In Schwellingen

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von Oberfeldwebel Romulus von Grauhaar (RUM), Korporal Braggasch Goldwart (GRUND)
Online seit 21. 12. 2011
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 Außerdem kommen vor: Ophelia ZiegenbergerBreda KrulockBoris MachtnichtsLaiza HarmonieEttark Bergig

Wenn ein Wächter mir nichts, dir nichts verschwindet, um sich plötzlich in einer völlig fremden Welt wiederzufinden, in der offenbar völlig andere Spielregeln gelten, ist eine Menge Einfallsreichtum gefordert. Aber auch beim Versuch, ihn wieder zurück auf die Scheibenwelt zu bekommen, können sich sehr Große Dinge zutragen.

Dafür vergebene Note: 13

[Braggasch]

"Verzeihung, Sör?"
Braggasch, den Arm voller neuer Bögen an Papier für die Rohrpost, verharrte in der Bewegung und drehte sich um. Vor ihm, montiert auf einem großen, schlaksigen Körper in Rekrutenuniform, beugte sich ein Kopf herunter, der von einem derart entschuldigenden Lächeln geziert war, wie es der Zwerg bisher nur im Spiegel gesehen hatte.
"Äh...", antwortete der Späher und verstummte.
Auch der Unbekannte gegenüber schwieg in freundlicher Erwartung.
So standen sie unschlüssig vor einander. Goldwart fühlte sich von tiefgrünen Augen aufmerksam gemustert und hatte Mühe, den Drang zu unterdrücken, das dünne Haar zurecht zu streichen.
Dem Gefreiten Ron Kleinschuh, der eifrig, eine Nachricht in der Hand, die Treppe ansteuerte, wichen sie intuitiv aus, lächelten gemeinsam über die peinliche Stille und verfielen dann wieder in Schweigen.
"... ja?", beendete Braggasch seinen Satz endlich.
Darauf schien der junge, pferdegesichtige Mann nur gewartet zu haben. "Mein Name ist Boris Machtnichts, Sör. Ich bin Rekrut."
"Das, äh, kann man sehen", murmelte Burkhards Sohn.
Boris nickte. "Feldwebel Feinstich meinte, dass es mir gut tun würde, einmal Ordnung in dem Archiv zu schaffen."
Eine schüttere Augenbraue wanderte in die Höhe. "Da wärst du nicht der Einzige, der das versucht... äh...glaube ich. Normalerweise, äh, wird diese Arbeit aber als Strafmaßnahme verwendet. Hast du was... ausgefressen?"
Der Rekrut zuckte mit den Schultern, die höfliche Freundlichkeit in seinem Gesicht blieb, wo sie war. "Sie schien nicht besonders begeistert über meine Mitarbeit im Unterricht zu sein, nehme ich an – ich werde mich da noch verbessern müssen."
"Und, äh, wie kann ich dir behilflich sein?"
"Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es erfolgsversprechender ist, jemanden zu fragen, wo sich das Archiv befindet, als selbst danach zu suchen, Sör. Wenn Sie es mir beschreiben könnten, Sör, wäre mir sehr geholfen. Natürlich nur, wenn Sie nichts Wichtigeres zu tun haben, Sör."
"Oh", meinte der Späher und Erleichterung breitete sich in seinem Gesicht aus. "Ja... äh... ja, das kann ich tun. Ich habe momentan sowieso keinen Dienst. Äh... ich werde dich hinbringen." Mit einer Bewegung der freien Hand wies er den Rekruten an, ihm die Treppe hinunter zu folgen.
Gehorsam setzte sich Machtnichts in Bewegung. "Das ist sehr nett, Sör. Und ich störe Sie dann auch wirklich nicht bei etwas Wichtigerem?"
"Neinnein", antwortete Braggasch über die Schulter hinweg. "Um ehrlich zu sein, ist mir gerade der Gedanken gekommen, dass ich, äh, im Archiv vielleicht etwas finden könnte, äh, was ich dann als Artikel verfassen kann. Die Wächter mögen Geschichten aus der Vergangenheit. Hier müssen wir links." Die feingliedrige Hand des Spähers deute auf einige Türen auf ihrer rechten Seite. "Äh... das da ist der Schlafsaal, äh, wenn du mal nicht weißt, wohin. Das da ist... äh... nun... da solltest du dich am besten einfach fort halten, wenn du keinen entsprechenden, äh, Auftrag hast – und dies ist der Waschraum, der hat eine sehr interessante Pumpenmechanik, um den Kessel zu bedienen. Ich glaube, momentan wird sie noch handbetrieben, aber es wäre möglich, diese Arbeitet hauptsächlich von dem Dampfdruck, der beim Erwärmen sowieso entsteht, übernehmen zu lassen. Das würde unnötige Arbeit sparen und vielleicht hätte man zusätzlich noch die Möglichkeit, gewisse Räume im Wachhaus durch Röhrensysteme mit Wasser zu versorgen. Frau Piepenstengel wäre bestimmt glücklich, wenn sie direkt heißes Wasser bekommen würde, ohne es vom Brunnen holen und aufkochen zu müssen. Das könnte sich sogar in anderen Haushalten durchsetzen." Mittlerweile waren die beiden Wächter längst vor der Tür zum Archiv angekommen, doch Boris lauschte weiterhin Goldwarts Redeschwall, ohne die geringste Ahnung zu haben, worum es überhaupt ging. "Ein separater Kessel müsste natürlich angebracht werden und der Aufbau befindet sich in keinem guten Zustand – zwar konnte ich die meisten verrosteten Teile ersetzen, aber es sind auch einige Sachen dabei, die ich nicht selbst bauen oder von der Müllstelle bekommen kann und die ein wenig teuer sind. Mein Antrag auf finanzielle Unterstützung von der, äh, Wache ist, äh, allerdings bisher noch nicht... beantwortet worden..." Als Burkhards Sohn thematisch sicheres Gelände verlies, stockte sein Redefluss zunehmend. "Ich... äh... denke, der Kommandeur hat, äh, einfach zu viel zu tun..." Eine unangenehme Pause schloss sich an.
"Was für ein Artikel, Sör?"
"Äh... was?"
Boris duckte sich kurz, als würde er einen Schlag erwarten. "Verzeihung, Sör. Sie haben eben etwas von einem Artikel gesagt, den Sie aus dem Archiv holen wollten."
"Äh..." Braggasch zwinkerte. "Ach so. Nein, nicht holen, äh, sondern Informationen sammeln. Ich arbeite an einer Zeitung, weißt du?"
"Das ist sehr interessant, Sör", sagte Machtnichts.
Der Zwerg musterte sein Gegenüber und fühlte sich auf eine unabsichtliche Art veralbert. "Ja... äh... wir sind da." Er drückte die Tür, welche lautlos nach Innen schwang, auf und griff eine der Laternen vom Tisch, um diese zu entzünden. Unruhiges Licht erleuchtete den von Regalen, Papier und muffiger Luft gefüllten Raum. "Willkommen im Archiv. Äh... versuch dich nicht an dem Staub zu stören."
"In Ordnung, Sör."
"Hat Rogi, äh, Feldwebel Feinstich dir einen genaueren Auftrag gegeben?"
"Nein, Sör."
Braggasch überreichte dem Rekruten die Laterne. "Dann empfehle ich dir die Akten weiter, äh, hinten, das sind die Älteren und unbearbeiteten. Vielleicht entdeckst du ja etwas, äh, Interessantes."
"Ja, Sör. Danke, Sör." Boris nahm die Lampe entgegen und ging an den Regalreihen entlang, bis er vor dem letzen Regal stand. Goldwart beobachtete den Braunhaarigen einen Moment dabei, wie dieser die Lampe umsichtig abstellte und sich eine Mappe aus dem Regal griff. Staub rieselte zu Boden. Seufzend legte der Späher die leeren Papierbögen ab und entzündete sich die zweite Laterne, um ebenfalls ein wenig in den vorderen, jüngeren Akten zu stöbern.
Nachdem er seinen dritten, uninteressanten Fall überflogen hatte, sah der Korporal abermals auf. Das Bild, welches sich in den letzten Minuten ergeben hatte, blieb unverändert: Boris Machtnichts stand vor dem Regal, die Mappe in der Hand, und stierte auf die erste Seite. Seine Augen wanderten das Papier hinauf und hinunter, nur um stets wieder oben anzufangen.
Braggasch legte seine Akte zurück an ihren Platz und wanderte den Raum entlang, bis er neben dem Rekruten stand.
"Ist, äh, alles in Ordnung?"
"Ja, Sör, Danke, Sör."
Der Späher zog die Stirn kraus. "Äh... nun... wenn dir das noch nicht erklärt wurde, äh, ist es sicherlich schwer, durch die, äh, Aktenführung der Wache zu blicken."
"Ja, wahrscheinlich wird es das sein, Sör."
"Äh... was?"
Boris blickte auf. "Na, was Sie sagen, Sör, die Aktenführung."
"Ja... äh..." Goldwart verknotete wortsuchend die Finger. "Aber was sagst du?"
"Ich? Ich..." Die Frage schien den Großgewachsenen ernsthaft vor ein validierungswürdiges Problem zu stellen. "Ich... habe etwas Probleme mit dem da." Er deutete auf ein Wort.
"Ah, ja, das kannst du nicht kennen. Intörnal Affärs ist, äh, eine Abteilung innerhalb der Wache, die sich mit den Vergehen der, äh, Wächter beschäftigt. Sebulon könnte dir da sicherlich mehr drüber erzählen."
"Ah... und das da?" Ein weiteres Wort.
"Abundant? Äh... das bedeutet, äh, glaube ich, dass etwas in übermäßiger Zahl vorhanden ist. Da steht: '... traten in abundantem Maße Misstrauensanträge gegen...' – das heißt, dass sich die Anzeigen gegen den Wächter gehäuft haben, äh, nehme ich an."
"Ah... und was ist das?"
"Das, äh, das..." Braggasch blickte auf und in Machtnichts Augen – und entdeckte dort nichts weiter als verzweifelte Unkenntnis. Er senkte den Blick wieder auf die Akte. "Das... ist ein 'und'."
"Ah... Oh. Verzeihung, Sör."
Burkhards Sohn kratzte sich am Helm. "Es ist ja... äh... nicht schlimm, wenn man nicht gut lesen kann. Aber, äh, da sollte man was gegen machen. Ich denke, da kann ich dir vielleicht helfen, wenn du, äh, magst."
"Gerne, Sör."
"Das wird aber einige Tage dauern... äh... Nun, fangen wir am besten direkt an. Aber nicht mit dieser Akte. Am besten nehmen wir eine von ganz, äh, unten und du zeigst mir mal, was du denn so alles, äh, lesen kannst..."

***

Romulus von Grauhaar sah sich vor dem Problem, dass jeder Mensch – oder eher gesagt: jedes Wesen – in gehobener Position hatte: Papierkram, Papierkram und noch ein wenig mehr Papierkram. Stöhnend legte er den Fallbericht auf den Schreibtisch, kniff sich in den Nasenrücken, lehnte sich in seinen Sessel zurück und zog zum wiederholten Male an diesem Tag die Schublade mit seinem Vorrat Superbulle auf.
Da ertönte ein Schrei.
Er war gar nicht mal besonders laut, doch so voller Panik und – wenn sich der Abteilungsleiter von RUM nicht täuschte – Ekel, dass er einem durch Mark und Bein ging.
In wenigen Sätzen war der Oberfeldwebel an seiner Tür und riss sie auf, während der lang gezogene Schrei lauter wurde. Rechts von ihm streckte ein recht verschlafen wirkender Inspäctor Kolumbini den Kopf aus seiner Bürotür, links erkannte er das erschrockene Gesicht von Ophelia Ziegenberger.
"Was...", konnte diese nur noch herausbringen, als der Verursacher des Lärms den Treppenabsatz erreichte.
Wie ein Wahnsinniger raste Boris Machtnichts die Treppe hinauf, in den Flur des zweiten Stocks und auch beinahe in Mimosa hinein, die ihrerseits nun mit der Öffnung der Tür von Büro 207a auf den Schrei reagierte. Nur knapp konnte sich der Rekrut am Türrahmen abfangen und -drücken, um mit kaum verminderter Geschwindigkeit in Richtung Abteilungsleiter zu stürmen. Kolumbini konnte gerade noch den Kopf zurückziehen, bevor ein wild herumfuchtelnder Arm Machtnichts die Tür zuschlug.
Romulus jedoch reagierte anders. Mit einer katzengleichen [1] Bewegung griff er nach dem Irren, der an ihm vorbeihetzen wollte, und hielt ihn an dessen Uniform fest.
"Was ist los, verdammt noch mal?", brüllte er den ohnehin völlig verängstigten Rekruten an.
Boris starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. "Ich! Archiv! Sör!" Mit den Armen deutete er etwas sehr Großes an.
Während der Oberfeldwebel noch versuchte aus den Worten – und vor allem der Geste – schlau zu werden, entwand sich Machtnichts seinem Griff und rannte weiter den Flur entlang.
Von Grauhaar rief ihm hinterher: "Da hinten ist nur..."
Eine Tür fiel zu.
"... ein leeres Büro." Deutlich vernehmbar sog der Abteilungsleiter Luft ein und stieß sie wieder aus. "Ophelia, sieh doch bitte nach ihm, ich gehe runter ins Archiv und schaue mal, was es mit", er wiederholte die Geste, "auf sich hat."

