Unter dem Friedhof

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vollendet am 19.04.2012
Zeitmönche haben die Geschichte auf den 19.09.2011 datiert

Wer hätte gedacht, dass ein Ausflug in die Vorstadt ("Heute auf dem Ausbildungsprogramm: "die Stadttore und ihre Bedeutung") sich als Problem erweisen könnte? Nun; eigentlich jeder, der Hauptmann Pismires fatale Neigung kennt, seine Nase ungefragt in fremde Angelegenheiten zu stecken ...

Pismire

Gut gelaunt schlendert Hauptmann Pismire, Gerichtsmediziner und derzeitiger Leiter der Rekrutenausbildung der Stadtwache, durch Morpork, genauer gesagt den Hide Park entlang. Hinter ihm trabte ein wenig scheu eine Gruppe bestehend aus vier Rekruten - respektive einer Rekrutin und drei Rekruten. Das Wetter war überraschend trocken, allerdings machte sich der Herbstbeginn langsam bemerkbar: Die Tage wurden deutlich kürzer, die morgens und abends war die Luft schon kühler und das Licht klarer. Da dies jedoch versprach, ein warmer und sonniger Tag zu werden, hatte der alte Mann spontan beschlossen, dass der auf dem heutigen Ausbildungsplan stehende Abschnitt: "Die Stadttore und ihre Bedeutung" ebenso gut im Angesicht mindestens einer dieser Stadttore stattfinden konnte und nicht im muffig riechenden Unterrichtsraum des Wachhauses an der Kröselstraße. Ob die innige und schwer zu ignorierende Vorliebe des Rekruten Wildgrube für das Nahrungsmittel Kohl, das mit Sicherheit in dem kleinen über seiner Schulter hängenden Sack mit von der Landpartie sein würde, dabei auch eine Rolle gespielte hatte, wusste der Alte allein.
Der hünenhafte Rekrut ging an der Spitze der Rekruten und er bemühte sich, sogar in der selben Art wie der Hauptmann zu schlendern, was bei seiner immensen Beinlänge zu einer Art seltsamer Trippelschritte führte, wie Rekrutin Feinschnitt amüsiert feststellte. Sie war ziemlich neu in der Wache und vermied sorgfältig alle Fragen zu ihrer Herkunft oder Familie. Sie ging am Ende der Gruppe und genoss den Sonnenschein auf der Haut. Gutes Wetter in Ankh-Morpork war eine Seltenheit, und die Aussicht, diesen Tag nicht in der stickigen Enge der Kröselstraße zu verbringen, war zu verlockend gewesen.
Der dritte im Bunde war ebenfalls aus der Ausbildungsgruppe des stellvertretenden Abteilungsleiters zu ihnen gestoßen. Ein verdammt junger Dachs, bisschen kleiner als er selbst. Pismire wusste so gut wie gar nichts über Gauß Rho-theos - lediglich dass dessen Rekrutenzeit sich rasant dem Ende zuneigte, ohne dass er bisher sonderlich dabei aufgefallen wäre. Auch war der Bogen, in dem die einzelnen Ausbildungsschritte normalerweise dokumentiert wurden, in diesem Fall seltsam leer. Leider hatte der kleine Korporal heute morgen keine Zeit gehabt. Die Aktensortiermaschine hatte seine ganze Aufmerksamkeit erfordert, und Pismire hatte schleunigst Abstand davon genommen, den Zwerg bei der Arbeit an dieser Höllenmaschine zu unterbrechen. Er würde sich nach der Lektion noch einmal mit Braggasch in Verbindung setzen um zu erfahren, ob dieser Zustand auf mangelnde Aktenführung oder mangelnden Fleiß zurückzuführen war. Nun, wahrscheinlich würde der heutige Tag darüber hinaus auch so die Gelegenheit geben, dem jungen Burschen mal ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Der letzte war ein Zwerg unbestimmbaren Alters. Auch er würde seine Ausbildung im wesentlichen unter der Führung von Korporal Goldwart absolvieren. Allerdings war er so frisch wir Tau - sozusagen. Gerade mal ein paar Tage dabei. Komplett unbeschriebenes Blatt also. Geradezu quietschnass hinter den Ohren - obwohl man bei den kleinen Burschen das Alter nicht immer zuverlässig abschätzen konnte. Oder das Geschlecht. Zumindest deutete der Name Jalosch Eisenkauer an, dass es sein Bursche sein könnte. Oder doch eine Burschin? Egal - der Hauptmann merkte, dass er sich in müßigen Spekulationen verlor und versuchte lieber, sich wieder auf die bevorstehende Lektion zu konzentrieren. Nun, zumindest würde ein Zwerg wenigstens die rechtlichen Aspekte seines Vortrag, die sich im wesentlichen mit dem komplizierten Verhältnis der Zuständigkeiten der Stadtwache bei Ermittlungen, die zwar eigentlich in AM, jedoch jenseits der derzeitigen Stadtmauern abspielten, nachvollziehen konnten. Rekrut Wildgrube hingegen würde hoffentlich aus dem Vortrag mitnehmen, dass es besser war, erst einen Vorgesetzten zu fragen und dann zu handeln. Bei den beiden anderen würde er es einfach abwarten müssen.

Ziel der Wanderung war der randwärts vor den Stadtmauern gelegene Teil der Stadt, allerdings nicht in gerade Strecke vom Wachhaus an der Kröselstraße aus sondern über den besagten Hide Park, durch das malerische Düstergut zur Endlose Straße und auf dieser vorbei am Verrätertor und dem Randwärtigen Tor zum vorläufigen Zwischenziel, dem Deosiltor. Unterwegs würde sich an der Langen Mauer, die auch einmal Stadtmauer gewesen war, noch die Möglichkeit zu einer kurzen Erläuterung über das Wachsen von Städten und den damit in Verbindung stehenden wachsenden Aktionsradius der Wache ergeben.

Als sie die Stelle im Hide Park passierten, wo der allgemeine Brauch es jedermann (und jederfrau) gestattete, über alles zu sprechen, verlangsamte Pismire seinen Schritt. Allerdings war die Blütenlese der Torheiten heute zu seinem stillen Bedauern eher unauffällig: eine ältere Dame pries lautstark, wortgewaltig und in erstaunlich kenntnisreicher Detailgenauigkeit die allgemeine Unmoral und den darauf notwendig folgenden Untergang der Welt, ein wirrer junger Mann sprach hauptsächlich zu seinem Hemdkragen von Krabbeltieren, die alle unter der Stadt lebten und mit denen er in lebhaftem intellektuellen Austausch über die Geheimnisse der Welt stand, ein Greis in einem Wildlederschurz und mit einem Bart, den er sich zweimal um die dürren Hüften geschwungen hatte, wetterte gegen die Tyrannei des Patriziers und eine dürre Gestalt in einem entfernt an Klatsch erinnernden Gewand, das nur die Augen frei ließ, hielt ein glimmenden Räucherstäbchen gen Himmel und kreiste zu einer nur ihm hörbaren Melodie im sich selbst.
Gerade als Pismire das Zeichen gab, die eher müde Vorstellung zu verlassen, hielt der Vermummte auf einmal inne, musterte den alten Mann mit stierem Blick, deutete mit den Hand auf die Wächter und kreischte: "Der höllische Fussel wird euch heute noch in die Irre führen! Ihr seid alle verdammt! Hütete euch vor dem Friedhof unter der Küche!"
Dann stopfte er sich das Räucherstäbchen in den Mund und war im Handumdrehen verschwunden.
"Ach du meine Güte, na sowas aber auch", meinte Pismire gelassen. Und zu dem Satz: "Ich hoffe, er verbrennt sich nicht die Zunge. Nun auf jeden Fall hatten wir genug Unterhaltung, wenn Ihr mir jetzt bitte folgen würdet!", animierte er das Wächterquintett den Weg fortzusetzen.

