen Anblick ab. Die Augen wanderten über die Durchmusterungsreihenfolge, die Hand glitt unbemerkt am Rand mit. Wie eine Klinge schnitt die scharfe Papierseite in den Zeigefinger des Kommandeurs.
Ein dicker Blutstropfen fiel zu Boden.
Fluchend führte Bregs den Finger zum Mund und lutschte an der Wunde. Jetzt reichte es!
Sein Blick fiel auf den Kasten, der verstaubt und einsam in der Ecke stand. Wie schön wäre ein wenig Entspannung! Einfach mal Ruhe...
Zur Hölle damit, immerhin bin ich der Kommandeur!, fuhr es Araghast durch den Sinn.
Er warf den Zettel, der ihn auf solch niederträchtige Art attackiert hatte, ins Regal und tastete blind durch das Fach, bis er das Tuch fand, welches immer darin lag, während er den Blick nicht von dem kofferähnlichen Kasten abwenden konnte.
Dann setzte er, das Tuch um den verletzten Finger gewickelt, ein Schreiben für Valdimier van Varwald auf. Kurz überlegte Breguyar, ob er nicht eine Meldung an alle Abteilungsleiter verfassen sollte, doch dann entschied er sich aus zwei Gründen dagegen. Erstens würde das noch mehr Arbeit bedeuten und zweitens konnte sich der Vampir ruhig mal ein wenig Arbeit machen, es allen mitzuteilen.
Ungeduldig rief er nach Aaps.
Der Rohrpostdämon streckte den Kopf aus dem Loch in der Wand.
"Japs, Chef?"
"Das hier zu Feldwebel Valdimier van Varwald, und zwar zügig."
Neugierig spähte der Dämon auf das Memo. "Urlaub, Chef? Ne ganz Woche lang? Am See?"
"Halt die Klappe und stell es zu."
Aaps verzog das Gesicht und verschwand. Undeutlich vernahm der Kommandeur ein Wort, dass verdächtig nach "Streik" klang, doch es war nicht das erste mal, dass die Rohrpostdämonen rummeckerten.
Araghast fühlte sich fast schon jetzt erholt, als er den Kasten, in dem sich seine alte Angelausrüstung befand, aus der Ecke fischte. Das beigebraune Ding war ein Überbleibsel aus seiner Zeit zu See. Er erinnerte sich, dass er gerne in den Häfen oder Flussmündungen gesessen hatte, wenn das Schiff ankerte, die Beine über die Reling geschwungen hatte und so einige Stunden in absoluter Ruhe beim Angeln verbrachte.
Eilig verließ er das Wachhaus, ohne den Rekruten am Tresen zu grüßen, und brachte die Ausrüstung an einen schönen Punkt außerhalb der Stadt. Die Seen innerhalb Ankh-Morporks waren häufig völlig überrannt von Spaziergängern.
Dann kehrte er wieder in die Wache zurück, um sich einige Brote aus der Kantine zu ergattern und auch sonstige Kleinigkeiten, die man für eine Woche in der nahen Wildnis brauchte, zusammenzusuchen. Breguyar benötigte nicht viel.
Wieder in seinem Büro räumte er provisorisch auf, wobei er das Chaos in dem Fach des Regals einfach ignorierte.
Er hatte schon die Klinke der Tür in der Hand, als ihm ein Gedanke kam. Er hatte nun Ferien - diese sollte er auf eine Art verbringen, die ihm Freude bereitete... und eine ordentliche Kletterpartie war immer eine pure Freude.
So warf er sich die wenigen Habseligkeiten in ein Tuch geknotet über die Schulter, öffnete das Fenster und sprang auf das Fensterbrett. Wohlig atmete er die stinkende Luft der Stadt ein.
Freiheit!
Zumindest für eine kurze Weile.
Araghast schloss das Fenster so gut es ging und schwang sich in den Urlaub.
Zählt als Patch-Mission für den Späher-Patch.



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Feedback:

Von Jargon Schneidgut

01.09.2009 11:39

Eine tolle Geschichte! Mir hat die Sache mit den planlos aneinandergereihten Absätzen gut gefallen! Weiter so!

Von Huitztli Pochtli

01.09.2009 11:39

Wieso das Durcheinander mit "...soundsoviel Tage vor Tag X", habe ich mich anfangs gefragt. Doch als ich schließlich mit der Single durch war, musste ich doch grinsen. Eine wirklich nette Idee. Nicht wirklich Patchwürdig, aber eine gute Idee.

Von Breda Krulock

01.09.2009 11:39

Eine interessante Idee die Geschichte so aufzubauen, dass man zu Beginn schon erfährt was passiert ist. Leider ist, nachdem ich wusste das Bregs nichts passiert ist, auch keine Spannung mehr aufgekommen. Dennoch folgten noch einige Passagen, die die Geschichte abrundeten. Auch die Abteilung wurde großzügig mit eingebracht, was Pokeytechnisch Pluspunkte bringt.Sehr schön, hat Spaß gemacht zu lesen.

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