[Romulus]

Das Archiv lag auf den ersten Blick ruhig und staubig da, wie immer. Romulus wanderte zwischen den einzelnen Regalen umher und schaute sich um, ob irgendetwas die Panikattacke des Rekruten erklären könnte. Doch plötzlich sah er eine gewisse... Unregelmäßigkeit unmittelbar vor dem Regal, welches Akten zu gewissen Fällen beinhaltete. Nun, um genau zu sein, zu Fällen die mit der Näherinnengilde zu tun hatten. Und teilweise auch Beweisstücke dazu, sofern sie sich abheften ließen [2]. Dort hatte der Boden auf einer kreisrunden, knapp einen Meter durchmessenden Stelle aufgehört, staubig zu sein. Und direkt neben dieser Stelle lagen einige Bögen Papier und ein eindeutig als zwergisch zu identifizierender Helm.
Der Werwolf schloss die Augen und sog die stickige Luft des Archivs durch die Nase ein. Ja, eindeutig war das ein Zwergenhelm. Und dann war da noch ... Druckerschwärze. Und der unverkennbare Geruch von Leder. Ein Hauch von Maschinenöl. Er kannte ihn zwar nicht gut, aber der Gesamteindruck des Geruchs deutete stark auf diesen Wachezeitungs-Chefredakteur hin, der Name war Romulus gerade entfallen. Und offensichtlich musste er genau bis an diese kreisrunde Stelle gelaufen sein, die jetzt verstreuten Papierbögen in der Hand. Und dann hörte die Geruchsspur plötzlich mir nichts, dir nichts auf. Offenbar war der Zwerg an dieser Stelle verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Der Oberfeldwebel wollte sich gerade auf den Weg machen, um den Kommandör oder zumindest die SUSI-Abteilungsleiterin und Okkultismusexpertin Laiza Harmonie von diesem ungewöhnlichen Vorfall in Kenntnis zu setzen, als ein leises Geräusch ihn die Augen wieder öffnen ließ. Was er sah, ließ seinen Atem stocken. Zwischen dem Regal mit den Aufzeichnungen über besonders aggressive Fälle von unlizensiertem Herumlungern und dem Regal mit den Beweismitteln aus Mordfällen mit einer handelsüblichen Küchenzwiebel als Tatwaffe, bewegte sich etwas. Als von Grauhaar die Stelle betrachtete, wusste er, was der Rekrut Machtnichts mit seiner Geste gemeint hatte. Das richtige Attribut, mit dem man das beschreiben konnte, was der Abteilungsleiter von RUM dort sah, war das Wort "enorm".

***

Mit dröhnendem Schädel kam Braggasch Goldwart wieder zu sich. Wo war sein Helm? Wo war der Rekrut? Und noch viel gravierender: Wo zum Vassenego noch mal war er?
Der Zwerg blickte sich um. Das war ganz eindeutig nicht das Archiv. Nein, ganz entschieden nicht. Dafür war hier die Luft zu frisch, die Wiese zu grün... Wiese. Genau. War auch keine im Archiv. Braggasch schüttelte seinen Schädel und versuchte, seine Gedanken zu sortieren. Offenbar war er irgendwo draußen. Und nicht in Ankh-Morpork. Der typische Duft der Großstadt fehlte hier. Da vorne waren ein paar Häuser, wie es sie in ähnlicher Form auch in Überwald gab. Doch Überwald war das hier auch nicht. Die Aufschrift auf dem hölzernen Hinweisschild, welches sich direkt vor ihm befand, war in Ankh-Morporkianischer Sprache geschrieben, und nicht auf Überwaldisch. Dort stand in großen Lettern "Willkommen in Schwellingen". Schwellingen. Von einem Ort dieses Namens hatte Goldwart noch nie in seinem Leben gehört. Wo mag er gelandet sein? Und wie war er hierher gekommen? Neben dem immer noch schmerzenden Kopf bemerkte er ein anderes Gefühl, welches ihn immens beunruhigte. Dieses Gefühl entstammte eindeutig seiner Lendengegend.

***

"Und... und... dann... war Braggasch einfach weg! Und dafür war an der gleichen Stelle..." Boris unterbrach sich mit einem panischen Gesichtsausdruck, als ob alleine der Gedanke an dieses Ereignis ihm die Sprache verschlagen hatte. Statt einer genaueren Beschreibung dessen, was anstelle des Zwerges aufgetaucht war, machte er eine Geste, die auf etwas sehr Großes hindeutete.
Ophelia Ziegenberger war ratlos, was sie mit dem völlig außerhalb jeglicher Fassung befindlichen Rekruten anfangen sollte. Eigentlich war das ein eindeutiger Fall für einen Püschologen, aber Jack Narrator war schon seit geraumer Zeit unentschuldigt nicht mehr zum Dienst erschienen, und ansonsten hatten sie nur den jungen Gefreiten von Omnien, der seine Ausbildung gerade begonnen hatte und den Abteilungsleiter, der ebenfalls kein Ausgebildeter Püschologe war und ohnehin gerade mit anderen Dingen beschäftigt war.
"Keine Panik, Rekrut, immer ruhig durchatmen“, versuchte sie Machtnichts zu beruhigen.
Ob der Kommandeur vielleicht Zeit hatte? Immerhin hatte er auch ihr selbst in ihrer püschologischen Notlage gut helfen können. Ophelia entschloss sich, erst einmal den Gefreiten von Omnien zur Beobachtung des Rekruten in ihr Büro zu setzen, um sich dann auf den Weg zu Araghast Breguyars Büro zu machen, in der Hoffnung, dass dieser behutsam mehr aus dem komplett traumatisierten Boris herausbekommen würde.

[Braggasch]

"Aah! Bonjour, bonjour! Willkommän in meinär Tavärn'!"
Goldwart stieß vor Schreck die Tür, die er gerade erst aufgezogen hat, wieder ins Schloss.
Er hatte keine drei Schritte zurückgelegt, als sie wieder mit großer Geste aufgeschwungen wurde und der junge, gepuderte Mann mit dem elegant gewichsten Schnurrbart ein strahlendes Lächeln hinaus schickte. "Nur keinä Angst, mon petit ami!", schmetterte er fröhlich. "Isch freuä misch immär, wenn isch neuän Besuch begrüßän darf!"
Braggasch lächelte unsicher. Der penetrante Duft von viel zu viel Rosenwasser stieg ihm in die Nase. "Wie... äh... nett..."
"Komm nur 'erein! Isch bin sichär, dass sisch alle freuän werdän, disch kennen su lernän!"
Der Zwerg, dem von Natur aus jeder suspekt war, der hinter alle seine Aussagen ein Ausrufezeichen zu setzen schien, folgte dem extrovertierten Kerl in eine gemütliche, sonnendurchflutete Kneipe hinein. Viele der Tische waren bereits besetzt, es roch nach Braten, süßem Wein und Whisky.
"Freundä! Begrüßt unserän neuän Gast!", trompetete Goldwarts Empfangskomitee in den Raum hinein. Mehrkehliges, uninteressiertes Brummen war die Antwort.
"Isch bin übrigäns Jacques! Jacques du Plaisire, um genau su sein", erklärte der Besitzer der Taverne, als hätte Braggasch danach gefragt, und legte einen Arm vertrauensvoll um dessen Schulter. Auf einen breit gebauten Kerl mit borstigem Schnauzer deutend fuhrt er ungerührt fort: "Dies dort ist unsär Jägar. Er 'at 'ier in diesäm Dorf in etwa den Rang einäs Bürgermeistärs – das bedeutät, dass ihm bei der Wahl swei Stimmän sur Verfügung ste'en!" Bevor Burkhards Sohn fragen konnte, welche Wahl gemeint war, lehnte sich Jacques geheimnisheischend zu ihm herunter, ohne jedoch die Stimmlautstärke zu senken. "Untär uns: Es 'eist, dass er e'er seine eigene Geliebte umbringän würde, als nur einän Wolf entkommän su lassän!"
Goldwart wurde auf einen der Barhocker gedrückt, während sein Begleiter herumwuselte. "Äh... einen Wolf?"
"Natürlement! Wein?"
"Nein, äh, danke." Ein Kristallglas voll dunkelroter Flüssigkeit wurde elegant vor ihm abgestellt.
Du Plaisire prostete ihm zu, schien dann jedoch seine Aufmerksamkeit den Geschehnissen hinter dem Rücken des Ausbilders zuzuwenden. "Aah, sieh mal einär an, stehts sur gleischen Seit..."
Als der noch immer völlig verdatterte Zwerg sich umdrehte, wäre er beinahe von Stuhl gefallen. Ein großer, fetter Mann trat durch die Tür der Taverne, um seine Hüfte schlang sich eine dicke, weiße Windel, die von einer enormen Sicherheitsnadel gehalten wurde. Vervollständigt wurde das Bild des ansonsten Nackten von kleinen Pappflügeln, die man auf seinen Rücken geklebt hatte und einem mikroskopischen Flitzebogen, den er schlaff in der Linken hielt. In seinem Schatten lugte ein Mädchen neugierig in den Raum.
"Wer... äh..."
"Där stattlische Mann ist suständisch für l'Amour des Dorfes..." Jacques stützte den Kopf auf die Hände und sah träumerisch in weite Ferne. "Eigäntlisch wärä dies einä wundervollä Aufgabä für misch gewesän, findäst du nischt? Aber die Kartän der Se'erin 'aben andärs entschiedän..."
Da Braggasch gar nicht wissen wollte, was es mit diesem Lamur auf sich hatte, nippte er stumm an dem Wein, den er gar nicht bestellt hatte.
"Und die Kleinä", fuhr der Tavernenbesitzer flötend fort, "ist das Mädschän."
"Wie heißt, äh, sie?"
"Pardon?"
"Na ja, wie ist ihr Name?"
"Sie ist das Mädschän..." Die Absurdität der Frage schien Jacques zu verwirren.
Goldwart beließ es dabei und sah sich um. "Kommen immer alle, äh, hierher?"
"Natürlement, was sollän sie auch sonst tun?" Der Schnurrbartträger schnappte sich eine Flasche und füllte das Glas des Wächters wieder auf. "Abgese'en natürlisch von der 'Ex."
"Der Ex?"
"Oui! Sie bleibt meistäns in ihrär 'Ütte im Wald."
Als sich Braggasch am Kopf kratzte, vermisste er kurz das Gefühl von Metall, bis ihm einfiel, dass er seinen Helm ja anscheinend verloren hatte. "Ist sie eine Ex-Wächterin? Ich habe hier nämlich sonst, äh, noch keine Wache gesehen."
"Wie soll eine 'Ex gleischseitig eine Wäschterin sein, mon petit ami? Sie ist die 'Ex. Wachän gibt es 'ier nischt. Nur den Jägär."
"Aber... äh..." Burkhards Sohn gab auf. Der süße Wein klebte unangenehm auf der Zunge und die Unterhaltung mit Jacques verwirrte ihn zunehmend, also entschied er sich, die übrigen Gäste ein wenig zu mustern – und kam sich dabei fast vor wie ein verdeckter Ermittler. Der depressiv wirkende, fette Windelträger hatte sich zum Jäger gesetzt, während das Mädchen herumwuselte und alles zu beobachten schien. Sie schielte in Karten von Spielenden, lugte unter die Tische und sah immer wieder aus dem Fenster.
Braggasch deutete auf eine Gruppe grau und uninteressant wirkender Personen. "Wer sind die, äh, da?"
"Die? Oh... das sind nur Bürgär."
"Bürger?"
"Oui." Du Plaisire polierte eines seiner Gläser. "Sie sitzen ständisch 'erum, spielän, trinkän und kommen sisch dabei sähr wischtisch vor."
"Müssen sie denn nicht arbeiten? Ich, äh, meine, sind sie Holzfäller oder Bäcker oder..."
"Sie sind Bürgär. Mehr nischt. Sie machen gar nischts."
"Aber..." Der Wächter wollte protestieren, dass jeder irgendwas tun musste – und wenn es betteln war. Seine Worte verflogen jedoch so schnell wie seine Gedanken, als einer der tristen Männer aufstand, um eine neue Runde zu bestellen. Der Blick des Zwerges wanderte an dem Mann nach unten. Heftig errötend wandte Goldwart den Blick schnell wieder ab und wartete, bis Jacques die Forderungen des Bürgers erfüllt hatte. Als dieser jedoch mit den Getränken zu seinem Tisch zurückkehrte, wurde Braggaschs Aufmerksamkeit wieder zu dem Anblick gezogen, der sich offenbarte.
Halb betäubt flüsterte er heiser: "Tragen die Bürger, äh, versteckte, äh, Waffen bei sich?"
Du Plaisire folgte seinem Blick und lachte leise. "Non", erwiderte er vergnügt. "Das ist Klaus, der fast übär das Meer schiffen kann!"
"Fast?"
"Oui. Fast. Es gibt 'ier nur einän, der es je geschafft 'at, übär das Meer su schiffen! Nämlisch Paul. Er müsstä eigenlisch schon längst 'ier sein..."
"Dann muss er ein tüchtiger Seemann sein...", murmelte der Ausbilder gedankenlos.
Der Gläserputzende setze zu einer Antwort an, unterbrach sich dann jedoch selber und antwortete nur vorsichtig: "Mais... Oui..."
Goldwarts Kopf hatte mittlerweile die Farbe eines Granatapfels angenommen. Wie gezwungen verweilten seine Augen auf der Gruppe Bürger – doch sein Blickfeld hatte sich leicht nach unten korrigiert. Jacques sah eine Weile von ihm zu dem Grund seiner Errötung und wieder zurück. Schließlich grinste er wissend. "Quel surprise... Isch glaube es wird dir bei uns gefallän, mon Ami. Willkommän in Schwellingän!"