19.09.2011 21: 23

Jalosch Eisenkauer

Jalosch starrte noch versonnen dem alten Mann hinterher. In seinem Kopf kreisten die Gedanken. Hatte dieses Räucherstäbchen mehr nach Patschuli gerochen oder war es eher eine allgemeine Mischung aus Moder, Moos und Matsch, den das Ding verströmte? Und wenn Patschuli eine Farbe wäre, welche wäre es dann? Ein hässliches Grünbraungrau, beschloss der Zwerg, der noch immer auf die Stelle starte, in der der Vermummte gerade seine wirren Worte an ihre kleine Truppe gerichtet hatte.
Jalosch sah an sich hinunter. Selbst friedhoffarbendes Etwas wäre eine bessere Farbe als die der Kleidung, die er gerade trug. Er seufzte und zupfte zum 20. Mal an diesem Tag den leicht zu großen Gambeson, den er unter seiner verbeulten GRUND-Rüstung trug, zurecht. Wer auch immer der Schneider war, für Zwerge schien er nicht oft zu arbeiten. Eher für dicke Kinder. Sehr dicke Kinder. Er überlegte kurz, ob er einen Vorschlag einreichen sollte, der das richtige Anpassen ausgedienter Gambesons an GRUND-Rekruten erleichtern könnte. Nun, später vielleicht. Nun galt es erst einmal, die Stadttore von AM zu besuchen.
Jalosch strich sich über seinen schwarzen Bart, den er, entgegen dem Bild eines typischen Zwerges, auf zehn Zentimeter gestutzt hatte. Sollte sein Vater doch sagen was er wollte, er fand, ein gut ausrasierter Hals bei einem Zwerg schaffe Verwirrung beim schuldigen Gegenüber und triebe ihn zu unüberlegten Handlungen, was Jalosch, sollte er sich demnächst einem eigenen Fall gegenübersehen, zum eigenen Vorteil nutzen und in der anschließenden Besprechung in einem hervorragenden Licht dastehen lassen würde.
Aber zuerst, die Ausbildung. Ordnung muss sein. Sein Blick wandte sich ab von der Sprecherecke. "Als ob wir uns von einem Fussel in die Irre führen ... lassen ... würden?" Sein forsch begonnener Satz endete in einer Art Frage, als ihm gewahr wurde, dass an der Stelle, an der just einen Wimpernschlag zuvor, so hätte er schwören können, seine Gefährten gestanden hatten, ein altes Weib an einem Korb lehnte und auf einer Möhre kaute.
Jalosch wurde unruhig. Nein nein, das würde ihn nicht in einem guten Licht dastehen lassen. Ganz und gar nicht. Nervös kratzte er sich am Nacken und sah sich um. Von seinen Gefährten keine Spur. Nun, in den Park würden sie nicht gegangen sein, Mauern und Tore gab es da schließlich wenig zu sehen. Und der Weg, von dem sie gekommen waren schied auch aus. Blieben noch zwei weitere Richtungen, in die sie gegangen sein konnten. Er versuchte in seinem Suchen sicher und erhaben zu wirken, was ihm aber gründlich misslang. Immer wieder kratzte er seinen Bart während seine Augen unentschlossen zwischen den beiden Wegen hin und her glitten.
Die Frau mit der Möhre sah ihn interessiert an und unterbrach ihre Kaubewegungen kurz. Ihr fehlte ein Schneidezahn, bemerkte er, als sie zu ihm sprach und nach links zeigte. "Deine Kollegen sind da lang", sagte sie und spuckte dabei ein paar Brocken Möhre auf dem Boden. Jalosch streckte seine Brust raus und antwortete nach einem kleinen Moment des Zögerns: "Ich weiß, gnädige Frau. Ich habe nur überprüft, ob an diesem Fleck auch alles seine Richtigkeit hat. Und wie ich sehe hat es das! Einen schönen Tag wünsche ich noch. Jawohl!", und stürmte mit hochrotem Kopf in die Richtung, die die Frau gezeigt hatte.