[Romulus]

An einer anderen Stelle im Multiversum, wo sich gerade der Mond langsam in den oberen Bereich der Scheibenwelt schob, und damit die Abenddämmerung begann, herrschte in den Tiefen des Archivs noch reges Treiben. Rund um die Stelle, an der Braggasch verschwunden war, war Fähnrich Laiza Harmonie dabei, allerlei okkulte Dinge aufzustellen. Es türmten sich mittlerweile Oktagramme, Kerzen in diversen Größen und Farben und einige andere Dinge mehr.
"So", konstatierte sie. "Mit etwas Glück wissen wir in Kürze mehr darüber, was hier passiert ist."
"In Kürze? Was heißt das denn genau?" wollte Romulus wissen, der ihr schon eine Weile zuschaute, und vergeblich versucht hatte, ihr beim Aufstellen der Gegenstände zur Hand zu gehen. Schon nach kurzer Zeit hatte Laiza ihn gebeten, die Finger davon zu lassen, weil sie ohnehin alles noch einmal umstellen musste, was der Werwolf mit seiner "ignoranten Art das Okkulte betreffend" irgendwohin aufgestellt hatte, wo es ihm optisch passend wirkte. Dies führte dazu, dass er sich dafür verfluchte, untätig hier herumzusitzen, während der Besucher, welcher bisher nur mit einer bestimmten Geste, die etwas sehr Großes beschrieb, bedacht worden war, wahrscheinlich irgendwo in den Straßen der Stadt herumirrte. Denn während der Oberfeldwebel seine Abteilungsleiter-Kollegin um Hilfe gebeten hatte, war der Besucher aus dem Archiv verschwunden, und auch eine spontane Suche im restlichen Wachhaus hatte zu keinem Ergebnis geführt.
"In diesem Fall bedeutet 'in Kürze', dass wir in wenigen Stunden bis Tagen mit einer Lösung des Problems rechnen können, welche uns sagt, was hier passiert ist." [3]
"Oh." Der RUM-Abteilungsleiter war kurze Zeit stumm und überlegte. "Also, dann lass ich dich mal mit deinem Kram in Ruhe, und versuche..." er machte eine bereits bekannte Geste, welche auf etwas sehr Großes hindeutete, "... ausfindig zu machen."

***

Braggasch hatte sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt und merkte, wie ihm langsam der Wein in den Kopf stieg, was seiner ohnehin schon puterroten Gesichtsfarbe nicht gerade abträglich war. Jacques du Plaisire hatte sich hinter seinen Tresen zurückgezogen und hantierte mit einigen Rotweingläsern. Nach einiger Zeit standen zwei Männer von einem anderen Tisch auf, um sich seinem Sitzplatz zu nähern.
"Du entschuldigst, wenn wir uns hier ein wenig zu dir setzen?"
Goldwart zwang seinen Blick in höhere Gefilde und antwortete: "Äh... ja. Warum auch ... nicht."
Die beiden ließen sich nicht lange bitten und setzten sich auf zwei freie Stühle gegenüber dem Zwerg. Der zweite ergriff nun das Wort.
"Hallo. Ich bin Rolf und das da ist Karl. Wir sind Bürger. Bist du auch Bürger? Oder hast du irgendwelche besonderen Fähigkeiten?"
"Äh... ja, natürlich bin ich, äh, Bürger", entgegnete Burkhards Sohn. "Allerdings habe ich auch... Fähigkeiten. Ich kann, äh, gut mit technischen Dingen umgehen... und so... wenn ihr versteht was ich..."
Aus dem Puterrot wurde allmählich ein ernsthafter Rubinrot-Ton mit leichter Tendenz ins Weinrote.
"Aha, also auch Bürger. Ich verstehe", schaltete sich nun Karl wieder ein. "Du musst wissen, diese ganzen Leute mit ihren ach so tollen Sonderfertigkeiten sind der Meinung, uns für dumm verkaufen zu können. Das Mädchen versucht schon seit geraumer Zeit den Verdacht auf Rolf hier zu lenken."
"Verdacht? Was denn für einen Verdacht?"
"Dass er ein Wolf ist, natürlich. Ihr Argument ist nur, Wolf und Rolf, das klingt ja schon fast gleich. Außerdem war Rolf das letzte Mal auch schon ein Wolf."
"Das... äh... letzte Mal?"
"Ja, bevor alles wieder von Vorne los ging", riss Rolf nun das Wort wieder an sich. Damals war Karl hier noch die Seherin des Dorfes."
Braggasch kam sich allmählich komplett veräppelt vor. Ein Mann konnte natürlich ein Seher sein, das klang einleuchtend. Aber eine Seherin?
"Also alles, was wir von dir wollen, ist eigentlich nur, dass du morgen, wenn abgestimmt wird, nicht für Rolf stimmst", kam Karl endlich auf den Punkt.
"Pass auf, wir zahlen auch eine weitere Runde."
Rolf schnippte, und kurz darauf stand Jacques du Plaisire wieder am Tisch.
"Womit kann isch eusch dienen, meine Freundä?"
"Bring uns eine Runde Whisky", meinte Karl.

***


Andernorts, wieder in Ankh-Morpork. In der Springstraße steht das altehrwürdige Etablissement der Näherinnengilde mit dem Namen Boucherie Rouge, in welchem seit Jahren auch die Abteilung DOG der Stadtwache untergebracht war. Von einem spitzen Schrei aus ihrer Abteilungsarbeit aufgeschreckt, welcher im Erdgeschoss ertönt war, war Feldwebel Breda Krulock, ihres Zeichens Leiterin der Dienststelle zur Observierung von Gildenangelegenheiten, aus dem "Drunter und Drüber" die Treppe hinuntergeeilt, um zu sehen was los war. Offensichtlich hatte der Schrei keinen negativen, sondern einen durchaus positiven Grund, zumindest wenn sie den verzückten Gesichtsausdruck von Monique, der Näherin, richtig deutete.
"Was ist los, Schwesterherz?" erklang die Stimme Tinas, welche die Tür der gemeinsamen Nähstube öffnete.
"Kann man irgendwie behilflich sein?" ließ nun auch die Vampirin verlauten.
"Nein, nein", antwortete Monique. "Oder vielleicht doch, je nachdem... Ihr werdet es jedenfalls nicht glauben, was dort draußen gerade am Boucherie vorbeigelaufen ist."
"Muss man dir denn jede Information aus der Nase ziehen?"
Die Antwort der Näherin bestand nur aus einer bestimmten Geste, wie man sie macht, wenn man etwas sehr Großes beschreibt.

***

In einem nicht weit von Schwellingen entfernten, düsteren Schloss, saß eine ungewöhnliche Gestalt auf einem Thron aus Knochen. Sie trug eine schwarz-rote Robe und hatte einen ausgesprochen mürrischen Gesichtsausdruck. Letzteres ist eine besonders interessante und bemerkenswerte Tatsache, da dieses Gesicht eigentlich nur aus einem Totenschädel bestand. Doch der Meister hatte besondere Fähigkeiten, welche ihn zu etwas ganz und gar nicht bürgerhaftem qualifizierten. Und zu diesen Fähigkeiten gehörte es vor allem, seine Kreaturen herumzukommandieren, und dabei mürrisch dreinzublicken.
"Kreaturen, ich habe eine Aufgabe für euch!"
"Das ist eine Gute Idee, Herr und Meister!" klang eine hohe, krächzende und schleimige Stimme aus der Schar an echsenartigen Wesen, welche sich um den Meister versammelt hatten.
"Natürlich ist die Idee gut", entgegnete der Meister donnernd. "Sie ist ja auch von mir! Passt nun auf: Ich befehle euch für mich herauszufinden, was das Geheimnis von Schwellingen ist. Genauer gesagt: Warum dort immer alles ... schwillt."
"Ja, Herr und Meister!"

[Braggasch]

Jacques begleitete den sturzbetrunkenen Zwerg die knarzende Treppe hinauf. Braggasch hatte in den letzten zwei Stunden etwa neun verschiedene Arten der hiesigen Whiskies getrunken. Während sich anfangs Rolf und Karl damit amüsiert hatten, ihn dazu anzuhalten, die einzelnen Geschmacksrichtungen herauszufinden – und bei Aussagen wie "Äh... Brandbeschleuniger?" und "Ein, äh, altes Ledersofa, das auf dem Dachboden eines Trollkinderheims, äh, steht?" kräftig gelacht hatten – lief es gegen Ende auf immer zotigere Lieder hinaus, die Goldwart begeistert und völlig falsch mitsang, froh über die Tischplatte, die gnädigerweise den Blick auf den Unterleib der Bürger verbarg.
Goldwarts letzte Gedanken drehten sich um Spitze, blumiges Rasierwasser und eine obskure Abstimmung...

***

Auch in der hässlichsten Stadt der Scheibe war die Nacht hereingebrochen.
Saugende und prustende Geräusche hallten neben schleppenden Schritten durch die Gasse. Eine Nase fuhr über grobe Pflastersteine, pendelte von einer zur andren Seite, zog den an ihr befindlichen Kopf hinter sich her und ließ dem durch einen Hals verbundenen Körper gar keine andere Wahl, als lautlos tapsend ebenfalls zu folgen. Hinter dem graubraunen Wolf folgten zwei Gestalten in Uniform. Breda hätte liebend gern jemand anderen mitgenommen, beispielsweise Menélaos, der erst kürzlich von einem langem An-der-Kaffer-Einsatz zurück gekehrt war, doch Romulus wusste einzuräumen, dass ein unglaublich penetrantes Parfum, welches der Szenekenner anscheinend aufgesetzt hatte, selbst eine noch so feine Spürnase in ihrer Funktionalität beeinträchtigen konnte. Cim war mit seinen Auszubildendenden beschäftigt, Ruppert nicht im Dienst... Sprich: Der einzige abkömmliche SEAL sah seinen Aufgabenbereich im Allgemeinen und Speziellen im Punkto andere lustige Sachen. Eines seiner dreckigsten Grinsen zum besten gebend, hatte Ettark Bergig als allererstes zu wissen verlangt, wieso eine Aktenspinne wie die Vampirin mit von der Partie sein wollte, wenn es auf die Suche nach etwas sehr großem ging.
"Ich mein, dass 'n Köter in den Schatten Probleme mit Hundebanden kricht, weil er mit den Pfötchen seine Marke nich zücken kann, leuchtet ein. Da mussn Mann also ran, der Tritte verteilen kann. Aber welche Schattengilde ruft das Bleichgesicht auf den Plan?", hatte er in unverwechselbarer Freundlichkeit gefragt.
"Überprüfung einer Zeugenaussage", lautete die knappe – und gewohnt kühle – Antwort.
"Klar. Und ganz sicher keine Überprüfung von..." bevor der Informantenkontakter jene gewissen Geste machen konnte, hatte sich Krulock abgewendet und war Romulus, zu dieser Zeit noch in menschlicher Gestalt, gefolgt.
Seither hatte sich Ettark mit Kommentaren über Bredas großen Enthusiasmus und die Vorteile plötzlich motivierter Frauen in der Wache nicht zurückgehalten – bis ein kurzer Kommentar über allmählich aufsteigenden Durst für mürrische Stille gesorgt hatte. Der Oberfeldwebel hatte sich aus der Diskussion herausgehalten. Zuerst, da ihm der Gedanke an die notwendige Verwandlung nicht behagte, später, nachdem er sich an der von Monique gedeuteten Stelle in Wolfsform begeben hatte, aus stimmbändlicher Problematik heraus.
Die Spur, die er deutlich in tiefem Rot, milchigem Weiß und rustikalem Braun aufnehmen konnte, erinnerte ihn stark an bevorstehenden Sex. Statt jedoch an- oder sogar erregend zu wirken, sorgte der Geruch bei dem Werwolf nur für einen unangenehmen, pelzigen Geschmack auf der Zunge – während er gleichzeitig, ohne erkennbaren Grund, persönlichen Neid aufwallen ließ.
Die Geräusche der nächtlichen Unterwelt unterschieden sich von dem normalen Tenor[4] dergestalt, dass sie eindeutig mehr Streitgespräche von Paaren sowie Lauten der anschließenden Versöhnung enthielten.
Romulus kratzte sich unterbewusst. Was etwas derart Enormes doch für absurde Auswirkungen haben konnte. Hoffentlich wurden sie des Dinges fündig, bevor es zu wirklichem Ausschreitungen kam...

***

Smorresch schlich durch das dichte Gebüsch näher an die Hauswand heran. Der krötengesichtige Diener war stolz, sich erst vor wenigen Tagen einen Namen verdient zu haben. Viele der Anderen behaupteten, der Meister hätte schlicht in dem Moment, bevor er die Stimme zornig erhoben hatte, genießt, doch Smorresch wusste: Das war purer Neid.
Er würde derjenige sein, der das schwellende Geheimnis lüften würde. Das wusste der verwachsene Winzling tief in seinem verkümmerten Herzen, denn schließlich hatte Zwei bereits das magische Schwert verloren, Sieben war irgendwo in der weiten, sandigen Wüste unterwegs und Fünf hatte sich mit den Harpyien eingelassen. Nur er, Smorresch – der Diener benutzte den eigenen Namen gerne so häufig wie möglich in seinen Gedanken – würde den Meister nicht enttäuschen, sollten die Anderen keifen, was sie wollten.
Umständlich spähte er durch ein offenes Fenster. Pompöses Schnarchen hallte ihm entgegen, gemischt mit der Bierfahne eines erfahrenen Säufers. Ein Breitgebauter Mann mit ausuferndem Schnurrbart lag einsam in seinem Bett und zerstörte Jahrhunderte alte Urwälder. In einer Ecke lehnte eine Flinte, über einem Stuhl hing Lederkleidung des Schnitts 'Passt Keinem'.
Smorresch entdeckte nichts, was auch nur annähernd zu unpassender Größe angeschwollen war, deshalb zog er sich zurück. So zumindest der Plan. Er hatte den Gedanken des Weitersuchens gerade erst mühevoll erarbeitet, da fiel ein schwerer Schatten über seine schmächtige Statur.
Nachdem gewaltige Kiefer den Diener zerfetzt hatten, erkannte dieser, dass tot zu sein weit weniger schlimm war, als dem Meister erklären zu müssen, warum mindestens eines seiner Geschöpfe nicht zurückgekehrt war. Smorresch erheiterte sich eine lange Weile selbst mit dem Gedanken an ihre verwickelten, endlosen Ausreden, von denen keine der Wahrheit auch nur annähernd nahe kommen würde. Außerdem wählte er sich selbst einen weniger albernen Namen, der nicht aus einem Nieser entstanden war.

***

Braggaschs Erwachen war nicht deshalb so schlimm, weil er einen fürchterlichen Kater hatte. Es lag auch nicht daran, dass er in einem Bett lag, welches mit genügend Rüschen und Spitze für eine Weltaustellung der Näherinnengilde ausgestattet war. Nein, die wirkliche Grausamkeit stellte der Weckruf da, welcher lautete: "Scheiße, es hat den Jäger erwischt!"

[Romulus]


Schneller als er es selbst für möglich gehalten hatte war Goldwart auf den Beinen, warf sich seine Kleidung über, und lief nach draußen, von wo der Ruf erschallt war. Seinem grausam pochenden Schädel zum Trotz leitete nun ganz der Wächter-Instinkt seine Handlungen. Auf dem Hauptplatz angekommen sah der Zwerg bereits die anderen Einwohner von Schwellingen, welche alle noch etwas schlaftrunken wirkten, um den grausam zerfleischten Körper des Jägers versammelt, den jemand offenbar geistesgegenwärtig aus seinem Haus heraus getragen hatte. Doch entgegen der Erwartungen Braggaschs war der Jäger noch nicht tot, obwohl er eindeutig so aussah [5] denn er gab noch einige stöhnend hervorgebrachten Worte von sich: "Es ... waren ... Werwölfe. Vier ... Stück. Argh! Dieser Schmerz! Ich ... bin ... der ... Jäger. Ich darf... noch... jemanden... mitnehmen."
Mit diesen Worten richtete der Jäger mit einer offenbar unglaublichen Aufbietung seiner letzten Kräfte seine Flinte auf den fetten Mann mit der Windel. Er drückte ab. Ein ohrenbetäubender Knall ertönte, und mit den letzten Worten des Jägers "Amor muss ... als erster sterben!" hauchten beide ihren Geist aus.
"Neeeeiin!" kreischte da ein korpulenter, stoppelbärtiger Mann, der eine Menge Make-Up, große runde Ohrringe und einen Turban trug und dessen unzählige Röcke gnädigerweise den Blick auf seine unteren Regionen verbargen. "Mein geliebter Jäger ist tot, der Liebeskummer ist zu groß, ich muss ... auch sterben! Aber hört auf meine letzten Worte: Ich habe es in den Karten gesehen, dass Rolf... Aaaaargh!"
Und ohne irgendein Anzeichen einer Todesursache kippte auch der Körper des seltsam aufgetakelten Mannes leblos zur Seite.
Die verbleibenden Bewohner von Schwellingen hatten das ganze makabere Schauspiel ohne mit der Wimper zu zucken, oder gewisse Schwellungen zu verlieren, wie Braggasch wieder leicht errötend feststellte, beobachtet und fingen nun an, wild durcheinander zu reden.
"Werwölfe! Hier, unter uns! Wir müssen jemanden lynchen!"
"Tötet Rolf, der war es bestimmt!"
"Ja, Rolf klingt doch schon fast wie Wolf!"
"Außerdäm 'at die Se'erin sulätzt immär Rolf beschuldigt, ein Wolf zu sein! Wänn das nischt ein Seischen ist!"
"Moment, Moment!" ließ sich da die Stimme von Rolf vernehmen. "Erst einmal war ich schon letztes Mal Wolf und wie wahrscheinlich ist es, dass jemand zweimal hintereinander Wolf ist, und zweitens müssen wir zuerst einen neuen Bürgermeister wählen, nachdem der Jäger ja zuletzt Bürgermeister war."
Trotz dieser vermeintlichen Stimme der Vernunft, die erst einmal für etwas mehr Ruhe sorgte, waren niemandem die kleinen grünlichen Kreaturen aufgefallen, die den – offenbar ebenso wie den Jäger zerfleischten – Leichnam einer weiteren ehemals grünlichen Kreatur hinter sich her schleiften.

***

"Und was machen wir nun?" fragte Zwei den Rest der Untergebenen des großen Meisters. Er hatte einiges wiedergutzumachen, um den Verlust des magischen Schwertes auszugleichen, wenn es darum ging, dem bösen Meister Bericht zu erstatten, und somit versucht, sich zum Anführer der kleinen Gruppe krötengesichtiger, krächzstimmiger Wesen aufzuschwingen.
Die anderen gehorchten ihm auch ein wenig, denn schließlich konnten sie so – sollte wie so oft etwas schief gehen – ihr Versagen auf Zwei schieben, und somit ungeschoren davonkommen.
"Vielleicht sollten wir während alle Einwohner sich auf dem Dorfplatz befinden, das fröhliche Dorf durchsuchen."
"Ein fröhliches Dorf? Zwölf, du spinnst wohl. Was glaubst du, was der Meister sagen wird, wenn wir in ein fröhliches..."
"Ich meine doch dieses Dorf hier."
"Schwellingen scheint mir momentan aber nicht gerade fröhlich zu sein. Du hast bestimmt wieder zu viel Traumgas geraucht."
"Aber lasst es uns doch durchsuchen."
"Nun gut. Ich habe gehört, die Hexe draußen im Wald hat ein stöhnendes Buch, in welchem wir vielleicht etwas über die Quelle des Schwellens herausfinden können."
"Gut, Drei, Acht und Zehn, ihr durchsucht die Hexenhütte."
"Und was machst du in der Zeit? Du willst doch sicher nur wieder eine exotische Schönheit finden und ihre verblüffenden Dinger begutachten."
"Ich nehme mir den Rest von euch mit und wir durchsuchen die Häuser, solange die Einwohner nicht Acht geben."
"Ich dachte ich soll mit zur Hexenhütte?"
"Ja Acht, sollst du."
"Aber was hat das mit den Einwohnern zu tun?"

***

Die kleine Gruppe von Wächtern, die hinter dem Besucher aus Schwellingen her war, hatte mittlerweile eine beachtliche Strecke zurückgelegt und befand sich mittlerweile mitten im Stadtteil Ankh. Die Gerüche der Umgebung kamen Romulus unangenehm vertraut vor, und sogar der Obergefreite Bergig hatte angesichts der Umgebung seine sprachlichen Entgleisungen mittlerweile deutlich zurückgeschraubt. Plötzlich ließ Breda einen kurzen Laut hören, der mit etwas Phantasie einem schnell noch unterdrückten Entzückensschrei sehr nahe kam. Romulus nutzte die Gelegenheit, mit einem großen Satz schnell in eine dunkle Ecke zu springen, nicht ohne der Vampirin schnell mit dem Maul das Bündel mit seinen Kleidern zu entreißen. Sie hatten den Besucher gefunden. Und Ettark starrte ungläubig die Teekuchenstraße hinab, denn dort waren sie nun angelangt. Er war völlig sprachlos, als er etwas sehr Großes mitten in der Straße sah, wie es sich auf eines der hübschen Häuser dieser Straße größtenteils sehr wohlhabender Bürger zu bewegte. Kurz darauf trat der RUM-Abteilungsleiter in menschlicher Form und korrekt sitzender Uniform aus dem Schatten.
"Hausnummer 17. Wir alle wissen, wer dort wohnt."

***

Im Wachhaus am Pseudopolisplatz war derweil beinahe wieder Ruhe eingekehrt. Ophelia Ziegenberger saß in ihrem Büro und bearbeitete einige Akten. In der Abwesenheit des Abteilungsleiters war es nun ganz ihre Pflicht, die Geschicke von RUM zu lenken. Nun gut – in ihrer Spezialisierung war sie momentan ohnehin nicht besonders gut zu gebrauchen. Aber Papierkram, den konnte man gut auch nur mit einem funktionsfähigen Arm erledigen, wenn man es gelernt hatte, den zweiten, unbeweglichen Arm immer an die richtige Stelle des Schreibtisches zu legen, wo er das jeweilige Schriftstück beschwerte und somit vorm Wegrutschen sicherte.
Ein Klopfen riss den Chief-Korporal aus ihren Gedanken.
"Herein!"
Die Bürotür öffnete sich, und Fähnrich Harmonie betrat den Raum.
"Hallo Ophelia, bitte bleib doch sitzen. Ich wollte eigentlich nur Romulus mitteilen, dass ich nun nähere Informationen herausgefunden habe, was die Geschehnisse im Archiv angeht. Und, was noch viel besser ist, ich glaube, eine Möglichkeit gefunden zu haben, Korporal Goldwart wieder zu uns zurückholen zu können. Weißt du, wo sich der Werwolf gerade rumtreibt?"
"Ich glaube, er ist zusammen mit Feldwebel Krulock und dem Obergefreiten Bergig auf der Suche nach..."
Sie vervollständigte ihren Satz mit einer durch ihre Behinderung etwas erschwerten Geste, mit der man etwas sehr Großes beschreibt.

***

"Oui, oui, isch würdä sagen, damit ist es beschlossenä Sachä! Unsär neuer Freund Braggasch ist där neuä Bürgärmeistär!" erklang der markante Akzent Jacques du Plaisires.
Verhaltener Applaus ertönte auf dem Dorfplatz von Schwellingen. Und Braggasch war so rot angelaufen, wie vor dem vergangenen Abend schon lange nicht mehr.
"Äh, danke. Äh..." war alles, was der Zwerg herausbekam, während er weiterhin bemüht war, seinen Blick nicht zu oft in die Leistengegenden der umstehenden Bewohner Schwellingens herabgeleiten zu lassen.
"Und äh... was machen wir... äh... jetzt?"
"Erst einmal", ließ sich Karl vernehmen, "muss jemand gelyncht werden. Wir müssen die Werwölfe ja schließlich loswerden. Und danach wird gefeiert bis in die Abendstunden, vorausgesetzt, wir haben tatsächlich einen Wolf erwischt."
"Tötet Rolf!" erscholl es aus vielen Kehlen als Antwort.