22.09.2011 0: 06

Gauß Rho-theos

Ein weiterer schöner Tag im friedlichen Ankh-Morpork ... Wenn man von all den unfriedlichen Sachen absah, wie zum Beispiel den Menschen. Oder Zwergen. Oder Trollen. Oder Wasserspeiern. Oder Vampiren. Oder ... oder zum Beispiel diese kleine beschauliche Patrouille von Wacherekruten, angeführt von Hauptmann Pismire. Zusammen gaben sie eine relativ zusammengewürfelt aussehende Gruppe ab - nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Ausrüstung oder Größe. Während der Hauptmann vom riesigen Kohlliebhaber Wildgrube überschattet wurde, kontrastierte sein Körperbau doch besonders mit der zierlichen Miss Feinschnitt, vor allem, da die drahtige Figur des Jungen hinter ihr kaum besonders herausstach - ganz im Gegensatz zu seinem schneeweißen Haar, das sich entweder jeglichen Versuchen zur Bändigung widerstrebte oder einfach vernachlässigt wurde, worauf die (zu Recht) als unordentlichste der Wache geltende Frisur schließen ließ. Schlussendlich trippelte ein Zwerg hinter Gauß die Straße entlang. Über ihn konnte Gauß noch weniger sagen als über die anderen - Jalosch war nicht lange in der Wache. Aber im Gegensatz zu Gauß hatte er schon fleißig und motiviert mit seiner Ausbildung angefangen - was diesen durchaus nicht kalt ließ. Rho-Theos stammte nicht aus Ankh-Morpork, sondern aus einem kleinen randwärtigen Ort, Tefnet. Um genau zu sein, war er der Erbe der dortigen Hohepriesterfamilie. Und in Tefnet war es üblich, dass er die Scheibenwelt bereiste, bis er bereit war, die Nachfolge seines Vaters anzutreten. Aber um ehrlich zu sein hatte diese Aussicht Gauß nie besonders zugesagt - Religion war nie sein Ding gewesen ... deswegen hatte er sich voller Freude auf sein Abenteuer gestürzt. Nach drei Jahren Wanderschaft war er nun in Ankh-Morpork angekommen. Diese Stadt war so interessant, dass er beschlossen hatte, sich hier einige Zeit niederzulassen. Er hatte zwar genug Geld, um nie arbeiten zu müssen, allerdings hätte er das sehr langweilig gefunden und sich deswegen prompt eine Stelle bei einer der zahllosen Gilden in AM gesucht. Nun ... einige Monate später hatte er so ziemlich jede Gilde abgeklappert und in keiner mehr als eine Woche verbracht (Wenn man einmal von der Alchmistengilde absah - die ehrenwerten Eingeweihten hatten sich den Vorsatz gemacht, einem Neuling immer erst die Chance zu geben, das Gildenhaus in die Luft zu jagen, bevor man an Rausschmiss dachte). Am Ende fühlte man doch immer, dass er nicht zur Gilde passen würde und "ließ ihn gehen", wobei man der Assassinengilde zu Gute halten musste, dass sie nichts über seine tefnetianische Kampfkunstausbildung wusste (die im wesentlichen daraus bestand, dem Gegner auf den Kopf zu springen - Es war ein Inselreich, dessen größte Bedrohung aus fleischfressenden Schildkröten bestand), und folglich einige Assassinenanwärter tatsächlich den Grund des Ankh (Wenn man lange genug auf sie einstampfte, kam man irgendwann zu den schichten, die noch flüssig waren) zu Gesicht bekamen. Nach diesem Fehlschlag überlegte Gauß, wer so wahnsinnig und/oder verzweifelt wäre, jemanden wie ihn aufzunehmen. Sofort wies man ihn auf die Stadtwache hin. So kam es also, dass Gauß Rho-Theos sich bei den Wächtern einschrieb. Allerdings erlitt er kurz darauf einen Sonnenschock, der ihn für einige Zeit außer Gefecht setzte, und somit seine Ausbildung bis heute stoppte.
"Nein, ich bin KEIN Vampir!", musste er wohl der drölftausendsten Person erklären, die ihn nach dieser Geschichte schief musterte. Weißes Haar, rote Augen, weiße Haut... Er schien durchaus alle Stereotypen über das Aussehen eines Blutsaugers erfüllen. Allerdings nahm er sich dann die Zeit, zu erklären, dass eben dieses Aussehen für die Bevölkerung Tefnets das Zeichen für die göttliche Berührung durch die Götter wäre. Es war ein Merkmal, das in seiner Familie weitergeben wurde... sie nannten es "Albinismus".
Über all dies dachte Gauß nach, während er dem Hauptmann hinterhertrottete. Er schaute erst auf, als er merkte, dass der alte Yorrin die Wächtergruppe ankreischte. Schon wieder seine Fusselgeschichte? Eigentlich hatte er doch letzte Woche auf Höllenkieselsteine umgesattelt? Gauß hatte ihn mal bei einer Übernachtung unter einer Brücke kennengelernt. Vermutlich erkannte der Alte ihn bloß wegen der Uniform (auch wenn die Kleidungsfetzen diesen Namen kaum verdient hatten) nicht. Der Hide Park war einer der wenigen Plätze in AM, die Gauß wirklich liebte, die Leute hier waren selbst so schrullig, dass sie nicht auf einen herab blickten, nur weil man "nicht mal n' Vampir" war, wie es einige kleine Kinder in den Schatten ausgedrückt hatten. Bevor sie kopfüber im Müll steckten (Tefnetianische Blutschildkröten sind übrigens zwei Meter hoch). Und das waren noch die netteren Bemerkungen.
Immerhin war das Wetter heute gut, versuchte Gauß sich selbst optimistisch zu stimmen. Er nickte immer wieder links und rechts Leuten zu (schließlich hatte er in fast jeder Gilde schon mal gearbeitet). Dann bemerkte er, dass Jalosch kurz verschwunden gewesen war. Allerdings entschied er sich aufgrund der sichtlichen Agitation des überraschenderweise kurzbärtigen Zwerges dagegen, diesem eventuell peinliche Fragen zu stellen. Dabei fiel ihm auf, dass er nicht mal wusste, warum er heute überhaupt hier war. Er hatte lediglich in Torschlusspanik jegliche Lehrveranstaltung von GRUND in den nächsten Wochen als "Ich nehme teil" angekreuzt - Immerhin wollte er nicht schon wieder alles vermasseln!
Als nächstes lief das Grüppchen durch eine dunkle Gasse ("Nur eine Abkürzung", wie ihnen Pismire versicherte). Dies rief erheiternde Erinnerungen in Gauß wach, so zum Beispiel, dass er in seiner ersten Woche in AM ungefähr zwölf Mal ausgeraubt wurde, bis ein Dieb ihm gezwungenermaßen die Sache mit den Quittungen erklärte. Der Tefnetianer hatte sich gefragt, was er mit diesen Papierwischen tun sollte, die ihm in der typisch unleserlichen Schrift AMs ausgestellt worden waren. Oh, der Dieb wurde übrigens von einer Patrouille der Stadtwache dazu gezwungen, dem "netten Gast doch bitte unsere Sitten zu erklären". Dies war Gauß' erste Begegnung mit der Stadtwache. Leider erinnerte er sich nicht mehr an die Namen oder Gesichter der Wächter (Er war eine Stunde später von einem Fuhrwerk überfahren worden und verlor nicht nur seine Stellung in der Kutschergilde, sondern auch viele Erinnerung aus der Woche davor). Jetzt war die Wächtertruppe wieder auf der Straße, und Gauß freute sich schon ein wenig auf die kommenden Lektionen (worüber auch immer)

25.09.2011 19: 25

Pismire

"Na bitte", dachte Pismire, "läuft doch ganz gut." Eben hatten sie die Stadt verlassen und der Hauptmann hatte seinen Vortrag über die Stadttore von AM, die Tatsache, dass die Stadt dahinter noch weiterging[1], die daraus resultierende komplizierte Frage, ob eine Stadtwache auch außerhalb der Stadt ermitteln konnte und wenn ja, unter welchen Bedingungen, die damit einhergehenden Probleme bei Ermittlungen innerhalb der
a) auf dem Papier bestehenden, der
b) faktischen, der
c) unsichtbaren, der
d) auf einer unausgesprochenen Absprache mit den umliegenden Territorien auf der Sto-Ebene beruhenden und
e) der jeweils im Lauf einer Ermittlung jeweils kreativ und situational jeweils neu zu definierenden Grenzen der Stadt
im Protokoll zu erwähnen waren, gerade beendet, als er merkte, dass nicht alle seine Rekruten im Zustand der Agonie, die -wie er zu seinen Erstaunen einmal bemerkt hatte - früher oder später Rekruten in Lehrveranstaltungen zu überkommen schien, versunken waren. Er würde die Frage, ob dieser Zustand bei allen Rekruten in allen Lehrveranstaltungen üblich war, gelegentlich einmal mit seinen Stellvertreter erörtern müssen, beschloss er in einer Art Memo an sich selbst.
Nicht ganz dazu passte der erhobene Finger dieser bleichen Gestalt, die ihm trotz der bisher in der Kröselstraße verbrachten langen Ausbildungsdauer noch nicht aufgefallen war, was - wie Pismire folgerte - aus einer geradezu einzigartigen Antriebslosigkeit während der Ausbildungszeit resultieren musste.
"Ja, Rekrut - äh", ein Blick in die Unterlagen, "Gauß!? Du hast noch eine Frage dazu?"
"Nicht direkt, Sör, aber: Könnten wir uns ein wenig mehr an ein schattiges Plätzchen zurück ziehen?"
Kurzes Zögern. "Vermutlich die Haut, sieht schwer nach Albino aus, wenn's kein Vampir ist." Blick in die Unterlagen. "Nein, kein Vampir.
"Nun, ich kenne einen Kaffeeausschank mit Garten. Etwas zehn Minuten zu Fuß von hier. Mit der Gegend verbindet sich auch ein kleine Geschichte der Wache. Wenn ihr mir bitte Folgen wollt ..."
Die Starre der Rekruten verflog bei dem kurzen Fußmarsch durch die Vorstand vor dem Deosiltor.
Kurze Zeit später standen sie vor einen kleinen Haus, dessen Garten mit Hilfe einiger primitiver Bänke in einen Ausschank verwandelt worden war. Ein orthographisch fragwürdiges Schild verwies auf die Möglichkeit seinen Kaffee mitzunehmen oder ihn im Garten zu trinken.
Als sich die Gruppe mit ihren Getränken im Schatten einer großen Gruppe von Zypressen, die dem Garten ein ausgesprochen düsteres Gepräge verliehen, niedergelassen hatte, wies der alte Mann auf eine Reihe von gleich aussehenden, erbärmlichen Holzhäuschen, die hinter dem Gartenzaun aufragten.
"Das hier ist ein relativ neuer Teil der Stadt. Bis vor ein, zwei Jahren war hier nämlich noch ein Friedhof, auf dem die Wache die Leichen begrub, die nach der gerichtsmedizinischen Untersuchung keinen Abnehmer mehr fanden, also Mensch ohne Verwandte. Oder solche mit geizigen Verwandten. Als der damalige Besitzer starb, schloss sein Erbe den Friedhof, verkaufte einen Teil des Grundstücks", hier wies er auf den Garten, in dem sie saßen, "und bebaute den Rest mit diesen kleinen, schäbigen Häuschen", er wies auf die Hütten, "die er gewinnbringend ..."
Weiter kam er nicht, den in diesem Augenblick ertönte ein markerschütternder, schriller Schrei, der aus einer der Hütten drang.
Eine junge Frau riss die Tür auf und stürmte nach draußen, rief: "Hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiilfeeeeeeeeeeeeeee, meine Toooooooooooochter!", und brach ohnmächtig zusammen.

Bewegung kam in die kleine Schar, als die fünf Mitglieder der Wache mehr oder weniger geschickt über den Zaun flankten.
"Ihr kümmert euch um die Frau, ich gehe in die Hütte." Mit einer knappen Handbewegung schnitt Pismire mögliche Einwände ab.
Er öffnete vorsichtig die Hüttentür und sah in den Raum hinein. Flink glitt sein Blick über die spartanische Inneneinrichtung.
Ein grob gezimmerter Holzfußboden - offensichtlich auf einem Balkengerüst über dem Boden errichtet, um keinen gestampften Lehmfußboden zu haben. Zwei Betten - ein großes, ein kleines - gegenüber der Tür an der Wand, rechts daneben ein primitiver Herd, mehr eine Feuerstelle mit einem roh gemauerten Kamin. Davor ein Tisch, Küchen- und Esstisch in einem. Drei Stühle, einer davon lag (wahrscheinlich in der Panik, vermutete er) umgeworfen vor einem Regal mit Küchenutensilien und Nahrungsmitteln. Ein großer Schrank stand an der vierten Wand. Zwischen Tisch und Herd klaffte ein Loch im Boden.
"Hallo? Ist da jemand?"
Keine Reaktion. Kein Laut.
Vorsichtig näherte sich Pismire dem Loch und riskierte einen Blick.
Sowohl der Fußboden als auch das darunter liegende Erdreich waren verschwunden. Am Rande des nach unten dringen Lichtscheins konnte er Fels oder grobes Steinwerk an der Seite des Öffnung sehen. Er fingerte einen brennenden Span aus dem Feuer und ließ ihn in das Loch fallen. Der Boden schien nicht mehr als zwei Meter unter ihm zu liegen. Aber von einem Kind war weit und breit nichts zu sehen.

15.10.2011 13: 27

Rochus Wildgrube

Diese Stadtführungen sind nie das, was sie vorgeben zu sein. Der Hauptmann verschwand im Loch.
"Ihr wartet hier! Und kümmert Euch um die Frau!"
Während Wächter Feinschnitt sich um die Ohnmächtige kümmerte und die anderen recht verlegen in der Gegend herum standen, erschien der Hauptmannes kurze Zeit später wieder bei der Gruppe der Rekruten.
"In der Hütte ist niemand, nur ein ziemliches Loch im Fußboden. Und da drunter ist so etwas wie eine Krypta oder Katakomben. Auf jeden Fall gemauerte Gänge. Wenn, dann befindet sich das Kind dort. Am besten gehen wir da jetzt runter! Die Rekruten Eisenkauer und Wildgrube begleiten mich, ihr beiden bleibt erst einmal bei der Frau und kümmert euch um sie. Solltet ihr in einer Stunde nichts von uns hören, geht ihr zur Wache und schickt Verstärkung los!"
Mit diesen Worten drehte der Hauptmann sich um und ging zur Hütte zurück. Die beiden Rekruten folgten. Drinnen zeigte er ihnen das Loch und hüpfte behände hinein, wiederum von beiden gefolgt. In dem Gang war es heller als man erwarten konnte. Im regelmäßigen Abstand von einigen Metern brannten Fackeln. Scheinbar wurden die Gänge hier, zumindest in letzter Zeit, stark frequentiert. Aber außer den Schritten der Wächter und dem gelegentlichen Knistern einer Fackel war es totenstill. Die Gänge, waren zum großen Teil gemauert, aber hier und da konnte man auch blanken Stein erkennen.
"Also ein Zwergenstollen ist das nicht!", gab Wächter Jalosch seine Expertise ab.
"Aber was sind das hier sonst für Gänge?", fragte der Hauptmann. "Von Katakomben in diesem Teil der Stadt weiß ich nichts! Und hier sind auch sonst keine Anzeichen für Knochen oder sowas."
"Hier riecht's nich' gut", gab Wächter Wildgrube seinen Senf dazu obwohl er lieber etwas Kohl gegessen hätte. "Warum muss ich eigentlich vorne gehen?", wollte er wissen.
"Na, weil ich das für sinnvoll halte!", ließ sich der Hauptmann zu einer Erklärung bewegen.
Die Gänge waren gerade hoch genug, dass Wächter Wildgrube seinen Kopf nur ein wenig zur Seite legen musste. So stapften sie mehrere Minuten lang durch den Gang, bis dieser sich verzweigte.
"Wo sollen wir lang gehen, Hauptmann?", wollte Wächter Wildgrube wissen.
"Das Gesetz der Lohgick besagt, dass wir in einem Labürintt immer dieselbe Abzweigung nehmen sollen! Also gehen wir immer nach links!", bestimmte der Hauptmann und überfuhr damit alle Bedenken des Zwerges, der zu einer Antwort ansetzen wollte, es sich aufgrund der Entschlossenheit des Hauptmannes aber spontan anders überlegte. Gerade als sie ein paar Schritte in den linken Gang gesetzt hatten, hörten sie einen leisen Schrei, der aus der anderen Richtung zu kommen schien.
"Was war das?", wollte Rochus wissen.
"Ein Schrei!", antwortete Jalosch wissend.
"Er kam aus der anderen Richtung!", ergänzte der Hauptmann. Wie von selbst liefen sie in umgekehrter Reihenfolge zum Scheideweg zurück und lauschten angestrengt. Die beiden anderen Gänge unterschieden sich nur in der Richtung. "Kannst du irgendwas erkennen?", fragte der Hauptmann den Zwerg nach einem Moment des Lauschens.
Wächter Eisenkauer besann sich auf seine Zwergensinne, aber außer Bier war da im Moment nicht viel. Diese Gänge waren definitiv nicht nur keine Zwergengänge sondern irgendwie zusätzlich noch sonderbar.
"Ähh, ich würde sagen, DA lang", und er deutete auf den Gang, der geradeaus weiter lief.
"Gut! Wächter Wildgrube, nach dir!", dirigierte der Hauptmann den großen, kräftigen Wächter vorwärts.
"Ich habe Hunger!", jammerte der, fügte sich aber und stapfte voran.
Schon nach wenigen Schritten fanden sie eine kleine Schleife, wie sie nur allzu üblich für kleine Mädchen ist.
"Hier sind wir richtig! Gut gemacht, Wächter Eisenkauer!", feuerte der Hauptmann seine Leute an. "Sei von jetzt an bitte besonders vorsichtig, Wächter Wildgrube! Wir wissen nicht, welche Gefahren hier unten auf uns lauern."
Rochus fühlte sich nebst seines Hungergefühls immer unwohler. Es fing auch an immer komischer zu riechen.
"Ja, ich rieche das auch", sagte der Hauptmann auf die entsprechende Frage.
Sie konnten jetzt deutliche Schritte und das verhaltene, gedämpfte Schluchzen eines Kindes hören. Sie schlichen voran. Der Gang knickte fast rechtwinklig nach links ab und an der Ecke hielten sie an. Sie lugten wie die berühmten Orgelpfeifen um die Ecke. Nach einem kurzen Moment hatten sie genug gesehen. Der Gang erweiterte sich an dieser Stelle zu einer Art von kelinem Raum. Und in diesem Raum befanden sich einige 'Kreaturen', von denen eine das Mädchen zu einem Bündel verschnürt über der Schulter trug. Der Hauptmann flüsterte. "Ok, was auch immer da vor sich geht, wir müssen handeln - wir können das Mädchen da nicht alleine lassen!"
"Was sind das für ... äh ... Leute?", wollte Rochus wissen. "Ich glaube, dass sind UNTOTE!", erklärte Jalosch. "Nein, dass können keine Untoten sein!", wusste der Hauptmann besser. "Untote machen normalerweise keine Gefangenen!"
"Soll ich sie verprügeln? Sie sind nur zu fünft!", stellte Rochus fest. "Nein, wir sind die Wache und kein Kneipenschlägertrupp! Also werden wir auch so handeln! Ich werde vorgehen und ihr flank ... geht neben mir! Geht aufrecht und strahlt Entschlossenheit auf! Beobachtet mich und lernt! Fertig?"
Eigentlich wollten die Rekruten 'Nein' sagen, hatten aber keine Zeit mehr, da der Hauptmann, seine Dienstmarke wie einen Schild vor sich haltend, wie ein Troll um die Ecke schritt.
"STADTWACHE! Ihr seid alle verhaftet! Lasst sofort das Mädchen runter!"
Wenn es sich tatsächlich um echte Untote handelte, dann waren sie anders, als es die Klischees vermuten ließen.