[Braggasch]


Romulus zögerte, die Knöchel nur eine Handbreit von der Tür entfernt. Nachdenklich blickte er zu seinen Begleitern – beiden Gesichtern, eins neugierig, eins verdrießlich, war anzusehen, dass sie genau das gleiche dachten wie ihr Kollege.
Der Werwolf ließ den Arm wieder sinken. "Vielleicht ist es so nicht schlecht...", murmelte er gegen das deutliche Keifen innerhalb des Hauses an.
Ettark grinste. "Klar! Wenn jemand aus so was", er deutete etwas sehr Großes an, "so was", er deutete etwas sehr Kleines an, "machen kann, dann ist das Frau Willichnicht. Vermeidet weiteres, öffentliches Aufsehen."
Obwohl Breda etwas enttäuscht wirkte, nickte sie.
Also zogen sich die Wächter erst einmal in gut geübter Manier an eine Hauswand zurück, lehnten sich an und lauschten dem Gezeter. Je nach Geschmack wurde eine Dose aus einer Manteltasche oder ein Kippe hinter einem Ohr hervor gezogen.

***

Starr und entsetzt saß Braggasch in Jacques Schankraum vor einem Glas Wasser. Der ekelhafte Geruch nach verbranntem Fleisch hing fettig in der Luft. Der Wächter aus Ankh-Morpork war keineswegs in Feierlaune – glücklicherweise allerdings auch niemand der sonstigen Bürger, die nun, wie es ihre Art war, wieder an den Tischen saßen und nichts taten außer essen, trinken und das ein oder andere Karten- oder Würfelspiel genießen.
Du Plaisire setzte sich fürsorglich neben den Zwerg auf die Bank. "Du siehst nischt glücklisch aus, Bürgärmeistär..."
Goldwart wendete ihm seinen starren Blick zu. "Es, äh, sind heute vier Personen ermordet worden..."
Der Tavernenbesitzer zuckte mit den Schultern. "Das passiert. Es ist ja nischt für langä."
"Nicht für lange? Sie sind tot! Äh... ich habe sie gesehen! Zerrissen, erschossen, verbrannt... und, äh, was auch immer mit dem jungen Mann... äh... der jungen Frau... äh... dem jungen Wasauchimmer... passiert ist! Wie soll denn das nicht für lange sein?"
Abermals ein Schulterzucken.
Braggasch wurde langsam wütend – was an sich schon ein Indiz dafür war, wie sehr ihn diese Angelegenheit überforderte. "Was ist nicht richtig mit euch? Ein Bürger, jemand aus eurer, äh, Mitte, wird grausam zerstückelt, erschießt einen fetten Windelträger und reißt aus irgend einem Grund, den, äh, wahrscheinlich nicht einmal unsere Pathologen finden würden, noch eine weitere Person mit sich in den Tod – und äh, alles, was ihr tut, ist, äh, noch einen weiteren Mord zu begehen!" Wild wedelte der Korporal und amtierende Bürgermeister mit den Händen.
"Ganz ru'ig, Braggasch. Die Leutä gucken schon..." Tatsächlich hatten sich alle verbliebenen Bürger verblüfft dem hochroten Kleinwüchsigen [6] zugewandt.
"Und die Sache mit, äh, Karl!" Goldwart deutete mit beiden Händen in den Raum hinein, als würde dort die Erklärung für das ganze Dilemma lässig an einen Tisch gelehnt stehen und den Wächter belustigt anlächeln. Jacques Worte indes erreichten ihn längst nicht mehr. "Im Einen Moment wollt ihr noch Rolf, äh, verbrennen – im nächsten sind plötzlich alle für Karl!"
"Är 'attä einfach gute Argumentä..."
"Er hat gestern noch mit Karl und mir zusammen getrunken!"
"Was an seinän Argumentän nischts ändert..."
"Er hatte, äh, Unrecht!"
Jacques zuckte mit den Schultern. Braggasch richtete anklagend den Zeigefinger auf ihn und holte Luft, um mit seiner ganzen verkümmerten Autorität zu verkünden, das Lynchjustiz immer noch Mord sei und das die Verbrennung von Werwölfen schon lange nicht mehr modern wäre – da wurde er von einem deutlich vernehmbaren Klirren abgelenkt.
Alle Blicke fuhren herum zu Theke, wo drei kleine, hässliche Gestalten möglichst unschuldige Gesichter machten. Einer von ihnen schien mehr als die beiden Anderen bemüht zu sein im Boden zu versinken. Zwischen seinen hornigen Füßen lag eine von Jacques Weinflaschen.
"Quel surprise...", ließ dieser leise ertönen – doch Braggasch stand nicht der Sinn nach leichter Unterhaltung.
"Äh... und wer verdammt noch mal seid ihr ekeligen Wichte?", fuhr er einen der grünlichen Gestalten völlig ungoldwartmäßig an. Als nur immer größer werdende Augen die Antwort waren, fuhr er fort: "Ihr erklärt mir sofort, wer ihr, äh, seid und was ihr hier macht, oder ich... äh... ich versohle euch die warzigen Hintern!" Mitten in seinen Worten fiel dem Zwerg auf, dass er schon immer mal hatte vernünftig fluchen lernen wollen.
Die verkümmerten Wesen schienen völlig überrumpelt. Schnell steckten sie die Köpfe zusammen und wisperten hell und quäkend aufeinander ein, dann schoben zwei von ihnen ihren Kollegen, der die Flasche hatte fallen lassen, nach vorne. Verlegen trat der Wurzelgnom von einem Bein aufs andere, ehe er die Sprache fand: "Seid ihr... ein anderer, böser Meister, Meister?"
Der Wächter blinzelte. "Äh... was?"
Sofort warf die Kreatur sich auf den Boden. "Verzeiht, Meister! Es stand mir nicht zu, Fragen zu stellen! Ich bin ein Wurm! Ein Wurm!" Als wäre dies ein Losungswort, schmissen sich auch seine Begleiter zu Boden und intonierten kläglich: "Wir sind Würmer! Wir sind Würmer!"
Der Kopf des noch immer verkaterten Goldwart drohte zu explodieren. "Ruhe, verdammt! Ich, äh, bin kein Meister!"
"C'est inexact, mon ami", mischte sich du Plaisiere ein. "Du bist per la définition Bürgermeistär."
Abermals fuhrt Burkhards Sohn herum. "Was?"
"Befiehl uns, Meister!", kam es von der anderen Seite. "Wir tun alles, befiehl uns!"
"C'est ça. Du wurdäst gewählt", bestätigte Jacques seine Worte jovial lächelnd und zuckte mit den Schultern.
Ein Zupfen an seinem Hosenbein erregte penetrant die Aufmerksamkeit des am Rande des Wahnsinns stehenden Zwergs. Nach unten blickend erkannte er das Mädchen des Dorfes.
"Äh?"
"Ich weiß was...", flüsterte die Kleine geheimnisvoll.
Braggasch beugte sich zu ihr hinab. "Äh?"
Sie streckte den Finger aus und sagte ernst: "Rolf war's."

***

Romulus, Breda und Ettark wurden nervös. Eine geschlagene halbe Stunde war der Besucher bereits im Haus von Frau Willichnicht – und schon seit fünf Minuten hörte man weder Keifen, noch Kreischen, noch Zetern.
"Er hat ihr etwas angetan...", hauchte der Bergiger fassungslos und konnte das leise Lächeln um seine Mundwinkel nicht völlig verbergen.
"Unsinn", unterbrach die Vampirin die Tagträume von einer besseren Welt barsch. "Dennoch ist dort drin etwas vorgefallen. Wir sollen nachsehen."
Von Grauhaar nickte unglücklich und trat zur Tür, um nun doch anzuklopfen.
"Ja, bitte?", erklang die unverwechselbare Stimme Amalies durch die Tür.
"Stadtwache", rief Romulus. "Wir haben... ist bei ihnen alles in Ordnung?"
"Moment!" Es erklangen einige, wenige Worte, die nicht einmal die gehörschärferen Unmenschen verstanden, und kurz darauf wurde die Tür geöffnet. Nicht unfreundlich, aber bestimmt blickte Frau Willichnicht zu den Wächtern auf. "Sehr freundlich, dass sie vorbei kommen, aber bei mir ist alles in Ordnung, ich benötige die Hilfe der Wache momentan nicht."
Von dem Moment der Sprachlosigkeit erholte sich Breda am schnellsten. "Ihr Besuch..."
"Ist ein äußerst höflicher Gast", unterbrach die Wache-Nemesis. "Ich habe Tee aufgesetzt."
"Ist er...", hob Romulus an.
"... hat er...", versuchte es der Oberfeldwebel.
"... macht er...", kam es von Ettark.
"Ich denke nicht, dass ich weiß, was ihr meint", fuhr Amalie ihnen über den Mund. "Und jetzt seid so freundlich, und lasst mich meinen Mittag genießen, sonst muss ich mich bei euch über euch beschweren."
"Das wollen wir unbedingt vermeiden", entschied von Grauhaar und scheuchte die anderen beiden mit einer Handbewegung weiter. "Vielen Dank, Frau Willichnicht."
Als die Tür wieder ins Schloss gefallen war, begehrte Krulock auf: "Was soll das? Jetzt haben wir... du weißt schon... endlich gefunden, und nehmen ihn nicht in Gewahrsam?"
"Dir geht's doch nur um einen weiteren Blick...", murmelte Ettark – ignoriert von der Vorgesetzten.
Der Angesprochene hob beschwichtigend die Hände. "Wir hetzten diesem ominösen Besucher nun schon Stunden hinterher – und jetzt ist er zum allerersten Mal für längere Zeit an einem Ort. Wieso sollten wir das nun ändern? Ettark wird das Gebäude bewachen, während ich endlich herausfinde, wie man das Ding in diesem Haus dahin zurückschicken kann, wo es herkommt."
Bergig verdrehte die Augen – klar, dass die schwere Arbeit an ihm hängen blieb.

[Romulus]


Kaum im Wachhaus angelangt, lief dem Oberfeldwebel schon seine Stellvertreterin in die Arme.
"Schäff, ich habe eine Nachricht von Fähnrich Harmonie erhalten: Sie hat eine Möglichkeit gefunden, Korporal Goldwart wieder zurück zu holen!"
Ophelia, Breda – die Romulus gefolgt war – und der Werwolf selbst machten sich eilig auf den Weg ins Archiv, wo Laiza bereits wartete. Das Archiv war kaum mehr wieder zu erkennen: Überall standen Kerzen, Schädel, Rauchfässer und andere okkulte Gegenstände[7], und rund um die Stelle, an der der Chefredakteur der Wachezeitung verschwunden war befand sich ein dick mit rosa Kreide gezeichnetes Oktagramm.
Die Okkultismusexpertin ergriff sofort das Wort:
"Gut, dass ihr endlich da seid. Wir haben keine Zeit zu verlieren!"
Wenn dieser Hokuspokus nicht so lange gedauert hätte, hätten wir viel weniger Zeit verloren, dachte sich von Grauhaar mit ausdrucksloser Miene.
"Was genau ist denn jetzt eigentlich passiert?" wollte Chief-Korporal Ziegenberger wissen.
"Die genaue Ursache konnte ich nicht klären, aber irgendwie scheint die große Ansammlung davon...", sie deutete auf das Regal mit den Näherinnen-Exponanten, "... dazu geführt haben, dass kurzzeitig eine Verbindung zu einer anderen, vermutlicherweise sehr okkulten Dimension entstanden ist, und dadurch Braggasch und der Besucher...", an dieser Stelle unterstrich sie ihre Aussage wieder mit der bereits bekannten Geste, mit der man etwas sehr Großes beschreibt, "... ihren Platz im Gefüge des Multiversums ausgetauscht haben."
"Offen gesagt verstehe ich nur Eselskarrenstation", schaltete sich nun auch die DOG-Schäffin ein.
Romulus pflichtete der Vampirin mit einem Nicken bei. Die Ignoranz ihrer Kollegen schien Laiza noch gereizter zu machen:
"Ihr wolltet ja unbedingt wissen, was hier vorgefallen ist!"
"Aber selbstverständlich. Wir sind allerdings natürlich nicht vom Fach", versuchte Ophelia zu beschwichtigen. "Was müssen wir denn nun tun, um den Korporal zurückzuholen?"
"Ich muss dieses Ritual hier vervollständigen. Dazu ist es zwingend notwendig, dass ihr den Besucher...", hier fand die zuvor erwähnte Geste eine erneute Anwendung, "... wieder an den Ort bringt, an dem er erschienen ist. Und zwar genau hierhin."
Fähnrich Harmonie deutete auf das Zentrum des rosa Oktagramms.
***

In Schwellingen war erneut die Nacht hereingebrochen. Braggasch wunderte sich ein wenig, wie schnell sich hier in dieser Gegend die Tageszeiten abzuwechseln schienen. Und aus ihm unverständlichen Gründen waren die Bewohner alle bereitwillig in ihre Häuser verschwunden um sich hinzulegen, keiner hatte eine Wache aufgestellt, keiner hatte seine Türen verriegelt. Und das, obwohl offensichtlich allgemein bekannt war, dass des Nachts brutale Werwölfe ihr Unwesen trieben, und unbescholtene Bürger zerfleischten. Obwohl Burkhards Sohn sich gar nicht mehr so sicher war, ob für irgendjemandem aus diesem Ort das Adjektiv "unbescholten" überhaupt eine passende Beschreibung war. Er selbst hatte sich auch wieder in sein Zimmer zurückgezogen, wobei ihm die drei grünlichen, krötenhaften Kreaturen nicht aus den Augen gelassen hatten. Sie sahen es offenbar als ihre Pflicht an, ihren "Anderen bösen Meister", wie sie ihn genannt hatten, auch im Schlafe zu bewachen. Was dem Zwerg angesichts der merkwürdigen Gefühle in seiner Leistengegend, an denen auch die unappetitlichen Leichen und die nur unbedeutend weniger unappetitlichen verkümmerten Wesen nichts geändert hatten, nicht unbedingt angenehm war.
Auf jeden Fall hatte er sich fest vorgenommen, in dieser Nacht nicht zu schlafen, da er aufgrund seiner besonderen Rolle als neuer Bürgermeister von Schwellingen wohl ein lohnenswertes Opfer für die Werwölfe darstellte. Warum das der Fall war, war ihm nicht so ganz klar, aber soviel hatte er mittlerweile über die Denkweise der Schwellinger in Erfahrung gebracht. Und dass die Kreaturen ihm irgendwie nützen würden, wagte der Zwerg nicht zu glauben. Jedenfalls machten sie es ihm recht einfach, nicht einzuschlafen, da ihre ständigen Unschuldsbeteuerungen und ihr dauerndes "Ja, anderer böser Meister!" ihm unglaublich auf die Nerven gingen.
Eine Aufgabe hatten sie jedenfalls für ihn erledigt, ohne dass es zu größeren Komplikationen gekommen war. Und so saß Braggasch Goldwart jetzt aufrecht in seinem Bett, die Flinte des Jägers auf seinem Schoß, und harrte der Dinge die da kommen mochten. Warum keiner der Bürger von der Waffe Notiz genommen hatte, nachdem sie abgefeuert worden war, war ihm ein Rätsel, aber er war sicherlich nicht bereit, diesen Vorteil aus der Hand zu geben. Und so hatte er, als alle in ihren Häusern verschwunden waren, seine neuen Untergebenen gebeten, ihm die Flinte zu bringen[7a]. Es hatte für sein technisch geschultes Gehirn nicht lange gedauert, die Funktionsweise der Flinte herauszufinden. Und noch etwas hatte er herausgefunden: Die Kugeln der Flinte waren mit Silber überzogen.

***

"Wie bekommen wir denn den Besucher...", Ophelia machte leicht errötend die bereits mehrfach erwähnte Geste, die etwas sehr Großes andeutet, "... dazu, wieder zurück ins Archiv zu kommen?"
Sie saß zusammen mit Breda und Romulus im Büro des RUM-Abteilungsleiters. Die Beratung, wie weiter vorzugehen war, war in vollem Gange.
"Offenbar scheint er sich bei Frau Willichnicht erstaunlich wohl zu fühlen", überlegte Feldwebel Krulock, "was eine höchst unwahrscheinliche, aber nicht von der Hand zu weisende Tatsache ist."
Der Werwolf blätterte derweil in einigen püschologischen Lehrbüchern.
"Hmmm... laut Sigismund Leid deutet dieses Verhalten auf 'unterschwällige Sex-u-älle-Frustraziohn' hin, was ich eigentlich eher verneinen würde, wenn ich mir den Anblick und Geruch des Besuchers...", er verzichtete diesmal bewußt auf die Geste, "... so ins Gedächtnis rufe. Aber das bringt mich auf eine Idee. Vielleicht fühlt er sich genau deshalb zu Frau Willichnicht hingezogen."
"Warum sollte unterschwälllige..." begann Breda empört.
"Nein, das meine ich gar nicht. Vielleicht fasziniert ihn einfach die völlige Abwesenheit jeglicher mit diesem Thema asozi... asso... verbundenen Dinge – in der Fachliteratur würde man das wohl als 'Abwesenheit jeglichen Sex-Äppiehls' beziechnen – welche Frau Willichnicht von Natur aus umgibt."
"Wenn das stimmt, bedeutet das im Endeffekt nur, dass wir Frau Willichnicht dazu bringen müssen, das Archiv aufzusuchen, und dann wird der Besucher automatisch auch dorthin gehen?"
"Richtig, Ophelia."
"Aber wenn das so ist habe ich noch einen besseren Vorschlag, Kollegen", amüsierte sich die Vampirin. "Lasst uns, um auf Nummer sicher zu gehen, außer Frau Willichnicht auch noch Mamsell Piepenstengel ins Archiv bringen. Viel abwesender kann 'Sex-Äppiehl' doch gar nicht mehr sein, als in Gegenwart dieser beiden Damen."

[Braggasch]

Sie kamen ohne Ankündigung. Kein entferntes Heulen, keinerlei geschmacklos rot leuchtender Mond... Ja, sie benutzten nicht einmal das Fenster, sondern schlossen die Tür auf und drückten die Klinke herunter.
Zuerst vermutete der Späher ob dieses Vorgehens nichts böses, doch als er die gewaltige, haarige Gestalt mit den rot glühenden Augen in seiner Zimmertür erblickte, gestand er sich ein, dass wohl auch die hiesigen Werwölfe einigermaßen zivilisiert waren.
Mit einem erstickten Schrei sprang Goldwart vom Bett und griff nach der Flinte – deren Korn sich spontan in einer besonders rüschigen Dekoration des Bettpfostens verfingt. Der Wolf antwortete mit einem tiefen Knurren und machte einen unbeholfenen Schritt in den Raum hinein, ihm folgte ein Zweiter.
"I-im Namen d-der Stadtw... äh... des B-bürgerm-meisters von, äh, Dings, befehle ich...", kreischte Braggasch panisch und rupfte hektisch an seiner Waffe, die sich darauf hin allerdings nur noch mehr verwickelte.
Die Bestie stieß ein Schnauben aus, ging leicht in die Hocke und sprangt den Wächter mit weit geöffnetem Kiefer an.
Burkhards Sohn schrie und klammerte sich mit zusammen gekniffenen Augen an das nutzlose Gewehr, während der erste Werwolf noch im Flug ein triumphierendes Brüllen ausstieß – und sofort verstummte, als sich ihm ein grüner Winzling direkt zwischen die Zähne warf. Das Monstrum stoppte seinen Sprung taumelnd wenige Meter vor dem kurzfristigen Bürgermeister und schielte völlig verständnislos auf seine Schnauze herab, in der das hässliche Dienerwesen unsinnig quäkend "Für den anderen bösen Meister!", rief. Noch während der Wolf das Beißwerkzeug langsam knirschend schloss, warf sich ein anderes, hutzeliges Ding hinter seine Fersen und ein Drittes sprang ihm vor die Brust. Derart aus dem Gleichgewicht gebracht, kippte das Alptraumwesen jaulend nach hinten um.
Der Korporal wagte es, die Augen zu öffnen – und begegnete dem Blick des Zweiten Werwolfs. Dieser schien sich von dem Angriff der kleinen, grünen Männlein auf seinen Rudelsgenossen gar nicht beeindrucken zu lassen, sondern näherte sich langsam und fixiert dem Zwerg. Geifer tropfte ihm von den Lefzen, ein tiefes Grollen entstieg seiner Kehle und er verströmten den Geruch nach Tod und... Single Malt?
"Äh... Rolf?"
Die Werkreatur machte einen Satz – Braggasch rollte sich nach hinten ab, die Flinte rutschte aus ihrer Verhakung und Waffe und Chefredakteur fielen rückwärts vom Bett, bevor sich dieses in den Klauen der Bestie in Stofffetzen und Sägespäne verwandelte. Rolf der Wolf sprang auf die Überreste und heulte siegesgewiss. Goldwart riss das Gewehr hoch. "Tut mir, äh, leid..." Der Knall war Ohrenbetäubend, der Werwolf über alle Maßen überrascht. Noch im stehen verwandelte er sich zu dem einfachen Bürger zurück, der er einst gewesen war, und blickte blinzelnd auf das aus seiner Brust schießende Blut.
"Aber...", stammelte Rolf überfordert. "So geht das doch nicht... das ist nicht richtig... die Wölfe... sterben... erst..." Langsam kippte er zur Seite.
Der Wächter rappelte sich auf. "Äh... Jacques! Hör auf!"
Jener Werwolf, der das Zimmer zuerst betreten hatte, blickte ihn mit größen, ertappten Augen an. In der einen Klaue hielt er den zerquetschten Leichnam eines weiteren Dieners, mit der zweiten Pranke wollte er sich wohl den Dritten gerade in das Maul schieben.
"Ich weiß, dass du es, äh, bist. Außer dir hat sonst niemand einen Schlüssel für meine Tür." Braggasch war sehr müde. Er hasste es abgrundtief, töten zu müssen, und hatte es auch bisher niemals so direkt tun müssen. Angewidert ließ er die Waffe fallen. Seine emotionale Lage führte in absurderweise an einen sehr ruhigen und analytischen Ort seiner selbst. "Es ist, äh, vorbei."
Der Werwolf du Plaisire rappelte sich auf und lies das quäkende Wesen fallen. Ungläubig starrte er auf den Zwerg, dann auf Rolfs Leiche und wieder auf Burkhards Sohn. Wie paralysiert schüttelte er den Kopf. Langsam, ganz langsam, begann er, sich zurück zu verwandeln. Niemand von beiden achtete auf den einzigen noch lebenden, hässlichen Quälgeist, der sich röchelnd zur Tür schlich.
"Das isd nischt möglisch...", murmelte Jacques, nachdem er seine übliche – zu Braggaschs unbehagen völlig nackte – Gestalt angenommen hatte.
Der Korporal wusste, dass er nicht viel Zeit hatte. "In einer Nacht muss, äh, jemand sterben, oder?"
"Abär doch kein Wärwolf..."
"Darf ich als Bürgermeister nicht die, äh, Spielregeln ändern?" Kurz nachdem er den Satz gesagt hatte, schüttelte sich Goldwart vor Selbstekel – anscheinend machte einen Schwellingen völlig bescheuert. "Warum ausgerechnet du, Jacques?"
Der Tavernenbesitzer zuckte mit den Achseln. "Einär där Wölfe müss immär sähr auffällisch sein. Das ist einfach so..."
Nach kurzem Zögern legte der angestrengt nicht nach unten schauende Wächter dem Werwolf eine Hand auf den Arm.