Jalosch Eisenkauer



05. 11. 2011 13: 06

"Ohjemine", dachte Jalosch als der Hauptmann nach vorn stürmte. Er bemerkte, wie sich Rochus mit schwach unterdrückter Vorfreude die Fingerknöchel rieb und sich nach einem Moment des Zögerns ebenfalls auf den Weg machte. Jalosch seufzte hörbar noch ein wenig und stürmte hinterher.
Die Gestalten wandten sich erschrocken um, als sie den Ruf des Hauptmannes vernahmen. Einer der fünf trug eine Fackel bei sich, so dass die Wächter, als sie sich näherten, ein gutes Bild der Situation bekamen. Es waren in der Tat keine Untoten, aber bei dem schlechten Licht, so bestätigte sich Jalosch, war das durchaus eine Annahme, die nicht allzu verkehrt gewesen hätte sein können. Die "Kreaturen" waren fünf Männer, deren Gesichter, Haare und Kleidung bedeckt waren mit einer Mischung auf Sand, Staub und Kalk. Ihre Hände waren schwarz vor Dreck und es schien, als hätten sie sich oft die Augen gerieben, was die tiefen schwarzen Ränder erklärte, die sie aufwiesen.
Der Fackelträger war groß, stämmig und sah ein wenig dämlich aus. Neben ihm stand ein kleiner dicker Mann, der von den fünf am wenigsten verschmutzt aussah. Er trug einen kleinen Ziegenbart, der in Anbetracht seines enormen Doppelkinns schier zu verschwinden drohte, und hatte einen hochnäsigen Blick, der im Moment jedoch gepaart war mit dem der Überraschung. Das Mädchen hing über der Schulter eines großen hageren Mannes, der in gebückter Haltung da stand, da sein Kopf sonst an die Decke des Stollens zu stoßen drohte. Neben ihm stand ein vielleicht zwölfjähriger Junge, den Arm voll weißer Stoffbahnen, die ungefähr fünf Zentimeter dick zu sein schienen. Er hatte große, geweitete Augen und sah von allen am erschrockensten aus. Der letzte in ihrem Bunde war ein Mann, der zwei Spaten trug. Sein Blick war wach und aufmerksam, seine Körperhaltung angespannt.
Sie alle erstarrten kurz, als die Wächter um die Ecke geschossen kamen.
Hauptmann Pismire war ein Paradebeispiel für Souveränität, wie Jalosch nicht ganz neidlos anerkennen musste. Pismire verlangsamte seinen Schritt, als es nicht schien, als wollten die Männer fliehen.
"Meine Herren, meine Herren, nun, ist das nicht ein interessanter Anblick? Ihr werdet jetzt sofort das Mädchen frei lassen und mir dann erklären, was dieser Aufzug hier soll!" Rochus unterstützte seine Worte mit einem gezielten Knacken seiner Fingerknöchel, Jalosch tat dies mit einem wichtigen Nicken.
"Fächter? Fas wollt ihr? Verschfindet, das hier ist unsere Angelegenheit", antwortete der kleine Dicke.
"Wer seid ihr, und was habt ihr mit dem Mädchen vor?", fragte der Hauptmann scharf.
"Das ist nichts, wo ihr eure ach so fichtigen Nasen reinstecken müsst. Macht euch fom Acker, sonst machen fir euch Beine."
Rochus tänzelte unruhig von einem Bein aufs andere "Ja, sollen sie nur kommen, nicht wahr Jalosch, die nehmen wir uns vor". Der Zwerg blickte ihn entgeistert an und flüsterte: "Bist du wahnsinnig? Das sind zwei mehr als wir. Zweieinhalb um genau zu sein!", präzisierte er weiter.
Plötzlich trat der Mann mit den Spaten einen Schritt vor, blickte sich zum Dicken um und sagte mit ruhiger, tiefer Stimme:
"Ich denke, dieses Gerede bringt uns nicht weiter." Er zuckte mit den Schultern, blickte den Jungen an und schlug mit einem: "Ich denke, du solltest jetzt besser zur Seite gehen!", gegen einen der Holzbalken, die diesen Teil des Stollens zu stützen schienen.
Die Wächter konnten nicht viel unternehmen, außer ebenfalls schnell einen Sprung nach hinten zu machen, als die Decke über ihnen zum Einsturz kam. Glücklicherweise war der vorherige Abschnitt ebenfalls durch Balken gestützt, so dass sie den Einsturz zwar dreckig und von Würmern übersät, jedoch unverletzt überstanden.
Pismire zupfte sich eine Spinne vom Arm und wies die Wächter mit einem "Pscht" an zu schweigen. Der Feuerspan war ausgegangen und es war stockfinster am Gang. Von der anderen Seite waren jedoch die Stimmen der Männer zu vernehmen.
"Ich hab doch gesagt, du sollst aus dem Weg gehen", hörte man die ruhige Stimme des Spatenträgers. Ein Wimmern antwortete, jedoch waren keine Worte auszumachen. "Torfkomp, hilf mir mal!" Die Wächter hörte, wie etwas aus dem Dreck- und Steinhaufen vor ihnen gezogen wurde. "So, und nun nimm die Verbände. Wir gehen zurück ins Hauptquartier."
"Fon der Fache gesehen. Das ist nicht gut. Die sollten gar nicht fissen, dass es uns gibt", hörte man noch die Worte des kleinen Dicken, als die Gruppe sich hörbar entfernte.