***

"Ich kann dir sagen, Mamsell, wenn nicht meine Hilfe für die Sicherheit der Straßen gebraucht würde, wäre ich überhaupt nicht hier."
"Du hast so ein gutes Herz, Amalie. Ich bin nur hier, weil anscheinend ein ganzes Regal alter Rezepte gefunden wurde. Wo das nur herkommt, frage ich mich." Frau Piepenstengel strich ihre Schürze glatt und sah sich auffällig um.
Frau Willichnicht machte eine wegwerfende Handbewegung. "Du weißt doch, wie das ist: Das Wichtigste übersehen unsere guten Seelen von Wächtern nunmal. Wenn sie uns beide nicht hätten, könnten sie kaum ein Verbrechen aufklären."
Romulus, Breda und Ophelia hielten sich abseits und beobachteten abwechselnd die passend positionierten Frauen und Fähnrich Harmonie, die in großen Gesten irgendeinen okkulten Unsinn fabrizierte.
"Ich will hoffen, dass Laiza zügig fertig wird", flüsterte der Oberfeldwebel den beiden Kolleginnen zu. "Wer weiß schon, wie viele Beschwerden wir hinnehmen müssen, wenn die beiden Quatschtanten sich nicht mehr damit begnügen wollen, sich selbst zu salben..."
Seine Stellvertreterin und die Abteilungsleiterin von DOG antworteten nicht. Ihr Münder standen offen, die Augen waren glasig und ihr Blick fixierten einen ganz bestimmten Grund. Von Grauhaar folgte Letzterem und hustete erschrocken. "Bei allen... wir haben es anscheinend mit dem negativen Sex-Äppiehl übertrieben! Wieso fasziniert unseren Besucher das nur so?" Hastig überwand er die Distanz zu Harmonie und zischte: "Beeil dich, sonst wird es unangenehm eng hier drin!"
Laiza ignorierte ihn beflissentlich.
Frau Willichnicht trat einen Schritt auf den Offizier zu – das Geschehen an ihrem Gast schien sie völlig auszublenden. "Nun, aber, Herr Wächter, wo sind den nun die wichtigen Verbrechensdinge und die Rezepte für meine Freundin? Ich bekomme so langsam das Gefühl, dass sie sich einen Spaß mit uns erlauben. Wenn dem so ist, können sie sich auf eine saftige Beschwer-"
Oktarines Gleißen erfüllte das Archiv und zwang alle Anwesenden, sich die Hände vor die Augen zu schlagen. Der Geruch nach übertriebener Männlichkeit verschwand und machte Platz für den weniger angenehmen, jedoch bekannteren Duft nach Schweiß un Blut. Wo eben noch jener durch eine bestimmte Geste klassifizierte Besucher gestanden hatte, waren nun zwei gänzlich andere Personen aufgetaucht.
"Äh...", machte Braggasch verwirrt.
Laiza, Breda und Ophelia seufzten verzückt, Romulus verdrehte nur die Augen. "Wir haben sicherlich einiges zu klären, Korporal", meinte er schroff, "aber könnte sich dein... Freund bitte zuerst etwas anziehen?"
"Das ist doch...", warf Amalie stammelnd ein. "Also... das ist eine Unverschämtheit! Wo ist mein freundlicher, junger Gast?"
"Pardon. Wo bin isch und um wän geht es?" Jacques sah sich etwas furchtsam um, während sich Goldwart seinen verlorenen Helm aus dem Beschwörerkreis angelte und ihn du Plaisire schüchtern reichte, damit dieser seine Blöße bedecken konnte.
Von Grauhaar öffnete den Mund, aber Frau Willichnicht war schneller. "Na, der sympatische... also... wie soll man ihn beschreiben...?" Während die ältere Dame nach Worten suchte, machten alle hochrangigen Wächter im Raum eine ganz bestimmte Geste, mit der man etwas sehr Großes andeutete, hinter ihrem Rücken.
"Ah", machte der Tavernenbesitzer. "Ihr meint Paul, där übär das Määr schifft?"
"Wie auch immer er hieß. Er wurde entführt! Von der Stadtwache! Ich werde mich bei der Stadtwache beschweren!" Mit einem höflichen Nicken zu ihrer Freundin Mamsell, die ebenso empört blickte, rauschte die Matrone aufgebracht aus dem Raum.
"Quel plaisire...", murmelte Jacques.
Romulus schnaubte. "Wem sagst du das."

***

"Und, habt ihr herausgefunden, warum immer alles schwillt?"
"Ja, großer Meister!"
Der skelettartige Bösewicht auf dem Thron schwieg verdutzt. Dann: "Wirklich?"
"Ja, großer Meister!"
"Im Ernst? Ihr habt es tatsächlich herausgefunden?"
"Ja, großer Meister!"
Der Meister lehnte sich zurück und trommelte etwas unglücklich mit den Knochenfingern auf die Lehne. "Hm. Tja. Das ist gut... Also... Hm. Was war's denn?"
"Meister, es war die Hexe! Sie hat Zauber gewoben, die..."
Das Krötengesicht wurde unterbrochen, als sich das Portal knarrend öffnete. Ein geschunden wirkendes Geschöpf taumelte herein. Hell stöhnend sank es vor dem Thron auf den Bauch. "Vergib mir, großer Meister, aber wir haben versagt! Viele wurden getötet – und da war dieser andere böse Meister..."
Der Herrscher beugte sich wieder nach vorne, in seinen Augen blitzte es. Versagen – damit konnte er umgehen. Ungnädig taxierte er den Untergebenen. "Einen anderen WAAS?"
Das Wesen wand sich gequält. "Nein, nein, ich wusste natürlich, das er kein böser Meister war, denn er hat mir das Leben gerettet!" Die anderen stießend würgendes Gequäke hervor.
"Aber Meister, wir anderen haben doch gefunden, wonach ihr verlangtet", warf ein unvorsichtiger und besonders dummer Diener ein. Alle wichen schnell einen Schritt von ihm zurück.
"HABE ICH ETWA DANACH GEFRAGT?", wetterte der Sitzende grausam. Er amüsierte sich köstlich – was er natürlich nicht zeigte. "Ihr habt also zugelassen, dass die Hälfte von euch zu einem anderen Meister gelaufen ist, JA?" Noch ein wenig würde er sich ihre Beteuerungen anhören, dann kam das Beste: Die Blicke...

***

"Ich habe ihm das Prinzip, äh, der Werwölfe hier versucht zu erklären, Sör... äh... aber vielleicht wäre es besser, wenn du...?"
"Ja, ja." Romulus wischte den Halbsatz mit einer Handbewegung beiseite. "Solange er nur niemanden umbringt. Was tut er nun?"
"Er, äh, meinte, er würde versuchen eine Taverne oder etwas ähnliches zu eröffnen. Ich sagte ihm, dass es nie genug, äh, Kneipen in Ankh-Morpork geben könnte."
Der Oberfeldwebel nickte. "Dabei habe ich manchmal das Gefühl, dass es allein am Hafen Hunderte davon gibt."
Goldwart zuckte mit den Schultern.
"Dein Bericht war ziemlich... wirr, Korporal. Wenn auch extrem ausführlich."
"So war es da, Sör. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben. Man hatte den, äh, Eindruck, alles, äh, sei nur ein Spiel."
"Nun, jetzt bist du ja wieder hier."
Der Zwerg blickte vorsichtig über den Schreibtisch zum Vorgesetzten. "Wieso war ich eigentlich, äh, da?"
"Frag Fähnrich Harmonie. Okkulter Firlefanz." Von Grauhaar genehmigte sich gelassen einen großen Schluck Kaffee.
"Ah... Äh... und warum ist Jacques mit zurückgekommen?"
Der Werwolf zuckte mit den Schultern. "Noch mehr Firlefanz. Hat anscheinend mit Massenerhaltung und so zu tun, mit diesem mechanischen Kram müsstest du dich besser auskennen. Jedenfalls hat sich unser Besucher hier ziemlich... na ja... ausgedehnt. Laiza meinte, die Zauberei hätte versucht einen Ausgleich zu schaffen, und da du den nackten Kerl ja anscheinend grade berührt hast..." Romulus ließ das Ende bewusst offen.
Braggasch errötete. "Darf ich, äh, gehen, Sör?"
"Ich bitte darum."
Als sich die Tür zu seinem Büro geschlossen hatte, zog der angehende Püschologe das Werk von Sigismund Leid hervor und schlug eine ganz besondere Seite auf.

Im Flur wartete Sebulon an eine Wand gelehnt.
"Goldi! Mir wurde dein Bericht eingereicht – ist alles in Ordnung?", begrüßte er den Freund besorgt.
"Es war schrecklich, Gürtel...", Braggasch hielt inne und dachte an bestimmte Anblicke in Leistengegenden. "Oder, äh, na ja... es war zumindest sehr verwirrend..."
Der Agent lachte. "Kein Grund, rot zu werden!" Freundschaftlich legte er den Arm um die Schultern des Schmächtigeren. "Komm, ich lad dich auf ein Bier ein!"
"Ein, äh, heißes Bier mit Kräutern?"
Samax Sohn schüttelte sich. "Natürlich, wenn du möchtest."
Während sie zusammen die Treppe hinunterstiegen, sinnierte Goldwart: "Weißt du, äh, Gürtel, ich frage mich manchmal, ob das alles hier nur ein großes Spiel ist..."
"Wie meinst du das?"
"Na ja, vielleicht haben die Menschen ja recht und, äh, irgendwo sitzen Götter oder sowas, gucken uns, äh, zu und amüsieren sich über uns."
Sebulon schüttelte lächelnd den Kopf. "Du bist noch etwas verwirrt von deiner kleinen Reise, Goldi: Das ist absoluter Blödsinn."
Der Korporal seufzte. "Ja. Wahrscheinlich hast du, äh, Recht."

[Romulus]

Es war ihm dabei, als ob er wie von Ferne das Geräusch hörte, das ertönt, wenn jemand wütend einige Spielkarten auf den Tisch wirft.
Tatsächlich war das auch der Fall, aber das ganze geschah sehr weit entfernt auf dem Gipfel des Cori Celesti, dort, wo die Götter leben, im sagenumwobenen Würdentracht. Die Lady lächelte und schaute Schicksal mit ihren knallgrünen Augen in die seinen, deren unendliche Tiefe jede andere Person wahrscheinlich Wahnsinnig gemacht hätte. Eben dieser war es, der seine Spielkarten, auf denen krötenartige Wesen, Werwölfe und andere Gestalten abgedruckt waren, auf den Spieltisch gepfeffert hatte. Der Krokodilgott Offler war mit seinem Jäger schon vor einer Weile aus dem Spiel ausgestiegen, ebenso wie Trinkgern, Gott des Weines, welcher diesmal die Karte des Amor erhalten hatte. Nachdem die Lady ihre Karte, den 'Schüchternen Zwerg', der eigentlich gar nicht Teil dieses Spiels gewesen sein sollte, offenbart hatte, hatte Schicksal einen seiner berüchtigten Wutausbrüche bekommen.
"Einigen wir uns auf ein Unentschieden?"
"Eine neue Runde, eine neue Runde!" riefen freudig die bereits ausgeschiedenen Götter, während Schicksal deutlich machte, dass er keine Lust mehr auf dieses Spiel hatte, und sich lieber zurückzog.
"Dann brauchen wir aber einen neuen Mitspieler."
"Hust, hust, ich könnte eventuell einsteigen", sagte eine Göttin, die neben ihrer Toga eine Krone aus verbogenem Besteck auf dem Haupte und eine qualmende Zigarette im Mundwinkel trug.
"Also dann, Anoia steigt ein."

***

Ein neuer Tag begann in einem Ort des Multiversums, der allgemein als "Schwellingen" bekannt war. Jeder der Bürger ging seinem Tagwerk nach, besonders diejenigen, die besondere Fähigkeiten hatten. Die Karten hatten entschieden und so lief das kleine Mädchen kettenrauchend herum, durch den Rauch seiner Zigarette gut getarnt, um das Haus von Rolf heimlich zu beobachten. Ein Krokodil mit Engelsflügeln und Windel schwebte vorbei, während Paul, der offenbar wieder über das Meer zurückgeschifft war, zärtlich seine Flinte streichelte. Die dicke, bärtige Hexe rührte in ihrem Zaubertrank, und Karl, die Seherin schaute in ihre Kugel und wunderte sich. Sie wunderte sich sogar sehr, denn was sie sah, war das gleiche, was das Mädchen mit der Zigarette aus ihrem Tarnnebel heraus beobachten konnte, als Rolf aus seinem Haus trat: Der Mann, der zuletzt noch als Werwolf durch eine Silberkugel getötet wurde, trug einen falschen Bart und einen Helm. Er wollte seinen Mitbewohnern einen guten Morgen wünschen, öffnete den Mund, und begrüßte sie mit einem fröhlichen: "Äh..."

***

Am Abend war Braggasch ganz im Zentrum der Aufmerksamkeit aller anwesenden Wächter im Eimer. Während er sein heißes Kräuterbier trank, musste er immer und immer wieder seine Geschichte erzählen, auch wenn ihm das eigentlich eher unangenehm war, so fühlte er sich doch deutlich wohler in seiner Haut, da Sebulon direkt neben ihm saß, während er zum gefühlt zweihundertsten Mal den Kollegen schilderte, wie er mit Hilfe einer fremdartigen Knallpulver-Waffe und einigen goblinartigen Kreaturen, die ihn "Meister" nannten heldenhaft einen Werwolf getötet hatte. Selbst die vielen "Äh" von denen die Erzählung unterbrochen war, schienen die anderen nicht zu stören, was das Selbstvertrauen des Zwerges in ungeahnte Höhen katapultierte[9].
"Äh... und dann, äh... lag ich plötzlich im Archiv, äh... wahrscheinlich wegen irgendwelcher... äh, okkulter Sachen... oder äh. Irgendwas mit den, äh, Exponaten aus der... äh... Näherinnengilde..."
In diesem Moment öffnete sich die Tür des Eimers, und der Selbstvertrauens-Pegel Braggaschs sank schlagartig wieder deutlich dem Normal-Wert entgegen, denn soeben hatte der Hauptgefreite Ettark die Stammkneipe der Wache betreten. Dieser brauchte nicht sehr lange um die Situation zu erfassen und tat einen großen Schritt auf Burkhards Sohn zu.
"Na, bist spontan zum Mittelpunkt der Wache geworden, was?"
"Äh."
"Glaubst wohl, wegen ein paar amourösen Abenteuern wirst du gleich zu einem besseren Wächter? Stimmt es eigentlich, dass der Kerl, der mit dir aufgetaucht ist nackt auf dir drauf lag?"
Ein allgemeines Lachen ging durch den Raum, welches aber relativ schnell durch einen bösen Blick Sebulons in die Runde abebbte. Der Stammagent von Intörnal Affärs hatte bereits von den Problemen die Ettark spätestens seit dem Fall "Flaschenblödel" mit der nicht vorhandenen Autorität Braggaschs hatte gehört, und die anwesenden Wächter wussten ziemlich genau, dass die falsche Reaktion im falschen Moment zu unangenehmen Fragen in einem unangenehmen Büro mit zwei vertrauten, aber gefürchteten Vokalen an der Tür führen konnten. Das wusste auch der Hauptgefreite, der sich mit einem süffisanten Lächeln Richtung Theke wandte und nur noch kurz den beiden Zwergen zunickte mit den Worten:
"Ach, habt euch nicht so. War doch nur ein Spaß!"
Kein sehr lustiger Spaß, dachte sich Braggasch, aber er hatte zu seinem eigenen Erstaunen seine Fassung wieder erlangt, und setzte seine Erzählung fort.
"Äh, ja, und anschließend habe ich, äh... Jacques meinen Helm geliehen."