30.10.2011 21: 28

Jalosch Eisenkauer

"Ohjemine", dachte Jalosch als der Hauptmann nach vorn stürmte. Er bemerkte, wie sich Rochus mit schwach Unterdrückter Vorfreude die Fingerknöchel rieb und sich nach einem Moment des Zögerns ebenfalls auf den Weg machte. Jalosch seufzte hörbar ein und stürmte hinterher.
Die Gestalten wandten sich erschrocken um, als sie den Ruf des Hauptmannes vernahmen. Einer der fönf trug eine Fackel bei sich, so dass die Wächter, als sie sich näherten, ein gutes Bild der Situation bekamen. Es waren in der Tat keine Untoten, aber bei dem schlechten Licht, so bestätigte sich Jalosch, war das durchaus eine Annahme, die nicht allzu verkehrt gewesen hätte sein können. Die "Kreaturen" waren fünf Männer, deren Gesichter, Haare und Kleidung bedeckt waren mit einer Mischung auf Sand, Staub und Kalk. Ihre Hände waren schwarz vor Dreck und es schien, als haben sie sich oft die Augen gerieben, was die tiefen schwarzen Ränder erklärte, die sie aufwiesen.
Der Fackelträger war groß?, stämmig und sah ein wenig dämlich aus. Neben ihm stand ein kleiner dicker Mann, der von den fünf am wenigsten verschmutzt aussah. Er trug einen kleinen Ziegenbart, der in Anbetracht seines enormen Doppelkinns schier zu verschwinden drohte, und hatte einen hochnäsigen Blick, der im Moment jedoch gepaart war von dem der ßberraschung. Das Mädchen hing über der Schulter eines großen hageren Mannes, der in gebückter Haltung da stand, da sein Kopf sonst an die Decke des Stollens zu stoßen drohte. Neben ihm stand ein vielleicht zwölfjähriger Junge, den Arm voll weißer Stoffbahnen, die ungefähr fünf Zentimeter dick zu sein schienen. Er hatte große, geweitete Augen und sah von allen am erschrockensten aus. Der letzte in ihrem Bunde war ein Mann, der zwei Spaten trug. Sein Blick war wach und aufmerksam, seine Körperhaltung angespannt.
Sie alle erstarrten kurz, als die Wächter um die Ecke geschossen kamen.
Hauptmann Pismire war ein Paradebeispiel für Souveränität, wie Jalosch nicht ganz neidlos anerkennen musste. Pismire verlangsamte seinen Schritt, als es nicht schien, als wollten die Männer fliehen.
"Meine Herren, meine Herren, nun, ist das nicht ein interessanter Anblick? Ihr werdet jetzt sofort das Mädchen frei lassen und mir dann erklären, was dieser Aufzug hier soll!" Rochus unterstützte seine Worte mit einem gezielten Knacken seiner Fingerknöchel, Jalosch tat dies mit einem wichtigen Nicken.
"Fächter? Fas wollt ihr? Verschfindet, dass hier ist unsere Angelegenheit", antwortete der kleine Dicke.
"Wer seid ihr, und was habt ihr mit dem Mädchen vor?", fragte der Hauptmann scharf.
"Das ist nichts, wo ihr eure ach so fichtigen Nasen reinstecken müsst. Macht euch fom Acker, sonst machen fir euch Beine."
Rochus tänzelte unruhig von einem Bein aufs andere "Ja, sollen sie nur kommen, nicht wahr Jalosch, die nehmen wir uns vor". Der Zwerg blickte ihn entgeistert an und flüsterte "Bist du wahnsinnig? Das sind zwei mehr als wir. Zweieinhalb um genau zu sein!", flüsterte er zurück.
Plötzlich trat der Mann mit den Spaten einen Schritt vor, blickte sich zum Dicken um und sagte mit ruhiger, tiefer Stimme:
"Ich denke, dieses Gerede bringt uns nicht weiter." Er zuckte mit den Schultern, blickte den Jungen an und schlug mit einem "Ich denke, du solltest jetzt besser zur Seite gehen" gegen einen der Holzbalken, die diesen Teil des Stollens zu stützen schienen.
Die Wächter konnten nicht viel unternehmen, außer ebenfalls schnell einen Sprung nach hinten zu machen, als die Decke über ihnen zum Einsturz kam. Glücklicherweise war der vorherige Abschnitt ebenfalls durch Balken zerstört, so dass sie den Einsturz zwar dreckig und von Würmern übersät, jedoch unverletzt überstanden.
Pismire zupfte sich eine Spinne vom Arm und wies die Wächter mit einem "Pscht" an zu schweigen. Der Feuerspan war ausgegangen und es war stockfinster am Gang. Von der anderen Seite waren jedoch die Stimmen der Männer zu vernehmen.
"Ich hab doch gesagt, du sollst aus dem Weg gehen", hörte man die ruhige Stimme des Spatenträgers. Ein Wimmern antwortete, jedoch waren keine Worte auszumachen. "Torfkomp, hilf mir mal!" Die Wächter hörte, wie etwas aus dem Dreck- und Steinhaufen vor ihnen gezogen wurde. "So, und nun nimm die Verbände. Wir gehen zurück ins Hauptquartier." "Fon der Fache gesehen. Das ist nicht gut. Die sollten gar nicht fissen, dass es uns gibt" hörte man noch die Worte des kleinen Dicken, als die Gruppe sich hörbar entfernte.

05.11.2011 13: 06

Pismire

"Einen Moment", sagte Pismire von der Dunkelheit ein wenig überrascht, "ich schau mal, ob ich ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen kann. Bleibt einfach hier stehen."
"Aber wozu?", fragte Jalosch erstaunt - der Stollen oder Tunnel oder die Katakombe oder was immer das war, mochte dunkel sein, dennoch für einen Zwerg nicht zu dunkel.
"Es ist stockduster", ließ sich Rochus vernehmen.
"Oh, schon klar. Aber wozu hilft das dann, wenn der Hauptmann mit geschlossenen Augen starr an einer Wand lehnt?", fragte er leise seinen Mitrekruten.
"Tut er das?"
"Ja, das tut er."
Rochus zuckte mit den Schultern. Die ganze Angelegenheit erschien ihm ein wenig seltsam[1].
"Wir hätten es gut mit den dreien aufnehmen können, weißt du!?", grollte er. "Der dicke Typ mit dem Mickerbärtchen sah mir nicht gefährlich aus. Und der Rest war auch nicht sonderlich beeindruckend. Überhaupt - ziemlich eigenartig, hier so in diesen Gängen unter einem ehemaligen Friedhof rumzulaufen. Und dann das Mädchen über der Schulter. Was meinst du?"
Jalosch zuckte mit den Achseln bis ihm einfiel, dass sein Mitrekrut im Dunkeln vermutlich nichts sehen konnte. "Vielleicht Grabräuber. Oder Mitglieder einer Geheimgesellschaft. Oder grabräubernde Geheimgesellschaftsmitglieder. Was machen wir jetzt mit dem Hauptmann?", gegenfragte er und beschrieb für Rochus die Situation: "Er hat immer noch die Augen zu und lehnt immer noch starr an der Wand."
Schulterzucken. Dann: "He, schau mal, da vorne sieht es aus, als ob eine kleine Laterne durch die Luft fliegt."
"Das ist keine Lampe", meinte Jalosch nach einem kurzen Blick. "Das ist eine Gruppe von Glühwürmchen. Was die wohl hier unten machen?"
"Sie folgen meinem Ruf", meinte Pismire, öffnete die Augen und richtete sich wieder auf. "Und ja, das ist eine Art von Magie. Ich bin ein Schamane und habe die Tiere zu uns gerufen. Sie können uns Licht geben, bis wir eine Fackel finden.
"Warum nehmen wir denn nicht die da", entgegnete Jalosch mürrisch und wies auf eine erloschene Fackel, die in einer Halterung steckte. Die beiden anderen hatten sie im Dunkeln nicht gesehen.
"Nun, ich wäre dir sehr verbunden, Rekrut", entgegnete Pismire vielleicht ein wenig schärfer im Ton als beabsichtigt, "wenn du das Wissen um weitere Lichtquellen, die du sehen kannst, einfach mit uns teilen könntest."
"Ja, Sir", kam von dem Zwerg, dem nicht anzumerken war, ob er den Tadel überhaupt bemerkt hatte.
Pismire griff nach der Fackel, stellte dann aber fest, dass sie sich nicht einfach von der Wand nehmen ließ - der Griff, der fest in der Wand steckte, ließ sich lediglich nach links oder rechts drehen. Ein wenig ungehalten drehte er das Ding hin und her, als sich mit einem Mal und mit einem knarrenden Geräusch direkt gegenüber auf der anderen Wand eine Tür öffnete.
"Hoppla, was ist denn das?", meinte der alte Mann verblüfft.
"Schätze ein Geheimgang, Sör", erwies Rekrut Wildgrube sich als hilfreich.
"Danke, äh, Rochus. Gut beobachtet. Ich schätze, das ist eine Möglichkeit, die Spur unserer Gruppe von Entführern wieder aufzunehmen. Kannst du sie noch hören?", wandte er sich an Jalosch.
Angestrengt lauschte der Zwerg in die Dunkelheit.
"Wenn ich mich nicht täusche, dann treffen der Gang hier und der, den sie uns gerade versperrt haben in ungefähr sechshundert Metern wieder aufeinander."

Vorsichtig lugten die Wächter in den neuen Gang. Er bestand aus steingepflasterten Wänden, Boden und Decken und war - im Gegensatz zu dem Gang, aus dem sie gerade kamen - trocken und machte einen stabilen Eindruck.
"Das Gangsystem scheint ebenfalls in Betrieb zu sein", flüsterte Pismire und wies auf kleine Öllampen, die in regelmäßigen Abständen an den Wänden blakten. "Folgt mir - wenn's geht ohne einen Mucks."
So viel wie möglich den Schatten zwischen den trüben Funzeln nutzend, pirschten die drei Wächter möglichst schnell den Tunnel entlang - eine Gangart, die Rochus von den dreien am schwersten fiel.
Nach einer Weile stießen sie auf einen Gang, der sich zusammen mit ihrem jetzigen zu einem neuen Weg vereinigte. Und als sie aufmerksam lauschten konnten sie Stimmen vor sich in der Dunkelheit hören.
Mit einer kurzen Geste wies Pismire seine beiden Rekruten an, sich im Schatten bedeckt zu halten, dann schlich er in Richtung der nächsten Ecke.
Hier erweiterte sich der Gang zu einem kleinen Raum, einer Art runder, kleiner und niedriger Halle, an deren Wänden der Hauptmann die üblichen Anzeichen geheimbündlerischer Aktivitäten bewundern konnte: gemalte Totenschädel auf künstlich zerrissenen Wandbehängen, gekreuzte Dolchen und Knochen und jede Menge Symbole hauptsächlich in den Farben blutrot, dunkelblutrot und eingetrocknetblutrot sowie einem ungesunden und bleichen Grünton.
Die fünf Gestalten, auf die sie im Tunnel gestoßen waren standen nun im Halbkreis vor einem Altar, hinter dem eine hochgewachsene Gestalt in einer violetten Robe mit einer Kapuze, die das halbe Gesicht überschattete, ihrem Unmut über die trottelhaften Adepten vor ihr freien Lauf ließ.
"Aber Meisterin, ich habe Euch doch gesagt, dass fir unsere Spuren aufs sorgfältigste verfischt haben", weimerte der Dicke mit dem Mickerbärtchen. "Die Fächter konnten uns nicht folgen, da Hugo den Gang zum Einsturz gebracht hat. Und ich bin mir sicher, dass sie die Geheimtür nicht finden ferden."
"Ihr Idioten!", tobte die Meisterin diese illusteren Zirkels. "Ich habe euch einen einfachen Auftrag gegeben, der da lautete: "Bringt mir das Mädchen - und verhaltet euch unauffällig". Und was macht ihr? Bringt die halbe Hütte zum Einsturz, erregt jede Menge Aufmerksamkeit und führt beinahe die halbe Wache zu unserem Hauptqaurtier!", und mit theatralischer Geste wies sie zuerst auf das Mädchen, dass mit verbundenem Mund, sorgsam zu einem hockenden Bündel geschnürt und mit weit aufgerissene Augen an der linken Seite des Altars lehnte und anschließend zu einer Tür hinter sich.
"Prächtig", dachte sich Pismire, "dann müssen wir das nicht noch auch noch suchen.
"Äh, Meisterin, äh", der große Mann, der den Träger gegeben hatte, meldete sich mit erhobenem Finger zu Wort, "das sind aber", und erzählte stumm an zwei Fingern seiner rechten Hand mit, "zwei Dinge - das Mädchen und das Verhalten."
"Schweig, Torfkomp, du, du, du Vollidiot!"
Betreten schauten die fünf zu Boden.
"Ich versteh überhaupt nicht, wozu wir sie brauchen, Mutter", mischte sich der Junge ein. "Ich könnte es doch auch versuchen"
Schlagartig wurde die Stimme der Frau in der Kutte zuckersüss: "Aber nein, Spätzchen, das habe ich dir doch schon erklärt - du passt nicht mehr durch das Loch und wir brauchen unbedingt das Amulett aus dem Grab. Also sei jetzt still und lass Mutti machen, ja?"
Schmollend drehte der Junge sich um und hockte sich mit beleidigt vor der Brust verschränkten Armen an die rechte Seite des Altars.
"Und ihr anderen zieht euch gefälligst eure Roben an", fauchte die Frau. "Und dann werden Torfkomp und Hugo nochmal in den Gang zurück gehen, damit wir sicher sein können, dass diese Wächter uns nicht folgen konnten."
Mit einem Blick auf Torfkomp, dessen hochgewachsene Gestalt mit Rochus beinahe mithalten konnte und Hugo, der kleiner und schlanker war, reifte in Pismires Kopf ein Plan - riskant vielleicht, aber machbar, vor allem angesichts dieser Gegnerschar.
Und er beschloss, sich unauffällig zurück zu ziehen und sich mit seinen Rekruten zu beraten.

21.11.2011 22: 43

Pismire

Der Plan, der in Pismire Kopf mit unguter Geschwindigkeit zu reifen begonnen hatte, beruhte auf der oberflächlichen rückwärtigen, physiognomischen Ähnlichkeit der beiden Losgeschickten zu ihm und Rochus, sowie der verhüllenden Wirkung der Kutten, die die beiden auf Geheiß der Anführerin trugen, seinem unbestimmten Eindruck, dass die verhüllte Dame einen Mächtigen an der Waffel zu haben schien und - und diesen Teil gestand er sich später nur ungern ein - einer Art von unbestimmter Abenteuerlust, von der er eigentlich wusste, dass sie nicht einmal in Situationen wie dieser ein guter Ratgeber war. Er winkte seinen beiden Mistreitern, sich schnellstmöglich und unauffällig zurück zu ziehen, um die Marschrichtung festzuklopfen.