EPILOG

Zwei Wochen später. Quirmstraße 12, Bezirk Rennerei, Stadtteil Morpork. An einem frisch verputzten Haus prangte ein neu angebrachtes Schild mit der Aufschrift "In Schwellingen – Bistro du Plaisire" und darunter ein weiteres Schild "Neueröffnung". Im "Schwellingen" war Jacques du Plaisire ganz in seinem Element: Er flitzte von Tisch zu Tisch, quatschte hier und da mit einem Gast und freute sich, dass viele der zur Eröffnung geladenen Gäste gekommen waren. Es war dem Schwellinger mit dem ausgesprochen quirmianisch wirkenden Akzent verblüffend leicht gefallen, sich in Ankh-Morpork zurecht zu finden, und er verhielt sich so, als sei er schon sein ganzes Leben Einwohner dieser Stadt gewesen. Als die kleine Abordnung der Stadtwache das "Schwellingen" betrat, wimmelte er schnell einen Besucher ab und eilte herbei, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Braggasch Goldwart war natürlich da, auch Romulus von Grauhaar, Sebulon, Sohn des Samax und Ophelia Ziegenberger gaben sich die Ehre. Ihnen folgten Laiza Harmonie und Breda Krulock.
"Aaah! 'erzlisch Willkomän meine Freundä 'ier in meinäm bescheidenän Bistro! Ihr kommt geradä reschtzeitisch um die offiziellä Ansprachä von Madame Palm zu 'ören! Darf isch eusch etwas anbietön? Vin Rouge? Whisky? Kaffee? Süpärbüll?"
Nachdem die Wächter alle mit einem Glas, oder – in Romulus' Fall – einer Dose versorgt waren, wurde es schlagartig still, als das Geräusch eines Löffels erklang, der an ein Rotweinglas geschlagen wurde. Alles drehte sich zu Frau Palm um, die ebenso wie der Rest an einem hohen Stehtisch stand. Die Vorsitzende der Näherinnengilde erhob die Stimme:
"Herzlich willkommen, liebe Besucher von nah und fern. Ich freue mich, dass ich euch hier und heute zusammen mit meinem Freund Jacques", sie zwinkerte dem genannten zu, "das neuste Projekt unserer wunderbaren Gilde präsentieren kann. Ein modernes Etablissement, dass kein Wunsch mehr offen bleibt, in Kombination mit einem Bistro. Hier im Erdgeschoss wird es ab sofort erlesene Weine, anregende Spirituosen, Prosecco und natürlich diverse leckere Kleinigkeiten geben, und im ersten Stock werden die nicht ganz so kulinarischen Bedürfnisse der Kundschaft befriedigt, mit anderen leckeren Kleinigkeiten. Also erheben wir alle unser Glas, und trinken gemeinsam 'in Schwellingen'".
"In Schwellingen", erschallte es aus zahlreichen Kehlen.

*ENDE*

[1] Obwohl 'hundegleich' als Adjektiv hier wohl sinnvoller wäre...

[2] Gewisse Heftchen und derartige Dinge eben.

[3] Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass sich hinter dem Begriff 'in Kürze', wird er von anderen verwendet, eigentlich immer ein längerer Zeitraum verbirgt, als man selbst erwartet. Romulus' Erwartungen in Bezug auf okkulte Rituale machen da keine Ausnahme.

[4] Bestehend aus Hilferufen, Fundwarenanpreisungen und schleichenden Verfolgern

[5] Die verstörende Abwesenheit von Muskeln und Organen um die abgenagten Knochen herum bestärkten diese These

[6] Er hatte seit seiner Ernennung bisher nicht einmal seine normale Hautfarbe angenommen, sondern immer zwischen Kalkweiß, Übelkeitsgelb und Schamrot tendiert

[7] Noch lange nach diesen Ereignissen fragte sich Romulus regelmäßig, wofür die SUSI-Abteilungsleiterin einen Korkenzieher, zwei Plüschteddies und fünfundzwanzig Schraubmuttern unter den sorgfältig platzierten Kultgegenstände benötigte

[7a] Was ungefähr so geklungen hatte:
"Äh, würdet ihr... äh... vielleicht... einen Gefallen... äh... die Waffe des toten Jägers... äh?"
"Jawohl, anderer böser Herr und Meister!"

[9] Befand sich die normale Höhe ungefähr fünfundzwanzig Meter unter dem Meeresspiegel, war die derzeitige Selbstvertrauens-Höhe des Wachezeitungs-Chefredakteurs ungefähr dreißig Zentimeter über Normal-Null

Diese Coop entstand, nachdem auf dem großen Wachetreffen 2010 eine sehr kreative Spielerunde rund um "Die Werwölfe von Düsterwald" und "Ja, Herr und Meister" stattgefunden hat. Wir wollen sie all jenen widmen, mit denen wir Jahr für Jahr auf Wachetreffen immer wieder in unzähligen Brett-, Karten- und Rollenspielen eine Menge Spaß haben.

Zählt als Patch-Mission für den AL RUM / Püschologe i. A.-Patch für Romulus von Grauhaar



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Feedback:

Von Boris Machtnichts für Braggasch Goldwart

22.12.2011

Das meiste habe ich ja schon bei Romulus Feedback geschrieben, aber hier nochmal:

Eine wirklich gelungene Coop mit einer wunderbaren Story! Da bekommt man sofort Lust auf ein Werwolfspiel (wobei ich jetzt, mit dieser Coop im Kopf, wohl zu viel lachen würde dabei).

Die Anfangsszene ist super geworden. Ich hätte Boris nicht besser beschreiben können. Ich habe mich gekugelt, als Braggasch langsam dahinter gekommen ist, dass Boris kaum lesen kann. ;) Daumen hoch!

Von Boris Machtnichts für Romulus von Grauhaar

22.12.2011

Super Coop!
Hab so ziemlich oft herzlich gelacht und mich köstlichst amüsiert. Die Idee, das Spiel Werwolf einzubringen, ist wunderbar umgesetzt worden - und gerade der arme Braggasch muss mitten in Schwellingen. Herrlich!
Grammatik und Orthographie: Keine Mängel. Erst beim zweiten Lesen habe ich zwei, drei Buchstabendreher bemerkt, aber sie haben den Lesefluss nicht im geringsten gestört.

Die Endszenen, in denen Jacques sein Bistro eröffnet, das Spiel der Götter und die neue Rollenverteilung der Schwellinger gefallen mir besonders gut. Das gibt der Geschichte ein sehr schönes, schlüssiges Ende.

Von Ophelia Ziegenberger für Braggasch Goldwart

29.12.2011

Eine sehr ungewöhnliche Geschichte. Die Absurdität des Settings führte dazu, dass ich sie nicht wirklich in meinem Bild unserer Stadtwache verorten konnte. Mit der gesammten "großen" Schwellingen-Thematik konnte ich absolut nichts anfangen... nicht mein Humor. ;-) Was mir aber sehr gut gefiel, das war die gekonnte Mischung der Spielfiguren der beiden beliebten Wachetreffen-Klassiker, sowie das Einbringen solcher Sympathieträger, wie Amalie und Frau Piepenstengel. ^^

Von Ophelia Ziegenberger für Romulus von Grauhaar

29.12.2011

Eine sehr ungewöhnliche Geschichte. Die Absurdität des Settings führte dazu, dass ich sie nicht wirklich in meinem Bild unserer Stadtwache verorten konnte. Mit der gesammten "großen" Schwellingen-Thematik konnte ich absolut nichts anfangen... nicht mein Humor. ;-) Was mir aber sehr gut gefiel, das war die gekonnte Mischung der Spielfiguren der beiden beliebten Wachetreffen-Klassiker, sowie das Einbringen solcher Sympathieträger, wie Amalie und Frau Piepenstengel. ^^

Von Sebulon, Sohn des Samax für Braggasch Goldwart

27.12.2011

(siehe oben)

Von Sebulon, Sohn des Samax für Romulus von Grauhaar

27.12.2011

Beide: Ich habe mit der Geschichte sehr gerungen.
Ihr habt beide gute Beschreibungen drin, allerdings kommen die überraschenden Erzählmomente, die über den Horizont hinausweisen, eher bei Braggasch, darum hab ich dort die Note höher angesetzt.
Insgesamt werte ich die Geschichte allerdings niedrig, weil sie mich nur an der einen Stelle mitgerissen hat: Als plötzlich in der Nacht wider alle Erwartungen ein Werwolf getötet wird. Das Gedankenkonstrukt finde ich genial, die ausgiebigen Anleihen bei den beiden Spielszenarien fand ich hingegen ermüdend.

Ich wurde von einem eher langweiligen Gag zu einem nervigen und dann immer weiter geschoben, fühlte mich wie Gottschalk & Krüger in "die Einsteiger" - aber erst nach siebzehn Seiten hatte ich das Gefühl, dass es euch um mehr als aus meiner Sicht alberne Witzeleien dieser Größe *gestikuliert umfangreich* geht.
(Der Freud in mir sagt: Es sollte euch zu denken geben, dass die maskuline Libido in eurer Geschichte so -mächtig- präsent ist.)

Die Lokalität "In Schwellingen" wird sicher noch von sich reden machen. Und ich wäre (trotz dieser Kritik) sehr dafür, dass ihr beide eine weitere Coop schreibt. Ich fand diese zwar durch's auf-die-Schippe-nehmen der beiden Spiele eher mager, doch man merkt, dass ihr euch beim schreiben gut aufeinander eingespielt habt.

Von Menélaos Schmelz

31.12.2011 16:17

Ich muss sagen, dass ich, trotz der Insider-Motivation, auch oft mal lachen musste. Ich hatte erst Tarot-Karten im Kopf, aber dann kam die Werwolf Mentalität doch heraus ;) Klasse gemacht und coop-harmonisch war's auch!

Von Braggasch Goldwart

31.12.2011 16:36

Danke für die ehrlichen und hilfreichen Kommentare!

Von Romulus von Grauhaar

31.12.2011 20:14

Dem schließe ich mich an. Ich bin ehrlich gesagt positiv überrascht, ich habe aufgrund des sehr schlüpfrig-zotigen Themas der Coop eine deutlich schlechtere Bewertung erwartet.



@Sebulon: Der Hintergrund (besonders auch die Betonung der männlichen Libido) war - wie geschrieben - eine Spielerunde auf dem letztjährigen Wachetreffen, bei der genau dieser Bereich (Schwellingen und die Frage, warum dort alles schwillt), erfunden wurden. Dass natürlich viele da die Insider-Anspielungen nicht kennen, war uns bewusst, und haben wir in Kauf genommen ;)

Von Sebulon, Sohn des Samax

31.12.2011 22:24

Ich habe schon oft Werwölfe und ein paarmal Ja Herr Und Meister gespielt ... insofern sind mir einige Anspielungen 'zu bekannt'. Ich hätt euch auch gern besser benotet, nur konnte ich's hier nicht.

Aber es scheint ja glücklicherweise nur mir so zu gehen, dass ich das Ergebnis nicht so mag. :)

Von Romulus von Grauhaar

01.01.2012 01:52

Ich meinte eigentlich nicht nur die Spiele (die kennen sicher die meisten), sondern explizit diese eine Runde, in der Schwellingen und die Frage nach dem Grund warum dort alles schwillt erfunden wurden.

Von Magane

01.01.2012 18:40

Ich glaube man muss bei dieser speziellen Runde einfach dabei gewesen sein...

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