"... könnten sie von hinten überraschen. Immerhin sind wir einer mehr als sie - eine eindeutige Überzahl", versuchte er seine Rekruten sachte anzufeuern. Das Gemurmelte: "Eigentlich ein halber" wischte er mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite.
"Wenn wir danach schnell handeln, dürften die anderen drei - also die Männer und die Frau - kein Problem mehr darstellen", wisperte er aufgeregt, dem eifrig nickenden Rochus zu. "In der Verkleidung können wir uns ihnen gefahrlos nähren - und wenn wir aus der Deckung rasch zuschlagen, bringen wir als erstens den Jungen in unsere Gewalt. Mit ihm haben wir ein exzellentes Druckmittel die Frau und somit auch die Männer von Oberkultistin zur Aufgabe zu zwingen."
"Geiselnahme eines Kindes als Mittel der Konfliktlösung? Zusätzlich zu Amtsanmaßung, Rekrutenausbeutung, versuchter vorsätzlicher Körperverletzung und widerrechtlicher Einsatzerschleichung? Ist das hier GRUND oder die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für IA?", schnurrte es in diesem Augenblick von hinten in Pismires Ohr.
Die ruckhafte Drehung seines Halses beförderte den Hauptmann vis-à-vis und Nase an Nase zu dem leichten Ambrustschützen, ehemaligen Ausbilder und häufig in leitender Funktion bei FROG tätigen Chief-Korporal Valdimir van Varwald. Der Vampir wich ein wenig zurück und schob seine beiden Pistolenarmbrüste zurück in die Halfter. Grüne Schemen im weiteren Verlauf des Ganges zeugten davon, dass hier bereits professionelle Unterstützung von Seiten der FROG am Werke war.
"Nun, man könnte die Situation in gewisser Weise ... ach, was soll's", unterbrach der Hauptmann sich mit einem Grinsen selbst. "Ihr seid über die Situation informiert?"

"Zum Glück waren ja nicht alle deine Rekruten auf dem Einsamen-Retter-Trip", ergänzte der Leiter der Wache van Varwalds Erzählung. "Dieser Gauß hat sich sobald ihr in der Hütte verschwunden wart, auf den Weg zur Wache gemacht - kluge Idee; besser als diese "Ihr-wartet-hier-eine-Stunde-und-wenn-wir-dann-nicht-wieder-da-sind-holt-ihr-Hilfe"-Nummer, die ihm sein heutiger Ausbilder leichtfertigerweise empfohlen hatte. Die Rekrutin ist bei der Frau geblieben und hat sich bis zu deren Aufwachen um sie gekümmert."
"Vermutlich besser als andersrum", dacht Pismire sich, die bleiche Farbe des jungen Mannes vor Augen.

Im übrigen folgte er dem Monolog seines Kommandeurs nur mit eingeschränkter Aufmerksamkeit, solange dieser sich mit dem - in seinen Augen unangebrachten - Thema der vermeintlichen und vermuteten Verfehlungen des Leiters der Ausbildung beschäftigte und noch einen ("unangemessen") ausführlichen Exkurs zum ("völlig überbewerteten") Bereich Erlaubte und unerlaubte Gebiet der Ermittlung einschob, der - so vermutete der Alte - sich auch nicht groß von den ihm bereits bekannten Ausführungen von Breguyars Vorgängern unterscheiden würde. Immerhin nickte er hin und wieder mit angemessener Zerknirschtheit und gelobte - wie schon so häufig davor - Besserung, Einsicht, Verhaltensänderung und was sonst noch ihm an dieser Stelle zur Rettung des Seelenfriedens seines jeweiligen Vorgesetzten angemessen und brauchbar erschien.
Seltsame Rituale halt.
Nicht so seltsam und bizarr wie das, dessen Ausführung sie - also gut: die FROGS - heute verhindert hatten.
Die drei GRUND-Mitglieder hatten - in sicherer Entfernung oder nach andere Leseart so weit weg, dass sie keinen Unfug treiben konnten - die Verhaftung dieses Dilettantenzirkel beobachtet. Kein spektakulärer Anblick, wenn der Alte ehrlich war, da die beiden Helfershelfer bereits wohlverschnürt im Tunnel lagerten, als die FROG den improvisierten Altarraum stürmten. Die zwei anderen Männer hoben schlagartig die Hände, während Emilia Schmumpel geborene Haxbrot sich schützend vor ihren kleinen Sohn schob. Immerhin nicht umgekehrt, wie ein zynisches Mitglied der Sondereinsatztruppe anmerkte.
Die kleine Tochter ihrer Nachbarin hatte man entführt, um sie in einer halb verschütteten Grabstelle nach einem wertvollen, magischen Artefakt suchen zu lassen, das sich Madame Artamysia Aussagen zufolge [2] in dem Grab eines antediluvianischen Magiers, das dort sei, befinden sollte und es der Trägerin ermöglichen würde, ein Elixier zu brauen, das ewige Jugend, Schönheit und unbegrenzte Finanzmittel mit sich brachte. Die Zombieaufmachung sollte verhindern, dass die Kleine die Männer erkennen konnte, denn auch sie wohnten in der Nachbarschaft - nette Aussichten also, für ein gutes Zusammenlebe in der kleinen Neubausiedlung nach diesem Fall, fand der Schamane.
In welcher Beziehung nun genau die Männer und Frau Schmumpel standen, wollte er gar nicht wissen, und deshalb mochte er sich den Zweck dieses Hobbykultes auch gar nicht weiter zu Gemüte führen.

Während sein Kommandeur wieder in die ruhigeren Fahrwasser der Beschreibung des abgeschlossenen Falls glitt, fragte sich Pismire, ob er die Lektion: Die Stadttore und ihre Bedeutung für alle Teilnehmer als erfolgreich absolviert verbuchen konnte und entschied ich nach kurzem Überlegen für eine "JA". Dann brauchte er das Ganze wenigstens nicht zu wiederholen.
Er konzentrierte sich wieder auf sein gegenüber, als seine Ohren ihm eine länger werdende Pause meldete. Breguyar blickte ihn erwartungsvoll an. Offensichtlich war hier sein Beitrag gefordert.
Und beherzt salutierte er, kommentierte das mit "Genau, Sör. Aber ich will sie nicht länger Aufhalten. Danke für die aufschlussreichen Worte, Sör!" und verließ schnell mit einer gewissen Zielstrebigkeit den Raum.

"Er hat nicht zugehört - oder?", fragte der Kommandeur seinen Stellvertretenden AL und den Leiter des Einsatzes.
Braggasch errötete zart: "Äh, nun, äh..."
"Nein, hat er nicht", kommentierte van Varwald mit einem Achselzucken. "Weiß man bei ihm aber nie so genau."[1] denn im Laufe von Jahrhunderten hatten die Stadt Tore zur Verteidigung längst nicht mehr nötig - diese Aufgabe erledigten die Einwohner und ihre natürliche Raff- und Habgier, ihre Verschlagenheit und der ihnen eigene, unbedingte Wille zur skrupellosen Bereicherung sowie ihr Talent zur Assimilierung ähnlicher Lebensformen (früher auch barbarischer Eroberer genannt) zuverlässiger als jede Mauer


18.04.2012 14: 37

[1] wenn er das Wort gekannt hätte, hätte er jetzt mysteriös gedacht

[2] die sie den Informationen ihres Intimus, eines angeblich sprachbegabten schwarzen Katers, der sich Nacht in ihr Schlafzimmer zu schleichen pflegte und bei dessen Beschreibung es bei Pismire irgendwo im Hinterkopf leise die Hand hob, verdankte


Wörter:

Gauß Rho-theos   1041
Jalosch Eisenkauer   1339
Rochus Wildgrube   1728
Pismire   4158



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